Und morgen bist Du tot
Parfum der Frau überlagert wurden. Es gefiel ihm, wirkte aber sehr maskulin.
Vor dem Schreibtisch standen zwei Stühle mit hoher Lehne, die aus einem Museum für moderne Kunst hätten stammen können, und er nahm auf einem von ihnen Platz. Er war fast so unbequem, wie er aussah.
Marlene Hartmann setzte sich an ihren Schreibtisch, klappte einen in Leder gebundenen Notizblock auf und griff zu ihrem schwarzen Füllfederhalter.
»Mr Taylor, würden Sie mir bitte erst einmal sagen, wie Ihnen die Transplantations-Zentrale behilflich sein kann? Und auch, wie Sie auf uns gekommen sind?«
Um nicht in irgendeine Falle zu tappen, sagte Grace vorsichtig: »Ich habe Sie im Internet gefunden.«
Sie nickte, schien zufrieden mit der Antwort.
»Mein Neffe, der Sohn meiner Schwester, leidet unter Leberversagen. Er ist erst achtzehn Jahre alt. Meine Schwester befürchtet, dass er nicht rechtzeitig eine Transplantation bekommen wird, die sein Leben retten würde.«
Er hielt inne, als die Assistentin ihm eine Tasse Kaffee und ein Kännchen Sahne brachte.
»Wo wohnen Sie, Mr Taylor?«
»In Brighton, in Sussex.«
»Ich glaube, in Ihrem Land arbeitet das System ein wenig willkürlich.«
»Das können Sie laut sagen«, pflichtete er ihr bei, darauf bedacht, eine Verbindung zu der Frau aufzubauen.
Sie beugte sich über den Schreibtisch, stützte die Ellbogen auf, verschränkte die manikürten Hände und legte das Kinn darauf. Dabei schaute sie ihm fast verführerisch tief in die Augen.
»Leidet Ihr Neffe unter chronischem oder akutem Leberversagen?«
Entsetzt stellte Grace fest, dass er auf dem Schlauch stand. Die verdammte Recherchespezialistin hatte ihn auf keinen derartigen Unterschied hingewiesen. Akut schien ihm die bessere Antwort zu sein, es klang dringlicher. Mit chronischen Krankheiten konnte man jahrelang leben.
»Akutes Leberversagen«, antwortete er.
Sie notierte es und schaute ihn wieder an. »Was glauben Sie, welcher Zeitrahmen Ihrem Neffen verbleibt?«
»Vielleicht noch ein Monat. Danach ist er vermutlich nicht einmal mehr kräftig genug, um die Transplantation zu überstehen.«
»In welchem Krankenhaus befindet er sich?«
»Er wurde im Royal South London behandelt, befindet sich jetzt aber wieder zu Hause.«
»Unter welcher Erkrankung leidet der Junge?«
»Autoimmunhepatitis«, antwortete Grace. »Sie hat zu einer schweren Leberzirrhose geführt.«
Auch das notierte die Frau, wobei sie das Gesicht verzog, als wäre sie sich des Ernstes der Lage bewusst.
»Können Sie mir sagen, welche Dienstleistungen Ihre Firma erbringt?«
»Sie müssen bedenken, die Feiertage sind nicht mehr weit, daher müssen wir schnell handeln. Normalerweise werden Transplantation und Nachsorge in einer Klinik durchgeführt, die sich in bequemer Entfernung vom Wohnsitz des Empfängers befindet. Sollte es finanzielle Probleme geben, bieten wir auch günstigere Alternativen an. So kann man die Operation auch in China, Indien oder zwei anderen Ländern durchführen.«
»Wie viel kostet eine Lebertransplantation in Großbritannien?«
»Kennen Sie die Blutgruppe Ihres Neffen?«
»AB negativ.«
Sie runzelte leicht die Stirn. »Das ist ziemlich selten.«
»Ich weiß.«
»Der Preis für eine Leber beträgt 300000 Euro. Wir verlangen fünfzig Prozent im Voraus, bevor wir die Suche starten, und fünfzig Prozent bei Lieferung, also vor der Transplantation. Wir garantieren, dass wir innerhalb von einer Woche nach Eingang der Anzahlung eine passende Leber finden.«
»Auch bei einer seltenen Blutgruppe?«
»Natürlich«, antwortete sie selbstsicher.
»Also, mein Neffe lebt ebenfalls in Brighton. Wo würde die Transplantation in diesem Fall stattfinden?«
»Brighton ist eine schöne Stadt.«
»Waren Sie schon mal da?«
»Ja, sicher. Ich habe mit meinem Mann eine Tour durch England gemacht.«
»Also gibt es eine Einrichtung in der Nähe von Brighton?«
»Mr Taylor, wir arbeiten mit Einrichtungen überall auf der Welt zusammen. Sie müssen uns schon vertrauen. In manchen führen wir Transplantationen von Leber und Nieren durch, in anderen von Herz und Lunge, in manchen auch alle vier. Ich kann Ihnen Referenzen von Leuten nennen, die mit unseren Leistungen sehr zufrieden sind. Menschen, die ohne uns nicht mehr am Leben wären. Aber wir üben keinen Druck aus. In Ihrem Land sterben jedes Jahr tausend Menschen, weil sie nicht rechtzeitig ein Organ erhalten. Andererseits sterben jedes Jahr 1,15 Millionen Menschen weltweit im
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