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Und nie sollst du vergessen sein

Und nie sollst du vergessen sein

Titel: Und nie sollst du vergessen sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Boehm
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sehr erschreckte, dass diese mit einem großen Satz vom Sofa sprang.
    â€žWarum hab ich da nicht früher dran gedacht? Ich weiß, wer mir vielleicht mehr sagen und mir dabei sogar gleich noch etwas über die Nacht, als meine geliebte Charlotte verschwand, erzählen kann. Und dann kann ich ja auch gleich noch die Gartenkralle zurückbringen, die ich mir ausgeliehen habe“, rief sie leicht aufgeregt und nahm sich vor, gleich morgen nach der Arbeit einer ganz bestimmten Person einige wichtige Fragen zu stellen.

fünfundzwanzig
    Er liebte es, gut vorbereitet zu sein. Nicht nur mental. Auch die Utensilien, die er für seine Taten brauchte, waren alle im besten Zustand, herausgeputzt und griffbereit. „Ordnung ist das halbe Leben“, konnte er seinen Vater sagen hören. Eine Floskel, die für ihn längst zu seinem Lebensmotto geworden war. Nichts wollte er dem Zufall überlassen, dafür war das, was er nun vorhatte, viel zu existentiell, als es einer wie auch immer gearteten Willkür des Schicksals auszusetzen.
    Fein säuberlich hatte er sich seine Handschuhe zurechtgelegt. Seine Schuhe glänzten, als ginge er zum Abschlussball und sein Hemd war genauso glatt und faltenfrei wie seine Hose und sein schwarzer Parka.
    Auch zwei Scheiben Schwarzbrot mit Margarine, einer Scheibe Gouda und wohlduftendem, gekochten Schinken hatte er heute Abend wieder gegessen. Wie immer, wenn etwas Wichtiges anstand.
    Das Essen war ein Ritual, wenn er etwas vorhatte und seine Nerven beruhigen musste. Dazu gehörte auch ein halbes Glas Wein aus dem gut gefüllten Keller seines Vaters.
    Zufrieden mit sich und der Welt wusch er sich die Hände. Sie waren etwas fettig, da ihm in einem ungeschickten Moment das mit Margarine und kleinen Krümeln beklebte Messer aus der Hand gerutscht war und beim Hinabfallen seine Finger beschmiert hatte. Danach legte er Teller, Messer, Gabel und zwei kleine Schüsselchen, in denen sich zuvor einige Scheiben Rote Beete und drei kleine eingelegte Gürkchen befunden hatten, in die Spüle.
    Als Nächstes gönne ich mir eine Spülmaschine, dachte er, während er sich den letzten Schluck Rotwein genehmigte und anschließend das Glas zu den anderen Teilen ins Becken stellte.
    Trotz der Routine stieg so langsam die Aufregung in ihm hoch. Es ist eben doch nicht immer dasselbe, überlegte er und rieb seine Hände etwas fester aneinander, da er spürte, wie sich allmählich ein leichter Schweißfilm auf seinen Handinnenflächen breitmachen wollte.
    So war es auch beim letzten Mal gewesen. Seine Nervosität zu Beginn hatte schnell eine Spur von Gewohnheit bekommen, über Leben und Tod entscheiden zu können.
    Leicht war es nie, Leben auszulöschen, stellte er fest. Aber es wurde mit jedem Mal einfacher. Und vor allem angenehmer. Es löste Probleme mit einem Schlag. So hatte er gedacht, um dann erfahren zu müssen, dass manche Probleme dadurch erst größer wurden und sogar eine Lawine von neuen Herausforderungen lostraten, die es wiederum zu lösen galt.
    Seine Handflächen waren jetzt klatschnass und glitschig und der Schweiß glänzte unter dem kalten Licht der Röhrenleuchte in der Decke. Wie einem inneren Befehl folgend griff er mit der rechten Hand nach dem Küchentuch und wischte sich seine Hände ab. So wie er den Schweiß wegwischte, würde er auch das neue Problem aus dem Weg räumen.
    Er wusste, was er zu tun hatte.
    So glitt er langsam aus seiner Wohnung hinaus. Wie immer war er in Schwarz gekleidet. Würdevoll sollte es sein, wenn er einen Menschen tötete.
    Schon von Weitem sah er, dass das kleine Licht noch immer flackerte. Es gab ihm Sicherheit und die Gewissheit, nicht alleine zu sein an diesem düsteren Sonntagabend, der in seinem grauen Gewand verharrte, ohne auch nur den Anschein einer gemütsaufhellenden Wandlung zu verbreiten.
    Ich hasse diese Novembertage. Nebel, wohin man schaut, dachte er, als er am Gewächshaus angelangt war und mit Freude sah, dass sich sein Liebling ganz prächtig entwickelte. Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, atmete er tief durch. Es war der Hauch von Rosenduft, der – wenn auch stikkig und schwer – in der Luft hing. Ein Hauch von Leben.
    Wie paradox, sinnierte er, während ich das Leben tief einatme, macht sie bald ihren letzten Atemzug. Ein Lächeln überkam ihn. Vorsichtig nahm er einige verwelkte Blätter ab,

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