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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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die beim Wegwerfen offenkundig den Papierkorb verfehlt hatten.
    Constantinescu war fünfundvierzig, klein und drahtig. Unter seinen durchdringenden dunklen Augen lagen tiefe Schatten. Sie kannten einander, seit der Polizeibeamte regelmäßig das Casa Ioana besuchte.
    »Nun, mein Freund, Mr Ian Tilling, Member of the British Empire wegen seiner Verdienste um die Obdachlosen Rumäniens!«, begrüßte ihn Constantinescu durch eine frische, widerlich süße Rauchwolke. »Sind Sie Ihrer Königin begegnet?«
    »Ja, als ich mein Lametta bekommen habe.«
    »Lametta?«
    »Das ist englischer Slang für einen Orden.«
    Constantinescu strahlte. »Lametta! Das ist gut. Darauf sollten wir einen trinken, um zu feiern.«
    »Es ist schon ein paar Monate her.«
    Der Polizist griff unter den Schreibtisch und holte eine Flasche Famous Grouse Whisky und zwei Gläser hervor, die er mit der klaren Flüssigkeit füllte. Eins davon gab er Tilling.
    » Spaga« , sagte er und gab damit ganz unverhohlen zu, dass er den Whisky als Bestechung erhalten hatte. »Ein guter Whisky, oder? Etwas Besonderes?«
    Da Tilling ihn nicht enttäuschen wollte, verschwieg er, dass es sich um ein sehr verbreitetes Produkt handelte. »Ja, etwas Besonderes.«
    »Auf Ihr – Lametta.«
    Ian Tilling trank sein Glas zögernd aus, weil er nicht gegen das Protokoll verstoßen wollte, doch der Alkohol wirkte sofort, da er nichts gegessen hatte. In seinem Kopf drehte sich alles.
    Der Polizeibeamte stellte sein leeres Glas ab. »Und wie kann ich meinem wichtigen Freund helfen? Sie sind doch jetzt umso wichtiger, da Rumänien und England Partner in der EU sind.«
    Tilling legte die drei Sätze Fingerabdrücke, die drei rekonstruierten Fotos und die Nahaufnahme der Tätowierung des Namens Rares auf Constantinescus Schreibtisch.
    Dieser schaute sich alles an und fragte dann unvermittelt: »Wie geht es denn den hübschen Mädchen, die für Sie arbeiten?«
    »Denen geht’s prima.«
    »Und die schöne Andreea, arbeitet sie auch noch bei Ihnen?«
    »Ja, aber sie heiratet nächsten Monat.«
    »Ah.« Der Subcomisar machte ein langes Gesicht. Er kam gelegentlich unter einem Vorwand im Casa Ioana vorbei, doch Tilling wusste, dass er eigentlich nur mit den Mädchen plaudern wollte. Der Mann war ein unverbesserlicher Frauenheld und versuchte immer wieder vergeblich, Andreea zu einem Rendezvous zu überreden. Sie blieb höflich und diplomatisch und ließ ihm immer ein bisschen Hoffnung, damit er sich weiterhin für das Heim einsetzte.
    Tilling deutete auf die Beweisstücke und erklärte, woher sie stammten. Zwischendurch wurden sie zweimal von internen Anrufen unterbrochen, und einmal meldete sich Constantinescus derzeitige Flamme auf dem Handy.
    »Rares«, sagte er, als Tilling zu Ende gesprochen hatte. »Gewiss, das ist ein rumänischer Name. Hat Interpol auch die Fingerabdrücke?«
    »Sie würden mir einen Gefallen tun, wenn Sie sie selbst überprüfen könnten. Das geht schneller.«
    »Okay.«
    »Und könnten Sie auch Kopien der Fotos an sämtliche Polizeireviere schicken?«
    Constantinescu zündete sich die dritte Zigarette an und bekam einen Hustenanfall. Als er fertig war, schenkte er sich noch einen Whisky ein und bot Tilling die Flasche an, der jedoch ablehnte.
    »Kein Problem.«
    Wieder schüttelte ihn ein heftiger, rasselnder Husten. Dann schob er die Fotos und Fingerabdrücke in einen großen braunen Umschlag, den er zu Tillings Missfallen in einer Schreibtischschublade verschwinden ließ.
    Aus seiner langen Erfahrung mit dem Mann wusste Tilling, dass er viele Dinge leider allzu schnell vergaß. Manchmal argwöhnte er, dass die Dinge in dieser Schublade niemals wieder das Tageslicht erblickten. Immerhin aber war Constantinescu ein Mensch, dem das Schicksal der Bukarester Straßenkinder am Herzen lag, auch wenn sein Hauptziel darin bestand, mit den Frauen, die sich um sie kümmerten, ins Bett zu steigen.
    Besser in der Schublade als inmitten der Papierkugeln auf dem Boden, dachte Tilling.
    Nach siebzehn Jahren in diesem Land und seinem unablässigen Kampf gegen die Behörden war Ian Tilling dankbar für jede Kleinigkeit.

69
    MAL BECKETT FIEL ES NIE LEICHT, mit seiner Exfrau zu sprechen, und als er ihr jetzt in dem stillen Café in der Church Road gegenübersaß, fühlte er sich trotz der gemeinsamen Sorge um ihre Tochter so unbehaglich wie eh und je.
    Das Problem reichte zurück bis zu ihrer Trennung, als er Lynn wegen seiner damaligen Geliebten und jetzigen Frau Jane

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