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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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gesehen? Er ist etwa sechzehn, sie um die dreizehn, aber beide sehen vermutlich älter aus«, erklärte Tilling. Auf der Straße alterte man schneller.
    In den Augen des Mannes erschien ein Funkeln, das alle am Tisch sofort bemerkten.
    »Das Mädchen heißt Simona und der Junge Romeo«, sagte Raluca.
    »Romeo?«, fragte er stirnrunzelnd.
    Raluca, die durch den Anblick des Geldes wieder zum Leben erwacht war, sagte: »Sie würden ihn sicher erkennen. Seine linke Hand ist verkrüppelt. Er hat kurzes schwarzes Haar und große Augen.«
    Der Cafébesitzer schien sich tatsächlich zu erinnern. »Hat das Mädchen, das bei ihm ist, lange Haare? Lang und braun? Sie trägt so eine Art bunten Jogginganzug, immer denselben.«
    Raluca nickte.
    »Und die beiden haben einen Hund. Manchmal bringen sie ihn mit herein. Dann suche ich Knochen für ihn heraus.«
    »Einen Hund!« Raluca wurde noch lebhafter. »Ja, sie haben einen Hund!«
    »Die kommen manchmal her.«
    »Und immer, bevor Sie schließen?«, erkundigte sich Tilling.
    »Kommt drauf an«, meinte der Besitzer schulterzuckend. »Manchmal auch zu anderen Zeiten. Dann wieder sehe ich sie gar nicht. Zahlende Gäste sind mir lieber!« Er lachte über seinen eigenen Witz. »Ach, ich Dummkopf, das hatte ich ganz vergessen. Das Mädchen war heute Morgen hier. Sie bat mich um einen Knochen, einen besonderen Knochen. Sie sagte, sie werde hier weggehen und wolle dem Hund zum Abschied einen Knochen schenken.«
    »Hat sie gesagt, wohin sie will?«, fragte Tilling mit aufsteigender Panik.
    »Klar, sie macht eine Kreuzfahrt durch die Karibik.« Er lächelte. »Ich habe sie gefragt, aber sie hat es mir nicht verraten. Sie meinte nur, dass sie wegginge.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wo die beiden wohnen?«
    Er breitete die Arme aus. »Irgendwo hier in der Nähe, nehme ich an. Auf der Straße, unter der Straße, was weiß ich.«
    Tilling schaute auf die Uhr. Kurz nach zwölf. Ohne ihren Schuss würde Raluca bald nicht mehr zu gebrauchen sein, und sie musste unbedingt Simona identifizieren und vor allem mit ihr sprechen. Simona und Romeo würden einer Freundin eher Glauben schenken als ihm. Wenn er ihr jedoch das Bargeld gab, würde sie womöglich damit verschwinden, sich ihren Tagesvorrat besorgen und irgendwo einschlafen.
    »Raluca, ich fahre dich jetzt zu deinem Dealer, einverstanden? Dann kommen wir zurück und suchen weiter.«
    Das Mädchen zögerte. Dann schaute sie aus dem Fenster auf die öde Stadtlandschaft und nickte.
    Tilling bezahlte. Die Temperatur schien weiter gefallen zu sein, während sie im Café gewesen waren. Bei diesem Wetter konnte man auf der Straße nicht überleben. Falls Simona und Romeo in der Nähe waren, wie der Mann vermutete, würden sie ganz sicher unter der Erde in der Nähe des Heizrohrs sein.
    Doch es gab Hunderte von Löchern in der Straße, die in die unterirdischen Behausungen der Obdachlosen führten. Und ihnen blieben nur noch wenige Stunden Tageslicht.

88
    IM ZENTRUM JEDER GROSSSTADT, die Grace bislang besucht hatte, gab es eine Straße, die sich von allen anderen unterschied. Eine Straße, in der Roy Grace gar nicht erst die Preisschilder lesen musste, sofern es denn welche gab, um zu erkennen, dass er sich hier nichts leisten konnte.
    Eine solche Straße erreichten sie jetzt.
    »Die Maximilianstraße«, erklärte Marcel Kullen, als sie über die Straßenbahnschienen holperten und in einen breiten Boulevard bogen, der auf beiden Seiten von eleganten Gebäuden im neogotischen Stil gesäumt war. Einige hatten Kolonnaden vor dem Eingang, andere Marmorsäulen, und in den meisten befanden sich erleuchtete Schaufenster unter eleganten Markisen. Grace registrierte die Namen. Prada, Todd, Gucci.
    Selbst der makellos gepflegte, aber nicht mehr ganz neue graue BMW des deutschen Kollegen wirkte hier deplatziert. Am Straßenrand parkte nämlich eine ganze Kolonne chauffeurgesteuerter Limousinen, Porsches, Ferraris, Bentleys und schicker grüner Minis, Fiat Cinquecentos und Smarts, die trotz des knöchelhohen Schneematschs glänzten.
    Grace hatte die Telefonunterlagen in der Hand, die ihm der Kriminalhauptkommissar zugesagt hatte. Obwohl er ungeduldig darauf wartete, sich in die Papiere vertiefen zu können, hatte er während der Fahrt vom Flughafen höflich mit seinem Freund geplaudert.
    Der große, gutaussehende Deutsche erzählte ihm von Frau und Kindern und informierte Grace über die vergeblichen Bemühungen, die seine Dienststelle im Landeskriminalamt weiterhin

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