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Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Kleinbürgern wie Himmler und menschlichen Karikaturen wie Rosenberg und Ribbentrop!«
    »Wären sie nicht so entartet und mißgestaltet gewesen, hätten sie wohl nicht mit solch furchtbarem Fanatismus ihren Traum von der herrlichen blonden, blauäugigen Superrasse geträumt«, sagte Manuel Aranda.
    Er saß mit dem Buchhändler an einem Fenstertischchen des Glaspavillons auf dem Cobenzl.
    Manuel hatte Juan Cayetano und die beiden Anwälte nach Schwechat zum Flughafen gebracht. Sie waren in der Mittagsmaschine abgeflogen. Alles war geregelt, Cayetano konnte, mit sämtlichen Vollmachten versehen, das Werk nun weiterführen.
    Zum Abschied hatten die Männer einander umarmt.
    »Paß auf dich auf, Junge …« Cayetano war bewegt gewesen.
    Manuel hatte im Flughafenrestaurant gegessen und war dann zum Cobenzl hinaufgefahren, wo er sich mit Landau verabredet hatte. Denn gemäß der Warnung Grolls vermied er nun in seinem Appartement im ›Ritz‹ wichtige Gespräche oder Telefonate.
    Der Buchhändler war mit dem neuen Treffpunkt einverstanden gewesen. »Wenn Sie noch zum Flughafen müssen, dann nehme ich die Straßenbahn und einen Bus, der da hinauffährt. Sonst wird es zu spät. Sie müssen mich aber in die Stadt zurückbringen, damit ich rechtzeitig im Laden bin. Sie wissen doch, Tilly …«
    »Selbstverständlich«, hatte Manuel gesagt.
    Nun aß Landau bereits das zweite Stück Cremetorte und berichtete von den Untersuchungen, die das Gericht nach der ersten Verhandlung angeordnet hatte. Er trank Kaffee wie Manuel, der, an Bianca Barrys Erzählung denkend, fragte: »Diese anthropologische Untersuchung – wann fand die statt?«
    »Im Mai 43. Am zehnten. Kann auch der elfte oder der zwölfte gewesen sein, ich erinnere mich nicht genau daran. Heiß war es, furchtbar heiß. Damals kam der Sommer sehr früh.«
    Ja, das hatte Bianca auch gesagt …
    »Und die Blutgruppenuntersuchung? Wann wurde die vorgenommen?«
    »Etwa eine Woche danach.« Landau wischte sich den fettigen Mund ab und legte die Kuchengabel fort. »Sie sind erstaunt, daß so viel Zeit zwischen der Verhandlung und den Untersuchungen verging? Vor allem war das dem Doktor Forster zu verdanken. Der trödelte herum mit der Beantwortung aller Briefe und Eingaben. Der wollte den Prozeß so lange wie möglich führen, verstehen Sie? Daß wir diesen Krieg nicht gewinnen würden, das war Mitte 43 nur noch Idioten nicht klar. Und dann dauerte es Wochen, bis die Institute ihre Berichte an das Gericht und an Forster schickten.«
    Das bedeutet, dachte Manuel, daß Heinz Steinfeld bei seinem großen Erlebnis mit Bianca auf jener Donauinsel und danach bei jenem anderen, erschreckenden mit dem geflohenen russischen Gefangenen die Untersuchungen schon hinter sich hatte, ohne die Ergebnisse zu kennen. So erklärte sich seine euphorische Stimmung …
    »Wir wurden der Reihe nach aufgerufen«, berichtete Landau. »Heinz kam zuerst dran. Es dauerte endlos. Valerie und ich saßen in einem großen Wartezimmer. Sie war furchtbar nervös, das können Sie sich vorstellen, nicht wahr? Außer uns beiden warteten noch zwei Menschen. Sehr höflich. Sie flüsterten miteinander. Ab und zu lächelten sie uns an. Und trotzdem kam es ihretwegen fast zu einer Katastrophe.«
    »Weshalb?«
    »Da saß also zunächst eine junge Frau, fast ein Mädchen noch, sehr schlank, hübsch, groß, brünettes Haar, helle Augen …«

27
    … und neben ihr saß, trotz der Hitze in einem korrekten schwarzen Anzug mit Weste, ein Japaner. Er war mindestens zwei Köpfe kleiner als das Mädchen neben ihm, sehr zierlich und von zartem Körperbau. In seinem olivenfarbenen Gesicht mit den hohen Wangenknochen sah man, hinter einer runden Stahlbrille, schräggestellte dunkle Augen. Der kleine Herr hatte schwarzes, glänzendes Haar. Einen schwarzen Hut hielt er auf den Knien, in zierlichen, olivfarbenen Händchen. Er hatte beim Hereinkommen mit einer tiefen Verbeugung gegrüßt und gelächelt. Ergebenheit und Höflichkeit durch weitere Verbeugungen zum Ausdruck bringend, hatte er – wie Valerie und Landau vor ihm – einer jungen Assistentin im weißen Mantel zwei Vorladungen überreicht. Die Assistentin war verschwunden. Vor einer guten Stunde hatte sich das ereignet. Der japanische Herr – sein Alter konnte man nicht bestimmen, vielleicht war er fünfundzwanzig, vielleicht war er vierzig – lächelte zwar immer noch, wenn er zufällig zu Valerie und Landau herübersah, aber er schien Sorgen zu haben. Und

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