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Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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getrennt –
und im Tode wieder vereint hat?
    Groll hörte Manuels Stimme: »Was soll geschehen, Herr Hofrat? Was können wir tun? Ich weiß, daß Sie wenig, so wenig tun können. Aber Herr Zagon braucht Hilfe –
schnell!«
    Groll sagte: »Ich glaube, ich habe eine Lösung gefunden, eine österreichische Lösung …«

49
    Mit zuckenden Blaulichtern und heulender Sirene bogen drei dunkelgrüne Funkstreifenwagen, von der Spitalgasse kommend, in die Lazarettgasse ein. Sie schleuderten auf der schneebedeckten vereisten Straße.
    Eine Ambulanz, gleichfalls mit Blaulicht und Sirene, folgte unmittelbar. Die Autos hielten vor dem Eingang der Möven-Apotheke. Aus dem Rettungswagen kletterten drei Männer, aus den Funkstreifenwagen kein einziger.
    In ein paar Fenstern der umliegenden Häuser flammte Licht auf, die Flügel wurden geöffnet, Menschen erschienen als Silhouetten in den hellen Vierecken. Erschrockene Stimmen erklangen.
    Manuel, der mit Irene beim Eingang, jenseits der Glastür, gewartet hatte, sperrte sie nun eilends auf.
    »Doktor Bernard«, sagte einer der drei Männer aus der Ambulanz. »Polizeiarzt. Sie haben das Kommissariat in der Boltzmanngasse angerufen wegen dieses Mannes …«
    »Ja.«
    »Wo ist er?«
    Manuel wies zu dem erleuchteten Büro.
    Der Arzt, zwei Sanitäter in grauer Uniform – ältlich und mager der eine, jung und untersetzt der andere, beide erbärmlich frierend – eilten in die Apotheke und den kleinen Raum hinein. Hier kauerte, in der äußersten Ecke, Enver Zagon auf dem Boden. Seine Augen rollten wild, seine Brauen zuckten, Speichel troff aus seinem Mund. Nun streckte er abwehrend beide Hände vor sich in die Luft. Sie zitterten wie in einem schweren Tremor. Der Hofrat Groll hatte Manuel am Telefon noch ein paar Ratschläge zur Weitergabe an Zagon erteilt …
»Hilfe!«
schrie der Albaner gellend.
»Hilfe! Hilfe! Hilfe!«
    Die beiden Sanitäter eilten vor und hielten ihn an den Armen fest, der Polizeiarzt kniete vor Zagon nieder und betrachtete ihn aufmerksam.
    »Ruhig … Seien Sie ganz ruhig … Wir sind Ihre Freunde …«
    »Freunde?«
kreischte Zagon. (»Es dürfte sich gut machen, wenn er möglichst laut lärmt«, hatte Groll gesagt.) »Ihr und Freunde! Verkleidet habt ihr euch! Glaubt ihr, ich erkenne das nicht? Laßt mich! Laßt mich! Ich tue alles, was ihr wollt, aber laßt mich leben! Bringt mich nicht um …« Er wand sich im Griff der Pfleger, die Augen verdrehten sich.
    »Sofort in die Psychiatrische mit dem Mann«, sagte der Polizeiarzt, sich erhebend. Die beiden Sanitäter zerrten den hageren Albaner mit Mühe hoch. Er wehrte sich verzweifelt, spuckte, trat und schrie. Es half ihm nichts. Der Polizeiarzt sagte zu Irene: »Ist das sein Revolver?«
    »Ja.«
    »Ein Riesenglück hatten Sie. Akute Psychose, der Mann. Wie gelangte er bloß hier rein?«
    »Er läutete. Als ich nach vorn zur Tür kam, stand er da und preßte schon die Waffe an das Glas, direkt gegen mich. Er schrie in die Sprechanlage, daß er sofort schießt, wenn ich nicht öffne«, log Irene ruhig, während der tobende Zagon an ihr vorbeigeschleppt wurde. Sie sagte, was Groll zu sagen empfohlen hatte.
    (»Für den Polizeiarzt wird das völlig genügen. Der überweist den Mann an die Nervenklinik, wenn er nur richtig tobt. Was glauben Sie, wie gerne bei uns einer dem anderen die Verantwortung zuschiebt!«
    »Und was geschieht mit Zagon?« hatte Manuel gefragt.
    »Ach, er wird gebadet und in ein Bett gelegt. Bis dahin soll er sich sehr beruhigen, sagen Sie ihm. Damit er nicht weiß Gott was für starkes Zeug gespritzt bekommt. Sie werden ihm irgend etwas Mildes geben. Und ihn dabehalten.«
    »Wie lange?«
    »Solange die Untersuchungen dauern. Wenn er gut simuliert, drei bis vier Tage. Sonst nur einen oder zwei. Aber damit ist er auch schon gerettet. Von der Klinik weg können ihn seine Leute direkt abholen und in Sicherheit bringen. Und alle sind gedeckt. Die Polizei, die Klinik, ich weiß überhaupt erst morgen von der Geschichte – eine österreichische Lösung, ich sagte es Ihnen ja …«)
    Draußen in der Kälte hatten sich Menschen angesammelt, die sensationslüstern zusahen, wie der sich verzweifelt wehrende Mann im Smoking und schmutzigem Mantel nun von den Sanitätern umständlich in die Ambulanz gezerrt wurde. Zagon brüllte wieder gellend um Hilfe. Die Menschen starrten mit offenen Mündern, aus denen weiße Atemsäulen stiegen. Ein Mann, der einen Pyjama und darüber einen dicken Mantel

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