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Und nie sollst du vergessen sein

Und nie sollst du vergessen sein

Titel: Und nie sollst du vergessen sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Boehm
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Rindergulasch mit Bandnudeln gekocht. Dazu gab es ein kleines Schälchen Gurkensalat und ein Achtel Spätburgunder aus dem Breisgau, den sie so sehr liebte.
    Eine kurze Mittagspause von knapp 40 Minuten, in denen sie von ihrer Mutter geträumt hatte, die sie mal wieder ermahnt hatte, die Fenster mit Klarwasser zu putzen und anschließend mit Zeitungspapier abzureiben, anstatt die modernen Fensterreiniger zu benutzen, und einige Kreuzworträtsel später war sie zu einer Freundin nach St. Blasien gefahren. Einmal im Monat traf sie sich mit ihr, und die beiden schwätzten über dies und das und ließen es sich nicht nehmen, aus den Fenstern im Café am Dom die Touristen zu beobachten und sich über Frisuren, Kleidungsstile und manch sonderbares Verhalten der an ihnen Vorbeiflanierenden lustig zu machen.
    Nun war es Abend und sie freute sich auf einen gemütlichen und erholsamen Sonntag voll Entspannung und Ruhe. Denn seit ihre Kollegin erkrankt war und für absehbare Zeit als Verkaufskraft ausfiel, war sie jeden Werktag im Lädele. Nur ab und zu kam eine Aushilfe. Aber immer nur dann, wenn sie die Waren des Lieferanten vom Großhandel entgegennahm, und das war nur montags und donnerstags der Fall. Ansonsten kümmerte sie sich alleine um die Belange des kleinen Geschäfts, dessen Fläche keine 40 Quadratmeter aufwies. Bereits in der vierten Woche füllte sie nun von Montag bis Samstag die Regale auf, bediente die Kunden, kassierte und putzte am Abend noch die Räumlichkeiten, die neben dem Verkaufsraum aus einer kleinen Toilette und dem Rathausflur bestanden.
    Ich kann den Bürgermeister, den Vorsitzenden des Heimatvereins und vor allem die älteren Menschen, die auf das Lädele hier im Ort angewiesen sind, ja schlecht im Stich lassen, dachte sie, und lobte sich für ihre Uneigennützigkeit und ihre soziale Einstellung, für die sie schon des Öfteren im Dorf mit Preisen ausgezeichnet worden war. Der Zeitungsartikel, den Thomas Albiez vor drei Jahren über sie und ihr Engagement im Ort verfasst hatte, hing in einem goldenen Rahmen gleich neben der Eingangstür, damit auch jeder ihn sehen und lesen konnte.
    Ob als Sopran im Kirchenchor, Landfrau, Schriftführerin bei den Rosenfreunden oder im Gemeinderat – ohne Maria Reisinger lief nichts in Nöggenschwiel. Zumindest redete sie sich das ein und war mächtig stolz auf ihre Taten, durch die sie nicht nur wegen des Berichts in der hiesigen Zeitung zu einer ehrbaren Persönlichkeit der Region geworden war.
    Und morgen beginnt alles wieder von vorn, dachte sie mit einem Anflug von Missfallen an den bevorstehenden Montag, an dem der Wecker sie bereits um 5.30 Uhr aus den Träumen reißen würde.
    Doch bevor sie ins Bett ging, wollte sie sich noch die Haare waschen und ihre Dauerwelle mit ihren neuen Lockenwicklern auffrischen. „Dann muss ich das morgen früh nicht machen und kann länger im Bett bleiben. Zumal es ja sowieso nicht gut ist, bei den Temperaturen mit nassen Haaren vor die Tür zu gehen, nicht wahr, Labelle“, suchte sie das Gespräch mit ihrer anthrazitgrauen Katze, die ihr den Bauch entgegenstreckte und darauf wartete, ausgiebig gegrault zu werden.
    Aber vor allem wollten ihr das Gespräch mit den Beamten von der Kripo und der Streit, den sie am Freitagabend zwischen Franz Marder und Reinhold Nägele mitbekommen hatte, nicht mehr aus dem Kopf gehen. Und jetzt ist Franz, der alte Kauz, tot. Ihre Gedanken kreisten wie so oft in den vergangenen Stunden um den nahezu gleichaltrigen Bauern. Mit seiner Frau Martha war sie über all die Jahre, die sie hier im Ort gemeinsam gewohnt hatten, befreundet gewesen, sie hatten zusammen Kuchen für die Landfrauen gebacken und mit Bürgermeister Huber das Lädele als modernen Tante-Emma-Laden der Zukunft und zugleich als Dorftreffpunkt initiiert.
    Warum musste der alte Franz, der zwar durch den Alkohol oftmals grantig und ungenießbar geworden, aber ansonsten immer ein sehr liebenswerter Zeitgenosse gewesen war, bloß sterben? War er durch Zufall ermordet worden oder lag es an seinem Geheimnis, das er Reinhold Nägele anvertrauen wollte, wozu er aber nicht mehr gekommen war?
    Hätte ich ihm bloß besser zugehört, dann wüsste ich jetzt vielleicht mehr und könnte der Polizei Näheres zu Franz’ Tod erzählen, dachte sie, als sie plötzlich wie vom Blitz getroffen zusammenfuhr und damit Labelle so

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