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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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vermutete aber, dass man das Auto gewinnen konnte. Er könnte einen neuen Wagen gut gebrauchen, nachdem er seinen Alfa zu Schrott gefahren hatte. Aber die Schweinehunde von der Versicherung würden sicher ein lächerliches Angebot unterbreiten, von dem er sich höchstens ein gebrauchtes Moped kaufen konnte.
    Er kam an einem Café vorbei, einem Zeitungsstand und einer Buchhandlung, dann an einem verlassenen Flugsteig. Die Entgegenkommenden blickten an ihm vorbei. Die Hälfte der Leute hatte ein Handy am Ohr.
    Er bemerkte eine wunderschöne junge Rothaarige in pelzbesetztem Ledermantel, die nach einer Menge Geld aussah. Große, teure Handtasche, Rollkoffer. Er fragte sich, ob sie ein Model oder Supermodel war, wie immer man sie heute nannte. Rote Haare hatten ihm immer gefallen, aber er war nie mit einer Rothaarigen zusammen gewesen.
    Seltsam, dachte er. Vor seiner Beziehung zu Cleo hätte er dieses Mädchen sehnsüchtig angeschaut, doch nun wollte er keine andere mehr haben. Dieser Rotschopf war eine der wenigen Frauen, denen er in letzter Zeit einen längeren Blick geschenkt hatte. Während ihn das Laufband weitertrug, dachte er wieder einmal, welch unglaubliches Glück er doch hatte.
    Vier japanische Geschäftsleute, die ins Gespräch vertieft waren, glitten in der entgegengesetzten Richtung vorbei. Er wurde noch unruhiger, seine Nerven waren aufs äußerste angespannt. Er meinte geradezu, die Luft knistern zu hören. Lag das am Flug?
    Zwei schwule Männer Mitte zwanzig, die Lederjacken im Partnerlook trugen, kamen händchenhaltend auf ihn zu. Einer hatte den Kopf rasiert, der andere eine blonde Stachelfrisur. Dann blockierte eine Gruppe abenteuerlustiger Teenager mit Rucksäcken vor ihm das Laufband.
    In diesem Augenblick kam ihm eine Frau entgegen, deren Gesicht von einem älteren Paar verdeckt wurde. Hellbraunes Haar blitzte auf, das ihn an Sandy erinnerte.
    Es war wie ein Schlag in den Magen.
    Er stand völlig reglos da.
    Dann meldete sein Handy eine SMS. Er schaute kurz aufs Display.
    *
    Hans-Jürgens Anruf wurde wieder abrupt unterbrochen, als wäre er in einen Tunnel gefahren. Warum musste sich dieser Blödmann immer die Stellen mit dem schlechtesten Empfang aussuchen? Sie wusste natürlich, wie sie ihren Zorn unter Kontrolle halten konnte. Heutzutage brachte sie nichts mehr in Rage, jedenfalls nicht so wie früher.
    Aggressionskontrolle gehörte zum Prozess der geistigen Wiedergeburt, wie ihn die Internationale Vereinigung der Freigeister propagierte. Die Scientologen nannten den Zustand clear, er war Teil ihres universellen Programms der Brücke zur totalen Freiheit. Von dort war sie zu einer Organisation gewechselt, die eine ähnliche geistige Erneuerung bot, dies aber auf einem weniger aggressiven – und weniger kostspieligen – Weg.
    Sandy genoss es, dass sie die kleine Flamme des Ärgers, die bei Hans-Jürgens Anruf aufgeflackert war, umgehend ersticken konnte wie der Wind ein brennendes Streichholz.
    Dies gehörte zu den Dingen, die sie von ihren neuen Meistern gelernt hatte: Als Freigeist war man eine Flamme im Wind, aber nicht gebunden wie an den Docht einer Kerze oder den Kopf eines Streichholzes. Wenn man eine Krücke benötigte, um zu überleben, verschwand man zusammen mit der Krücke. Wurde ausgelöscht.
    Man musste lernen, frei zu brennen. Damit man niemals ausgelöscht wurde. Der Freigeist strebte danach, eines Tages eine frei schwebende Flamme im Wind zu werden.
    Sie schaute auf die Menschen, die auf dem gegenüberliegenden Laufband vorbeiglitten. Menschen, die an ihre BlackBerrys gefesselt waren, an ihre iPhones, ihre Abflugzeiten, ihre finanziellen Sorgen, ihre Schuldgefühle. An Dinge eben. Sie begriffen nicht, dass all dies keine Bedeutung hatte. Sie begriffen nicht, dass sie einer der wenigen Menschen auf diesem Planeten war, die wussten, wie man sie befreien konnte.
    Sie suchte sich ein Gesicht heraus. Es gehörte einem sehr traurig aussehenden Mann, groß und gebeugt, die Haare schlecht über die Glatze gekämmt. Er trug eine Sonnenbrille von Porsche und eine Lederjacke mit Aufnähern, die den Eindruck erwecken sollten, er sei ein wichtiger Mann in der Welt des Motorsports.
    Ich könnte dich befreien, dachte sie.
    Hinter ihm stand eine Gruppe Teenager mit Rucksäcken, die einander lautstark aufzogen. Dann klingelte wieder ihr Handy.
    Es fiel ihr aus den Händen, und sie bückte sich sofort, um es aufzuheben.
    *
    Als Grace wieder hinschaute, war die Frau verschwunden.
    Er überlegte,

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