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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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ob er sich alles eingebildet hatte. Eben noch war er sicher gewesen, eine Frau mit der gleichen hellbraunen Haarfarbe gesehen zu haben. Das ältere Ehepaar, hinter dem sie gestanden hatte, bewegte sich rasch auf ihn zu.
    Er öffnete die SMS, die er soeben erhalten hatte.
     
    Hi, Oldtimer. Auf See. Noch nicht gekotzt. Und du?
     
    Dito, lautete seine knappe Antwort.
    Aus Neugier drehte er sich um. Die Frau mit den braunen Haaren war wieder aufgetaucht. Sie stand hinter dem älteren Paar.
    Wieder spürte er das seltsame Gefühl im Magen. Er drehte sich um, quetschte sich an einem verärgert wirkenden Mann im Trenchcoat vorbei und eilte zurück. Dann drängte er sich an einer Gruppe Stewardessen mit Rollkoffern vorbei und blieb abrupt stehen.
    Idiot.
    Reiß dich zusammen, Mann!
    Noch vor wenigen Monaten wäre er ihr hinterhergelaufen, falls sie es doch …
    Heute aber drehte er sich um und drängte sich erneut an den Stewardessen vorbei, wobei er einige seiner wenigen deutschen Wörter anbrachte: »Entschuldigung. Danke! «

87
    DIE VIER WAREN die ganze Nacht auf gewesen und durchgefroren, durchnässt und erschöpft. Zudem litt Raluca unter ihrem Entzug und wurde immer nervöser. Sie brauchte Geld, musste dringend zu ihrem Dealer.
    Die drei Rumäninnen verstanden ihn nicht, als er mit der Faust auf den Tisch schlug und durch das verrauchte Café brüllte: »Verdammt, das ist wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen!«
    Das Café befand sich in einem Schuppen aus Wellblech, von denen es eine ganze Reihe gab, die auch eine Metzgerei und einen Minisupermarkt beherbergten und an eine von Müll übersäte, ungepflasterte Straße grenzten, die eine der wichtigsten Verbindungsstraßen in Bukarest war und durch den gesamten Sektor vier verlief. Zum Glück bedeckte Schnee den Boden und damit auch die meisten Abfälle.
    Tilling kaute auf einem riesigen, trockenen Brötchen, das mit irgendeiner Art von Fleisch gefüllt war. Was genau es war, wusste er nicht. Es war von ledriger Konsistenz, lieferte aber immerhin tierisches Eiweiß. Er hielt sich nur mit Koffein wach. Ileana, Andreea und Raluca saßen mit halbgeschlossenen Augen da und rauchten. Sie standen vor einer fast unmöglichen Aufgabe. In dieser Stadt lebten zwei Millionen Menschen und zehntausend davon außerhalb der Gesellschaft. Zehntausend meist junge Leute, alle verbunden durch Stillschweigen und Argwohn.
    In den vergangenen vierzehn Stunden hatten sie die Hüttensiedlungen entlang der Heizungsrohre durchkämmt und waren in so viele Löcher unter der Straße gekrochen, dass sie sie nicht mehr zählen konnten. Bislang vergebens. Niemand kannte Simona. Und wenn doch, sagten sie es nicht.
    Er gähnte. Die Müdigkeit brachte alte Erinnerungen zurück. Er hatte ganz vergessen, wie völlig erschöpft man als Polizist bisweilen war. Tage und Nächte, die man im Adrenalinrausch verbrachte, getrieben von der Verlockung des Fortschritts, des nahen Erfolgs.
    Es war ein wunderbares Gefühl, eines der besten überhaupt.
    »Bitte, Mr Ian, ich muss jetzt gehen«, bat Raluca.
    »Wie viel brauchst du denn?« Er holte seine ramponierte Brieftasche hervor.
    Sie rieb nervös die Daumen aneinander, wiegte sich auf dem Stuhl hin und her und schaute eindringlich auf die Brieftasche, als fürchtete sie, sie könnte jeden Moment verschwinden. »Hundertvierzig Lei.« Dann nahm sie die Zigarette aus dem Aschenbecher und inhalierte tief.
    Ian staunte immer wieder, wie viel Geld Drogenabhängige für den nächsten Schuss brauchten. Das war mehr, als sie mit einem Putzjob in einer Woche verdienen konnte. Kein Wunder, dass sie auf den Strich ging. Außer Diebstahl oder Betrug gab es nur wenige Möglichkeiten, so viel Geld zu verdienen.
    Obwohl er sich keine großen Hoffnungen machte, rief er den Besitzer herbei, wobei er die Geldscheine in seiner Hand auffächerte. Es war ein älterer, bärtiger Mann, der eine schmutzige Schürze über einem braunen Overall trug. Er hatte die Ära Ceau ş escu überstanden und sich mit seinem Los offenbar abgefunden, zumindest zeigte sein Gesicht eine Art trauriger Resignation. Der ehemalige britische Polizeibeamte fragte ihn, ob er einige der Straßenkinder kenne, die in der Nähe wohnten.
    Er kenne eine Menge von ihnen, wer denn nicht? Einige kämen am späten Nachmittag herein, kurz bevor er zumachte, um sich Essensreste oder altes Brot zu holen, das er sonst weggeworfen hätte.
    »Haben Sie schon mal ein junges Mädchen und einen jungen Mann zusammen

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