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Und morgen in das kühle Grab

Und morgen in das kühle Grab

Titel: Und morgen in das kühle Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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zu Schlitzen, während sich
die Wut in seinem Körper ausbreitete. Annie war
gestorben, gefangen in einem brennenden Auto. Wenn er
das Haus in Greenwood Lake nicht verkauft hätte, wären
sie dort gewesen, an dem Tag vor zwei Wochen, als sie
ums Leben kam. Sie wäre dort im Garten auf den Knien
herumgerutscht und hätte Blumen gepflanzt, statt aus dem
Haus in Yonkers zu rennen und so furchtbar zu weinen,
dass sie nicht auf den Verkehr achtete, als sie rückwärts
aus der Auffahrt fuhr.
Einen Moment lang fixierte er die Frau, die gerade
interviewt wurde. Ihr Name war DeCarlo, und sie war
Lynn Spencers Schwester. Ich werde dir zeigen, wer hier
verrückt ist, dachte er. Schade, dass deine Schwester nicht
in dem brennenden Haus draufgegangen ist, so wie meine
Frau im Auto. Schade, dass du nicht in dem Haus mit ihr
zusammen warst. Ich kriege sie, Annie, versprach er. Ich
werde sie mir alle vornehmen, alle.
4
    AUF DER FAHRT NACH HAUSE konnte ich das
unangenehme Gefühl nicht loswerden, das mein Auftritt
bei diesem unerwarteten Pressetermin bei mir hinterlassen
hatte. Es war mir sehr viel lieber, wenn ich diejenige war,
die die Fragen stellte. Wohl oder übel musste ich jedoch
einsehen, dass man mich von nun an als Lynns Sprecherin
und Verteidigerin ansehen würde. Ich hatte mir diese
Aufgabe nicht gewünscht, und ich empfand sie zudem als
reichlich unpassend. Nach wie vor war ich alles andere als
überzeugt davon, dass sie eine naive und gutgläubige
Ehefrau gewesen war, die nichts davon bemerkt haben
sollte, dass ihr Mann ein Betrüger war.
    Aber war er das? Als sein Flugzeug abstürzte, befand er
sich angeblich auf dem Weg zu einem geschäftlichen
Treffen. Hatte er immer noch an Gen-stone geglaubt, als
er in das Flugzeug gestiegen war? Hatte er im Glauben an
die gute Sache seinen Tod gefunden?
    Diesmal präsentierte sich der Cross Bronx Expressway
in seiner gewohnten Form. Nach einem Unfall hatte sich
der Verkehr auf zwei Meilen Länge gestaut, was mir jede
Menge Ruhe und Zeit zum Nachdenken ließ. Vielleicht zu
viel Zeit, denn mir wurde klar, dass trotz all der
Enthüllungen in den letzten Wochen über Nick Spencer
und sein Unternehmen immer noch etwas fehlte, etwas
nicht stimmte. Die Geschichte war zu glatt. Nicks
Flugzeug stürzt ab. Der Impfstoff wird als mangelhaft,
wenn nicht gar als wertlos bezeichnet. Und Millionen
Dollar sind verschwunden.
    War das Unglück arrangiert, hielt sich Nick unter der
Sonne Brasiliens auf, wie Sam gemutmaßt hatte? Oder
war das Flugzeug tatsächlich mit ihm an Bord während
eines Sturms abgestürzt? Und wenn ja, wo war dann das
ganze Geld abgeblieben, darunter fünfundzwanzigtausend
Dollar, die mir gehört hatten?
»Er mochte dich, Carley«, hatte Lynn gesagt.
    Nun, ich hatte ihn auch gemocht. Deshalb hing ich an
der Vorstellung, dass es eine andere Erklärung geben
könnte.
    Ich passierte die Unfallstelle, die den Cross-Bronx in
meiner Richtung hatte einspurig werden lassen. Ein
Lastzug war auf die Seite gekippt. Zerborstene Kisten mit
Orangen und Grapefruits waren beiseite geschoben
worden, um eine Fahrspur zu öffnen. Die Fahrerkabine des
Lkw schien intakt zu sein. Ich konnte nur hoffen, dass der
Fahrer unverletzt geblieben war.
    Ich bog auf den Harlem River Drive ein. Es drängte
mich, endlich nach Hause zu kommen. Ich wollte die
Kolumne für den nächsten Sonntag noch einmal
überarbeiten, bevor ich sie ins Büro mailte. Ich wollte
Lynns Vater anrufen, um ihn zu beruhigen, und ihm sagen,
dass keine Gefahr mehr bestünde. Ich wollte schauen, ob
vielleicht Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter auf
mich warteten, speziell vom Chefredakteur des Wall Street
Weekly. Oh Gott, wie gerne hätte ich einen Job bei diesem
Magazin, dachte ich.
    Der Rest der Fahrt verlief einigermaßen glatt. Das
Problem war, dass ich immer wieder an Nick Spencers
Augen denken musste und an die Aufrichtigkeit, die aus
ihnen sprach, als er über den Impfstoff geredet hatte. Ich
erinnerte mich genau, wie ich damals auf ihn reagierte:
Was für ein toller Typ!
    War ich auf dem falschen Dampfer, dumm, naiv, all das,
was eine Reporterin nicht sein durfte? Oder gab es
vielleicht noch eine andere Antwort? Als ich in die Garage
fuhr, wurde mir klar, was mich die ganze Zeit gestört
hatte. Es war ein undeutliches Gefühl gewesen, und dieses
Gefühl sagte mir, dass Lynn sehr viel begieriger darauf
war, ihren guten Ruf wiederherzustellen, als

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