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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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ein absolut integrer Mann und würde ihren Weg vermutlich nicht gutheißen. Also nickte sie nur stumm.
    »Ja. Ich weiß.« Ihr Herz war bleischwer.
    »Sie muss wieder ins Krankenhaus. Soll ich einen Krankenwagen bestellen?«
    »Ross«, platzte sie heraus. »Wissen Sie – ich …« Sie vergrub das Gesicht in den Händen und versuchte verzweifelt, einen klaren Gedanken zu fassen. »Mein Gott, Ross, ich bin mit meinem Latein am Ende.«
    »Lynn«, sagte er sanft, »Sie glauben, Sie könnten sich hier um Caitlin kümmern, aber das arme Mädchen braucht dringend medizinische Hilfe. Ihr ganzer Körper ist wund vom Kratzen. Sie hat hohes Fieber, ihr Zustand verschlechtert sich rapide. Ich bin entsetzt, wie sehr sie seit unserer letzten Begegnung verfallen ist. Wenn Sie die brutale Wahrheit wissen wollen – sie wird hier nicht überleben. Ich habe vorhin mit Dr. Granger über sie gesprochen. Eine Transplantation ist die einzige Chance, und sie braucht sie ganz dringend, bevor sie zu schwach wird.«
    »Sie soll also zurück ins Royal?«
    »Ja, sofort. Noch heute Abend.«
    »Sind Sie schon mal dort gewesen, Ross?«
    »Es ist Jahre her.«
    »Dieses Krankenhaus ist ein Albtraum. Die meisten Leute, die dort arbeiten, können nichts dafür. Es liegt am System. An der staatlichen Gesundheitsverwaltung. An der Regierung. Ich weiß nicht, wer die Schuld trägt, aber es ist die Hölle auf Erden. Sie haben gut reden, sie solle ins Krankenhaus, aber wissen Sie, was das bedeutet? Soll sie auf einer gemischten Station mit verwirrten alten Leuten liegen, die mitten in der Nacht zu ihr ins Bett steigen wollen? Soll ich wieder um einen Rollstuhl kämpfen, damit ich sie mal über den Gang schieben kann? Soll sie in ein Krankenhaus, in dem ich nach halb neun am Abend nicht mehr bei ihr bleiben und sie trösten darf?«
    »Lynn, sie legen keine Jugendlichen auf Erwachsenenstationen.«
    »Und ob sie das getan haben. Alles war überfüllt.«
    »Wir können dafür sorgen, dass das nicht noch einmal geschieht.«
    »Ich habe furchtbare Angst um sie, Ross.«
    »Sie wird ganz schnell eine Transplantation erhalten.«
    »Ganz sicher? Meinen Sie das wirklich ernst, Ross? Wissen Sie, wie dieses System funktioniert?«
    »Dr. Granger wird dafür sorgen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Er meint es sicher gut, aber er kennt sich in diesem verdammten System nicht besser aus als Sie. Das Team trifft sich jeden Mittwoch und entscheidet, wer in der folgenden Woche eine Transplantation erhält. Vorausgesetzt natürlich, es ist überhaupt eine passende Leber verfügbar. Heute ist aber Donnerstag, also würden sie uns frühestens nächsten Mittwoch grünes Licht geben. Das ist noch fast eine ganze Woche. Wird sie noch eine Woche überleben?«
    »Hier jedenfalls nicht«, sagte er schroff.
    Lynn ergriff seine Hand und erwiderte unter Tränen: »Ross, glauben Sie mir, ihre Chancen sind besser, wenn sie hierbleibt. Das ist einfach so. Bitte stellen Sie keine Fragen. Alles, aber nicht das.«
    »Was soll das heißen, Lynn?«
    Sie schwieg einen Moment. »Ich werde sie auf der Stelle ins Royal bringen, sobald dort eine Leber verfügbar ist. Bis dahin bleibt sie zu Hause. Ich meine es ernst. Verstanden?«
    »Ich werde mein Bestes tun. Das verspreche ich Ihnen«, sagte er.
    »Das weiß ich doch. Aber Sie müssen auch verstehen, dass ich ihre Mutter bin und ebenfalls mein Bestes für sie tue.«

82
    DICKE SCHNEEFLOCKEN RIESELTEN vom Himmel, als Ian Tilling seinen klapprigen Opel Kadett auf einer verlassenen Straße abstellte, nur wenige hundert Meter vom Haupteingang des Gara de Nord entfernt. Der Motor ratterte wie üblich noch weiter, nachdem er die Zündung ausgeschaltet hatte, hustete und knackte, bis er schließlich verstummte.
    Er stieg zusammen mit Andreea und Ileana aus und knallte die Tür zu. Er mochte Ileana. Sie war eine engagierte Sozialarbeiterin, die sich ganz den Benachteiligten von Bukarest verschrieben hatte. Trotz der Adlernase hatte sie ein hübsches Gesicht, trug aber einen strengen, matronenhaften Knoten, als wollte sie mögliche Bewunderer abschrecken. Dazu kamen die wenig schmeichelhafte Brille und praktische Kleidung.
    Mehr als einmal hatte er überlegt, wie hinreißend sie mit dem richtigen Styling aussehen könnte. Auch hatte es ihn belustigt, wenn der allzeit geile Subcomisar Radu Constantinescu sie zu einem Rendezvous überreden wollte und wie sie ihn jedes Mal geschickt zurückgewiesen hatte.
    Manchmal waren auf dieser Straße Prostituierte

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