Und Jimmy ging zum Regenbogen
erwähnen, dachte Manuel. »… und ich will es auch nicht, denn ich weiß nicht, wie weit diese Dame eingeweiht ist.«
»Vollkommen«, sagte Manuel.
»Trotzdem. Ich ziehe es vor, die Sache nicht beim Namen zu nennen. Sie wissen ja, wovon ich spreche.« Zagons Stimme sank zu einem Flüstern herab.
»Oder wissen Sie es etwa nicht?«
Manuel erschrak und hoffte, daß man es nicht bemerkte. Ich muß dieses Theater mitspielen, dachte er und sagte: »Natürlich weiß ich es.«
»Gut. Sie haben die Dokumente Ihres Vaters gelesen. Kam Ihnen nicht das kalte Grauen, als Sie erkannten – entschuldigen Sie, wenn ich so spreche, aber Sie werden meine Erregung begreifen, Sie müssen selber genauso erregt sein –, was Ihr gewissenloser, skrupelloser, verbrecherischer, ja, verbrecherischer Vater mit Amerikanern und Sowjets für ein Geschäft abgeschlossen hat?«
Irenes Augen waren hinter der dunklen Brille erschrocken auf Manuel gerichtet. Der würgte, nickte und schwieg. Wenn ich eine Ahnung hätte, wovon dieser Mann redet, dachte er. Auch Groll hatte schon so ähnlich gesprochen – nicht derart wüst. Was hat mein Vater getan? Was hat mein Vater getan?
»Und es ist typisch, absolut typisch, daß er mit Amerikanern
und
Sowjets abschloß. Darauf beruht die Kumpanei dieser beiden Totengräber unserer Welt. Das Gleichgewicht des Schreckens zwischen ihnen muß gewahrt bleiben, immer, auf allen Gebieten. Warum sagen Sie nichts?«
»Ich höre Ihnen zu.«
»Sie finden keine Worte, das ist es! Sie sind erschüttert und entsetzt, ich kann das gut verstehen. Wenn Sie, Herr Aranda, dieses Verbrechen hinnehmen, wenn Sie es tolerieren, wenn Sie resignieren, wenn Sie aus Angst schweigen, dann sind Sie ein genauso großer Schuft wie Ihr Vater! Ein größerer noch! Unterbrechen Sie mich nicht! Ihr Vater hat bewußt Böses getan. Das ist schlimm. Sie
wissen,
daß er es tat. Wenn Sie nicht alles daransetzen, um gegen dieses Böse zu kämpfen, sind Sie schlimmer als er!«
Eine Pause folgte.
»Aber was hat Ihr Vater denn getan?« fragte Irene.
»Ah!« Zagon fuhr triumphierend auf, bevor Manuel antworten konnte. »Sie haben es ihr nicht gesagt! Sehr gut. Und sehr gut auch meine Vorsicht. Sie sind also schon in sich gegangen. Sie sind also auch wie wir der Meinung, daß Ihr Vater seinen Tod hier in Wien mehr als verdient hat!« Verzeih mir, Vater, verzeih mir, dachte Manuel und nickte.
»Auch dieser Tod war typisch, nicht wahr? Man hat ihn gebraucht, man hat ihn beseitigt, bevor er auch noch die dritte Nation bedienen konnte, mit der er verhandelte. Sie wissen, welche …«
»Frankreich …«
»Richtig.«
»Und Amerikaner und Sowjets haben ihn deshalb …«
»… liquidieren lassen, natürlich. Der übliche Vorgang. Sie sehen, wie diese Gangstermächte arbeiten. Skrupel kennen sie nicht!«
Irene sagte zornig: »Wenn Sie behaupten, daß meine Tante Herrn Arandas Vater im Auftrag der Amerikaner und Sowjets …«
»Nicht. Nicht. Sie sind nicht informiert. Sie sollen es auch nicht sein. So leben Sie sicherer.« Zagon sah Manuel an. »Wo sind die Dokumente?«
»In einem Tresor. Bestens verwahrt.«
»Ausgezeichnet. Damit haben Sie diese beiden Verbrecherstaaten praktisch in der Hand. Damit haben Sie die einmalige Chance, ihnen die Masken von den Fratzen zu reißen.«
»Wie?«
»Indem Sie mit uns zusammenarbeiten.«
»Wer ist uns?«
»Die Albanische Volksrepublik und die Volksrepublik China. Wir beschützen Sie …«
»Das können Sie doch gar nicht.«
»Und ob wir das können! Sie sagen zu, wir holen die Dokumente unter stärkster Bewachung – in ein paar Stunden sind wir mit dem Flugzeug in Tirana. Und von Tirana aus geben Sie alles, was in Wien geschehen ist, und alle Originaldokumente über Radio und Television und durch die Presse der Weltöffentlichkeit bekannt! Es passiert Ihnen nichts, das garantieren wir! Die Völker werden sich voll Wut und Entsetzen gegen diese Beherrscher der Erde …«
Das Telefon läutete.
Irene machte eine Bewegung.
»Lassen Sie es läuten!«
»Aber das kann ich nicht! Das darf ich nicht! Ich habe Nachtdienst. Ich mache mich strafbar, wenn ich mich nicht melde. Vielleicht ist das ein Arzt … Vielleicht braucht jemand ganz dringend ein Medikament, das ich vorbereiten muß …«
»Sie lassen den Hörer auf der Gabel! Verflucht, dann machen Sie sich eben strafbar! Hier geht es um ganz andere Dinge. Ein Arzt! Und wenn das Amerikaner sind oder Russen, die mich suchen?«
»Und wenn es
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