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Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Montag, das haben wir eruiert.« Santarin sah zu Mercier. »Einer unserer Freunde sitzt in dem Postamt, von dem aus Irene Waldegg ein Telegramm aus Warschau zugestellt wurde.«
    »Gratuliere«, sagte Mercier. Er dachte: Am Montagmittag kommt auch Herr Anton Sirus aus Bremen, du Scheißkerl, der du so verliebt bist in die eigene Schlauheit. Am Dienstagfrüh fliegt er mit der ersten Maschine zurück. Wenn er den Tresor wirklich öffnen kann – und er wird es können, er hat es De Brakeleer gesagt, nachdem dieser ihm heute alle Unterlagen brachte, der Holländer hat mich angerufen –, dann habe ich Montagnacht das, was ich aus diesem Tresor haben will. Was werdet ihr dann tun, du, russischer Schönling, und du, versoffenes amerikanisches Schwein? Herrgott, diese Bürokratie! Schwerer, als Anton Sirus zu heuern, war es, das französische Kultusministerium so weit zu kriegen, daß das Musée de l’Impressionisme Monets ›Mohnblumen‹ zum Verkauf freigab – Sirus’ Bedingung. Wir sind eben eine uralte Kulturnation. Die aber auch die beste B -Waffe der Welt haben will …
    In ihrem Wohnzimmer sagte Nora Hill: »Zur ersten Frage: Flemming gestand mir alles, als sich die Aufregung etwas gelegt hatte. Da waren wir abends wieder einmal allein. Ich fragte ihn nur ganz kurz, denn ich war meiner Sache völlig sicher. Er gab sofort alles zu.«
    »Er muß großes Vertrauen gehabt haben«, sagte Manuel.
    »Vertrauen!« Nora lachte. »Die Hosen hatte er schon voll, ich erzählte es Ihnen doch. Und er haßte Carlson über dessen Tod hinaus für das, was der mit mir getan hatte, denn er liebte mich doch so sehr!« Wieder lachte Nora, diesmal klang es traurig und zugleich böse. »Die Liebe«, sagte sie. »Eine Himmelsmacht eben. Ich habe übrigens niemandem bis zum heutigen Tag diese Geschichte erzählt – auch Cardiff nie.«
    »Und Frau Steinfeld?«
    »Frau Steinfeld? Ach so, Sie meinen, weil Flemming ja doch erklärt hatte, schweigen und ihr helfen zu wollen, wenn sie nach dem Krieg tüchtig zu seinen Gunsten aussagte?«
    »Ja.«
    »Nun, Frau Steinfeld teilte ich genau das mit. Und daß Flemmings Chauffeur sich vergiftet hätte. Mit einer Zyankalikapsel.«
    »Warum taten Sie das? Ich nehme doch an, die Sache wurde geheimgehalten.«
    »Natürlich wurde sie das. Derartige Dinge schwieg man tot. Ich sagte es Frau Steinfeld, weil sie immer noch solche Angst hatte, daß ich beobachtet würde – von dem Mann im blauen Mantel mit dem Homburg. Da meinte Flemming, es sei das beste, ihr zu erzählen, daß Carlson dieser Mann gewesen war. Und daß sie nun keine Angst mehr zu haben brauchte. Das beruhigte sie dann auch. Und sie vertraute von da an ganz mir und dem, was Flemming sagte.«
    »Was sagte er denn?«
    »Zunächst gab er nur Ratschläge – ich berichtete ihm dauernd alles, was sich zutrug. Aber wirklich aktiv wurde er erst, nachdem Frau Steinfeld mir berichtet hatte, die Blutgruppenuntersuchung sei negativ ausgegangen, Martin Landau könne nicht der Vater sein. Das erzählte ich Flemming sofort, hier, in diesem Raum. Ein schöner Sommerabend war das, es blieb lange hell …«

35
    … und der Himmel wurde langsam, ganz langsam, blaßblau, rosa, dunkelrot im Westen. Schwarz, als Silhouetten, standen die Wipfel der hohen, alten Bäume vor den Fenstern von Noras Wohnzimmer. Die Flügel waren weit geöffnet. Nach der Hitze des Tages kam kühle Luft herein. Im Park sang eine Nachtigall.
    Schweigend hatte Flemming Noras Worten über die unglückliche Wendung des Prozesses gelauscht. Er rauchte Pfeife. Lange saß er nachdenklich da, dann trat er an ein Fenster und blickte in die Dämmerung hinaus. Nora wartete geduldig.
    Schließlich drehte der große Mann sich um.
    »Ich sehe nur einen Weg«, sagte er, »der vielleicht –
vielleicht
 – Erfolg haben könnte.«
    »Ja?« Solange Nora Flemming kannte, empfand sie Haß und Bewunderung zugleich für diesen Mann.
    »Kein leichter Weg. Auch kein sicherer. Man braucht gute Nerven, um ihn zu gehen. Die Nerven von Frau Steinfeld sind schon reichlich strapaziert, wie?«
    »Reichlich. Aber um den Jungen zu retten, hält sie jede Belastung aus! Sie will nur eines: den Jungen durchbringen. Nun sag mir, was du dir überlegt hast. Woran denkst du?«
    »An einen Toten«, antwortete Flemming.
    »Woran?«
    »Der Vater muß tot sein.«
    »Ich verstehe nicht …«
    »Der angebliche Vater dieses Jungen«, sagte er leise und geduldig. Süß sang eine Nachtigall im Park. »Frau Steinfeld wird

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