Und morgen in das kühle Grab
Hand aus der Tasche und versuchte, sich den
stechenden Schmerz nicht anmerken zu lassen, den jedes
Reiben am Stoff verursachte. »Natürlich, kommen Sie«,
murmelte er.
Detective Pierce dankte Mrs. Morgan, dass sie
heruntergekommen war. Ned sah, dass sie nur zu gern
erfahren hätte, was los war, und bevor er die Tür schloss,
sah er auch, wie sie noch rasch versuchte, einen Blick in
seine Wohnung zu werfen. Er wusste, was sie dachte –
dass die Wohnung ein einziger Schweinestall war. Sie
wusste, dass Annie immer hinter ihm her gewesen war, die
Zeitungen aufgesammelt, das Geschirr in die Küche
gebracht und in den Geschirrspüler geräumt und seine
schmutzige Kleidung in den Wäschekorb geworfen hatte.
Annie mochte es, wenn alles ordentlich und sauber war.
Jetzt, wo sie nicht mehr da war, gab er sich keine Mühe
mehr, aufzuräumen. Auch das Essen kümmerte ihn nicht
mehr sonderlich, und Teller oder Tassen stellte er einfach
in das Spülbecken und ließ Wasser darüber laufen.
Ihm entging nicht, dass die Beamten ihre Blicke durch
das Zimmer schweifen ließen und dass ihnen dabei das
Kissen und die Decke auf der Couch, die Zeitungsstapel
auf dem Fußboden, die Cornflakes-Schachtel und die
Schüssel auf dem Tisch neben dem Verbandmull, den
Salben und dem Heftpflaster ins Auge fallen mussten. Die
Kleider, die er zuletzt getragen hatte, lagen auf einem
Stuhl.
»Dürfen wir uns setzen?«, fragte Pierce.
»Klar.« Ned schob die Decke zur Seite und setzte sich
auf die Couch.
Zu beiden Seiten des Fernsehers standen Stühle. Die
Kriminalbeamten nahmen sich jeweils einen und trugen
ihn zur Couch. Sie setzten sich so nahe zu ihm, dass er
sich unbehaglich fühlte. Sie versuchten, ihm das Gefühl zu
geben, in der Falle zu sitzen. Pass auf, was du sagst,
schärfte er sich ein.
»Mr. Cooper, Sie waren in Brown’s Drugstore gestern
Abend, kurz vor Ladenschluss, ist das richtig?«, fragte
Carson.
Carson schien der Boss zu sein. Sie schauten beide auf
seine Hand. Sag was, befahl er sich. Mach, dass sie
Mitleid mit dir haben. »Ja, ich war dort. Meine Frau ist vor
einem Monat gestorben. Ich habe vorher nie gekocht. Vor
ein paar Wochen habe ich mir die Hand am Herd
verbrannt, und es ist immer noch nicht richtig verheilt.
Gestern Abend bin ich zu Brown’s gefahren, um mir
irgendwelches Zeugs zum Draufschmieren zu kaufen.«
Sie erwarteten vermutlich, dass er fragte, warum sie hier
seien. Er blickte Carson an. »Was ist passiert?«
»Kannten Sie Mrs. Rice, die Kassiererin bei Brown’s?«
»Peg? Klar. Sie arbeitet seit zwanzig Jahren bei
Brown’s. Ist ‘ne nette Frau. Sehr hilfsbereit.« Sie
versuchten, ihn reinzulegen. Sie erzählten ihm gar nichts
von Peg. Glaubten sie, dass sie nur verschwunden war,
oder hatten sie die Leiche gefunden?
»Mr. Brown sagte uns, Sie seien der vorletzte Kunde
gewesen, den Mrs. Rice gestern Abend bedient hat. Ist das
richtig?«
»Ich glaube schon. Ich erinnere mich, dass jemand hinter
mir stand, als ich den Laden verließ. Ich weiß nicht, ob
danach noch jemand kam. Ich bin zu meinem Auto
gegangen und nach Hause gefahren.«
»Wissen Sie, wer das war, der hinter Ihnen im Drugstore
in der Schlange stand?«
»Nein. Ich habe nicht auf ihn geachtet. Aber Peg kannte
ihn. Sie hat ihn beim Namen genannt, warten Sie mal …
Sie nannte ihn ›Garret‹.«
Ned sah, dass die Beamten einen Blick wechselten.
Deshalb waren sie also gekommen, das wollten sie
herausfinden. Brown hatte nicht gewusst, wer der letzte
Kunde gewesen war. Fürs Erste würden sie sich darauf
konzentrieren, den Typen ausfindig zu machen.
Sie erhoben sich. »Wir werden Sie nicht länger
aufhalten, Mr. Cooper«, sagte Carson. »Danke für Ihre
Mitarbeit.«
»Die Hand sieht ziemlich übel aus«, sagte Pierce. »Ich
kann nur hoffen, dass Sie damit beim Arzt waren.«
»Ja, ja. Es ist schon viel besser geworden.«
Sie schauten ihn seltsam an. So viel hatte er bemerkt.
Aber erst nachdem er die Tür hinter ihnen zugesperrt
hatte, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf, dass sie ihm
nicht erzählt hatten, was mit Peg geschehen war. Ganz
bestimmt war ihnen aufgefallen, dass er sie hatte gehen
lassen, ohne nach ihr zu fragen.
Sie mussten in diesem Augenblick auf dem Weg zurück
zu Brown sein, um ihn nach Garret zu fragen. Ned wartete
zehn Minuten, dann rief er im Drugstore an. Brown
meldete sich.
»Doc, Ned Cooper am Apparat. Ich mache mir Sorgen
um Peg. Eben waren zwei
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