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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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London nach München geflogen. In der Woche davor ebenfalls.«
    »Ein Winterurlaub dürfte das wohl kaum gewesen sein.«
    »Vermutlich nicht.«
    »Marcel, niemand, der bei Verstand ist, reist um diese Zeit nach England.«
    »Auch nicht wegen der Weihnachtsbeleuchtung?«
    Grace musste lachen. »Dafür scheint sie nicht der Typ zu sein.«
    Er dachte angestrengt nach. Die Frau war letzte Woche und in der Woche davor in England gewesen. Irgendwann in dieser Zeit waren drei Teenager getötet worden, denen man Organe entnommen hatte.
    Bis Ende letzter Woche war der Diebstahl menschlicher Organe eine Art moderner Mythos für ihn gewesen. Geschichten von Leuten, die ein Mädchen in einer osteuropäischen Bar aufgegabelt hatten und mit nur einer Niere in einer Badewanne voller Eis aufgewacht waren. Nun aber schien das alles sehr viel realer.
    »Besteht irgendeine Möglichkeit, an die Gesprächsübersichten dieser Frau zu kommen?«, fragte Grace.
    »Festnetz oder mobil?«
    »Beides.«
    »Ich sehe zu, was sich machen lässt. Brauchst du alle Anrufe oder nur die nach Großbritannien?«
    »Großbritannien wäre ein guter Anfang. Habt ihr vor, sie in nächster Zeit zu verhaften?«
    »Noch nicht. Wir wollen sie zunächst weiter beobachten.«
    »Es wäre gut, sich ihre Computer einmal näher anzusehen.«
    »Ich glaube, da können wir dir helfen.« Grace sah förmlich, wie der Kriminalhauptkommissar am anderen Ende der Leitung lächelte.
    »Ehrlich?«
    »Wir haben einen Durchsuchungsbefehl für ihre Telefone und Computer. Das LKA verfügt über eine ausgezeichnete Ausrüstung zur Computerüberwachung. Soweit ich weiß, liegen uns Kopien sämtlicher Computeraktivitäten vor, die Laptops von Frau Hartmann und ihren Mitarbeitern eingeschlossen. Wir haben ein Servlet installiert.«
    Von seinen Kollegen in der High Tech Crime Unit wusste Grace alles über diese Servlets. Man konnte sie installieren, indem man eine E-Mail an einen Verdächtigen schickte. Derjenige musste sie lediglich öffnen. Danach wurden sämtliche Aktivitäten des fraglichen Computers an den Polizeicomputer gesendet.
    »Brillant! Würdest du mir die zeigen?«
    »Schicken kann ich sie dir nicht, trotz des EU-Kooperationsvertrages. Das würde einen langen bürokratischen Prozess erfordern.«
    »Gibt es irgendwelche Abkürzungen?«
    »Für meinen Freund Roy Grace?«
    »Genau für den.«
    »Wenn du rüberkommen möchtest, könnte ich versehentlich eine Kopie auf einem Restauranttisch liegenlassen. Aber die Informationen sind nur für dich bestimmt, verstanden? Du darfst keinesfalls die Quelle offenlegen und wirst sie auch nicht als Beweismittel nutzen können. Ist das klar?«
    »Mehr als klar. Verdammt, du bist ein Genie, Marcel!«
    Grace bedankte sich und hängte aufgeregt ein.

68
    SUBCOMISAR RADU CONSTANTINESCU hatte ein schickes Büro im Polizeirevier Nr. 15 von Bukarest. Jedenfalls konnte es nach rumänischen Polizeimaßstäben als schick gelten. Das vierstöckige Gebäude war laut einer Plakette an der Mauer 1920 erbaut worden und schien seitdem weder renoviert oder auch nur geputzt worden zu sein. Die Treppenstufen bestanden aus nacktem Stein, die Böden waren mit rissigem Linoleum bedeckt. Die pastellgrünen Wände waren fleckig und abgestoßen, und aus den Rissen rieselte der Putz. Das Gebäude erinnerte Ian Tilling immer an seine alte Schule in Maidenhead.
    Constantinescus Zimmer, in dem immer eine blaugraue Rauchwolke schwebte, war groß, dunkel und schmuddelig. Es enthielt nur das nötigste Mobiliar – einen alten hölzernen Schreibtisch, der fast so groß wie sein Ego war, einen Konferenztisch unbestimmter Herkunft und ein buntes Sammelsurium von Stühlen. Hoch oben, knapp unter der nikotingelben Decke, stellte Constantinescu stolz seine Jagdtrophäen zu Schau – die ausgestopften Köpfe von Bären, Wölfen, Luchsen, Hirschen, Gämsen und Füchsen. Dazu gab es gerahmte Urkunden und Fotos, auf denen er mit wichtigen Leuten zu sehen war. Auf einem Bild kniete er in Jagdkleidung neben einem toten Wildschwein, auf einem anderen hielt er den Kopf eines Hirsches mit gewaltigem Geweih in die Höhe.
    Der Subcomisar saß am Schreibtisch. Er trug schwarze Hosen, ein weißes Uniformhemd mit geflochtenen Epauletten und eine grüne Krawatte, deren Knoten er gelockert hatte. Er zündete sich eine neue Zigarette an der alten an und drückte diese nachlässig in einem riesigen, überquellenden Kristallaschenbecher aus. Auf dem Boden lagen mehrere zusammengeknüllte Zettel,

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