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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot
Autoren: Peter James
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für Ferien. Wenn er neunzehn Millionen Pfund für ein Schiff ausgegeben hätte, würde auch er es möglichst rund um die Uhr einsetzen.
    Als Mal beschwingten Schrittes auf den schwarz-orangefarbenen Schiffsrumpf zuging, ahnte er nichts von der Ladung, die er von der bevorstehenden Fahrt mitbringen würde, und von dem Trauma, das damit über sein Leben hereinbrechen sollte.

5
    DR. HUNTERS SPRECHZIMMER war ein langgestreckter Raum mit hoher Decke und Schiebefenstern, durch die man in einen kleinen ummauerten Garten blickte, der kaum von den kahlen winterlichen Bäumen und Büschen abgeschirmt wurde. Man sah bis zur eisernen Feuertreppe des gegenüberliegenden Hauses. Lynn hatte oft gedacht, dass das Sprechzimmer in früherer Zeit, als dies alles ein hochherrschaftliches Haus gewesen war, vermutlich als Esszimmer gedient hatte.
    Sie mochte Häuser, vor allem deren Innenleben. Eines ihrer liebsten Hobbys bestand darin, Herrenhäuser und Schlösser zu besichtigen, und früher hatte auch Caitlin Spaß daran gehabt. Sie plante schon länger, eine Ausbildung zur Dekorateurin zu machen, sobald Caitlin auf eigenen Füßen stand und der Druck, Geld zu verdienen, abnahm. Vielleicht würde sie Ross Hunter anbieten, seine Praxis aufzufrischen. Genau wie das Wartezimmer konnte auch dieser Raum neues Leben vertragen. Die Tapete und die Wandfarbe waren bei weitem nicht so würdevoll gealtert wie der Arzt selbst. Allerdings musste sie zugeben, dass die Tatsache, dass sich der Raum in all den Jahren kaum verändert hatte, auch etwas Beruhigendes besaß. Er verströmte eine intellektuelle Atmosphäre, die sie immer als angenehm empfunden hatte.
    Bei jedem Besuch wirkte das Sprechzimmer ein bisschen chaotischer. Die grauen Aktenschränke mit den vier Schubladen schienen sich ständig zu vermehren, ebenso die darauf stehenden Kästen, in denen er seine Patientenakten aufbewahrte. Auf einem Aktenschrank stand ein Wasserspender aus Plastik. In einem beleuchteten Kasten an der Wand hing ein Diagramm für Sehtests; auf den altmodischen, vollgestopften Bücherregalen teilte sich die weiße Marmorbüste eines antiken Gelehrten, vermutlich Hippokrates, den Platz mit mehreren Familienfotos.
    An einer Seite befanden sich hinter einem Paravent die Untersuchungsliege, einige Monitore und andere medizinische Gerätschaften und Lampen. Der Boden war an dieser Stelle mit Linoleum ausgelegt, das in den Teppich eingefügt war und an einen Mini-OP erinnerte.
    Ross Hunter winkte Lynn zu einem der schwarzen Ledersessel vor dem Schreibtisch. Sie setzte sich, stellte die Tasche ab und behielt den Mantel an. Sein Gesicht wirkte noch immer angespannt und ernster als sonst. Das machte sie furchtbar nervös. Das Telefon klingelte. Er hob entschuldigend die Hand, als er sich meldete, und machte ein Zeichen, es werde nicht lange dauern. Während er sprach, warf er einen Blick auf den Bildschirm seines Laptops.
    Sie schaute sich im Zimmer um und hörte zu, wie er mit jemandem sprach, dessen offenbar schwerkranker Angehöriger ins Martletts, das örtliche Hospiz, verlegt werden sollte. Der Anruf verursachte ihr noch größeres Unbehagen. Sie betrachtete die Garderobe, an der ein einsamer Mantel hing, vermutlich der von Dr. Hunter, und fragte sich beiläufig, was das elektrische Gerät daneben darstellen sollte, das ihr noch nie aufgefallen war.
    Er beendete den Anruf, notierte sich etwas, warf noch einen Blick auf den Bildschirm und konzentrierte sich dann wieder auf Lynn. Seine Stimme klang sanft und besorgt. »Danke, dass Sie gekommen sind. Ich wollte lieber mit Ihnen allein sprechen, bevor ich mit Caitlin rede.« Er wirkte nervös.
    »In Ordnung«, wollte sie sagen, brachte aber keinen Ton heraus. Es war, als hätte jemand ihren Mund und ihre Kehle mit Löschpapier betupft.
    Er nahm eine Akte von einem Stapel, legte sie auf den Schreibtisch und schlug sie auf. Er rückte die Brille zurecht und las, als wollte er Zeit gewinnen. »Ich habe hier die neuesten Untersuchungsergebnisse von Dr. Granger. Leider habe ich keine guten Nachrichten für Sie, Lynn. Sie zeigen eine stark anomale Leberfunktion.«
    Dr. Neil Granger war der örtliche Gastroenterologe, bei dem Caitlin seit sechs Jahren in Behandlung war.
    »Die Enzymwerte sind stark erhöht«, fuhr er fort. »Vor allem die des Gamma-GT-Enzyms. Und die Zahl der Blutplättchen ist sehr gering, sie hat dramatisch abgenommen. Hat sie viele blaue Flecken?«
    Lynn nickte. »Ja, und wenn sie sich schneidet, blutet
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