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Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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plötzlich auf und rannte so schnell er konnte in die Apotheke hinein.
    Manuel hatte ihn wiedererkannt. Es war jener Mann, der ihn bei Nora Hill angeredet hatte und verstummt war, als die Chefin herankam. »Das ist ja unglaublich!« Irene lief in den Laden zurück.
    »Halt!« rief Manuel. Aber es war schon zu spät. Er sah, wie Irene plötzlich beide Arme hob. Er stürzte ihr nach. Als Silhouette vor der offenen Tür zum Büro stehend, sagte der Mann, der sich in den Schnee gelegt hatte, fließend deutsch, aber mit schwerem slawischen Akzent: »Sie auch, Herr Aranda! Arme hoch, los!« Er hielt einen Revolver in der Hand und kam plötzlich heran. Irene wich zurück. Manuel hob die Arme. Im Moment war da nichts zu machen. Der Eindringling warf die Eingangstür zu, sperrte ab und winkte mit der Waffe.
    »Ins Büro!«
    Er trieb Irene und Manuel vor sich her. Nun sahen sie ihn genau – die große, hagere Gestalt, die bleiche Haut, die hohen slawischen Backenknochen und den kleinen Schnurrbart. Das schwarze Haar des Mannes glänzte im Licht. Seine Smokingfliege saß schief, der Mantel war voller Schnee und Schmutz.
    »Stehenbleiben!« Der Albaner tastete schnell über Manuels Anzug. Er suchte nach einer Waffe und fand keine. Zögernd sah er Irene an. »Wo ist Ihre Pistole? Erzählen Sie keine Märchen. Sie haben eine, wenn Sie Nachtdienst machen. Also?«
    »In dem Schränkchen neben dem Schreibtisch«, sagte Irene. »In der obersten Lade.« Sie starrte den Mann entsetzt an, während der schon die bezeichnete Schublade aufriß. Was er sah, stellte ihn zufrieden. »Setzen Sie sich an den Schreibtisch. Beide. Hände auf die Tischplatte!« Er winkte mit dem Revolver. Sie folgten ihm. Er drehte einen Stuhl um und setzte sich ebenfalls, die Ellbogen auf der Rückenlehne, die Waffe im Anschlag. »Ich tue Ihnen nichts, Ehrenwort. Ich muß nur vorsichtig sein. Versuchen Sie also keine Dummheiten.«
    »Was wollen Sie?« fragte Irene. Ihre Stimme schwankte.
    »Ich muß mit Herrn Aranda sprechen. Herr Aranda kennt mich schon.« Der Albaner verneigte sich leicht im Sitzen. »Ich bitte um Verzeihung für mein Benehmen, Fräulein Waldegg. Ich heiße Zagon, Enver Zagon.«
    »Was fällt Ihnen ein, Herr Zagon? Was soll das Klingeln und das Liegen im Schnee, als wären Sie tot?«
    »Hätten Sie sonst die Eingangstür aufgesperrt, Fräulein Waldegg? Sehen Sie! Kein Apotheker wird nachts die Tür für einen Fremden öffnen. Und ich mußte hereinkommen, unter allen Umständen. Im übrigen komme ich als Freund.«
    »Dann stecken Sie erst einmal die Kanone weg«, sagte Manuel böse.
    Zagon überlegte, danach ließ er den Revolver in eine Manteltasche gleiten.
    »Was wollen Sie?« schrie Irene plötzlich wild.
    »Ich will Herrn Aranda helfen, daß weiß er schon. Nicht wahr, ich sagte es Ihnen bei Frau Hill.«
    »Ja. Sie wissen etwas über meinen Vater.«
    Enver Zagon nickte.
    »Alles.«
    »Was alles?«
    »Weiß ich. Damit Sie Vertrauen zu mir fassen, muß ich noch etwas erklären: Albanien führt einen erbitterten Kampf gegen die verbrecherische imperialistisch-revisionistische Verräterclique in der Sowjetunion, die alle Ziele des Marxismus-Leninismus verrät. Unsere Verbündeten sind die heldenmütigen Söhne der Volksrepublik China. Die Welt ist aufgeteilt zwischen Washington und Moskau. Nun …«
    »Hören Sie, es ist fast zwei Uhr früh. Können Sie uns nicht mit diesem Gesabber verschonen, Herr Zagon?«
    »Das ist kein Gesabber! Das ist eine Sache von Tod oder Leben. Die imperialistisch-revisionistische Renegatenclique in der Sowjetunion und die kapitalistisch-reaktionären Kriegsverbrecher und Arbeiterausbeuter in Amerika haben sich zusammengesetzt und Verträge und Abkommen geschlossen. Die beiden Supermächte verfahren mit allen anderen Völkern ganz nach ihrem Belieben. Sie müssen dabei nur eine Bedingung beachten – sich vorher immer heimlich miteinander abzustimmen.«
    »Aber was hat das mit meinem Vater zu tun?« fragte Manuel wütend. »Sofort. Manche Illusionisten meinen nun, daß diese Zweiteilung und Bevormundung der Welt Frieden und Ruhe garantieren. Sehen Sie Vietnam! Sehen Sie die Tschechoslowakei! Ruhe? Höchstens Totenruhe wie hier in Wien. Wie im Falle Ihres Vaters.« Enver Zagon zerrte am Kragen seines Smokinghemds. »Auch hier haben Amerikaner und Sowjets zusammengearbeitet. Auf das Innigste. Sie wissen, was sie von Ihrem Vater gemeinsam erwarben, ich muß es nicht erwähnen …« Ich wünschte, du würdest es

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