Und morgen in das kühle Grab
worden war, und
zeigte es ihr.
»Milly, kennen Sie diese Leute?«
Sie rückte ihre Brille zurecht und studierte die auf dem
Podium versammelte Gruppe. »Sicher.« Sie deutete mit
dem Finger auf die einzelnen Personen. »Das hier sind
Delia Gordon und ihr Mann Ralph. Sie ist nett, er ein
bisschen steif. Das hier ist Jackie Schlosser. Die ist
wirklich nett. Das ist Reverend Howell, der
presbyterianische Pfarrer. Und da sitzt der Gauner,
natürlich. Ich hoffe nur, dass sie ihn kriegen. Das hier ist
der Verwaltungsdirektor des Krankenhauses. Er ist jetzt
ziemlich unten durch, weil er derjenige war, der die
anderen davon überzeugt hat, so viel Geld in Gen-stone zu
investieren. Was man so hört, wird er nach den nächsten
Wahlen zum Verwaltungsrat seinen Job los sein, wenn
nicht schon früher. Viele Leute sind der Meinung, er solle
zurücktreten. Das wird er bestimmt auch tun, wenn
herauskommt, dass Nicholas Spencer tatsächlich noch am
Leben ist. Andererseits – wenn sie ihn verhaften, werden
sie vielleicht herausfinden, wo er das Geld versteckt hat.
Das hier sind Dora Whitman und ihr Mann Nils. Beide
stammen aus ganz alteingesessenen Familien hier in der
Stadt. Da steckt viel Geld dahinter. Ich meine, sie haben
Dienstboten im Haus und all so was. Sie sind sehr beliebt
hier, weil alle es gut finden, dass die Familie nie aus
Caspien weggezogen ist, obwohl sie, so viel ich weiß,
auch ein märchenhaftes Haus auf Martha’s Vineyard
besitzen. Oh, und hier ganz rechts, das ist Kay Fess. Sie ist
die Leiterin der ehrenamtlichen Helfer im Krankenhaus.«
Ich machte mir Notizen und versuchte dabei, Millys
sprudelndem Redefluss zu folgen. Als sie fertig war, sagte
ich: »Milly, ich würde gerne mit einigen dieser Leute
reden, aber Reverend Howell war bisher der Einzige, den
ich erreichen konnte. Die anderen stehen nicht im Telefonbuch oder haben mich nicht zurückgerufen. Haben Sie
irgendeine Idee, wie ich an die herankommen könnte?«
»Sagen Sie nicht, dass Sie es von mir haben, aber Kay
Fess sitzt wahrscheinlich in diesem Augenblick am
Empfangsschalter im Krankenhaus. Auch wenn sie Sie
nicht zurückgerufen hat, es ist nicht schwer, mit ihr ins
Gespräch zu kommen.«
»Milly, Sie sind ein Schatz.« Ich trank meinen Kaffee
aus, bezahlte die Rechnung, gab ein großzügiges Trinkgeld und fuhr, nachdem ich auf meinen Stadtplan geschaut
hatte, die vier Häuserblocks bis zum Krankenhaus.
Ich hatte erwartet, ein durchschnittliches Gemeindekrankenhaus vorzufinden, doch das Caspien Hospital
entpuppte sich als eine expandierende Einrichtung mit
mehreren kleineren Gebäuden, die sich um das
Hauptgebäude gruppierten, und einem eingezäunten
Baugelände, vor dem ein Schild stand mit der Aufschrift:
HIER ENTSTEHT DIE NEUE PÄDIATRISCHE
KLINIK.
Das war vermutlich der geplante Bau, der jetzt wegen
der Investition des Krankenhauses in Gen-stone-Aktien
auf Eis lag.
Ich parkte den Wagen und betrat das Gebäude durch den
Haupteingang. An der Empfangstheke saßen zwei Frauen,
aber ich wusste sofort, welche von beiden Kay Fess war.
Tief gebräunt, obwohl es erst April war, mit kurzen, schon
etwas angegrauten Haaren, Omabrille, einer sehr fein
geschnittenen Nase und schmalen Lippen, vermittelte sie
sofort den Eindruck, »zuständig zu sein«. Ich bezweifelte,
dass es jemandem gelingen könnte, ohne Besucherpass
durchzuschlüpfen, während sie dort Wache hielt. Sie war
auch diejenige, die am nähesten bei dem mit Seilen
abgetrennten Zugang zu den Aufzügen saß.
Vier oder fünf Leute warteten vor mir auf ihre Pässe, als
ich die Eingangshalle betrat. Ich stellte mich geduldig an,
bis sie und ihre Kollegin die Leute abgefertigt hatten, dann
trat ich auf sie zu. »Miss Fess?«
Sie sah mich sofort argwöhnisch an, als ob sie
befürchtete, dass ich zehn Kinder für einen Besuch bei
einem Patienten anmelden wolle.
»Miss Fess, mein Name ist Carley DeCarlo, von der Wall Street Weekly. Ich würde Ihnen gerne ein paar Fragen
über die Ehrenfeier für Nicholas Spencer vor einigen
Monaten stellen. Soviel ich weiß, saßen sie auf dem
Podium ganz in seiner Nähe.«
»Sie haben mich doch schon neulich angerufen.«
»Ja, stimmt.«
Die andere Frau an der Theke musterte mich neugierig,
musste sich aber dann neu eintreffenden Besuchern
zuwenden.
»Miss DeCarlo, nachdem ich Sie nicht zurückgerufen
habe, sollte Ihnen doch eigentlich klar sein, dass ich nicht
die Absicht hatte, mit Ihnen zu reden.«
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