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Und nie sollst du vergessen sein

Und nie sollst du vergessen sein

Titel: Und nie sollst du vergessen sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Boehm
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hatten.
    Auch in der Nacht von Sonntag auf Montag war Reinhold Nägele erst auf der Geburtstagsfeier eines Lions-Club-Mitglieds und anschließend zusammen mit dem Engländer etwas essen gewesen, ehe sie in ihr Hotel in der Nähe des Züricher Messegeländes, auf dem die diesjährige „Rosa Flora“ stattfand, eincheckten. Das hatte der Portier den Schweizer Kollegen bestätigt und auch Sutherfolk hatte diese Version ohne jegliche Abweichung so zu Protokoll gegeben.
    Sie konnten es drehen und wenden, wie sie wollten, aber sie konnten Reinhold Nägele einfach nichts nachweisen. So gerne Bannholzer das auch wollte. Dabei war ihm der Mann sogar mehr als sympathisch. Es war das persönliche Schicksal Reinhold Nägeles, das den Polizeichef so berührte und einfach nicht loszulassen schien. Es muss hart sein, ein Kind zu verlieren. Auch wenn es nicht sicher war, dass Charlotte etwas zugestoßen war, so hatte er doch mehr als 15 Jahre – seit dem Tag ihres Verschwindens an einem lauen Sommerabend im Juli 1997 – nichts mehr von seiner Tochter gehört. So sehr sich Bannholzer auch über seine zwei Kinder immer wieder ärgerte, die ihn manchmal nervten und für mehr als nur ein graues Haar seiner noch dichten Pracht verantwortlich waren, so würde er für seine Kinder töten, falls ihnen etwas passieren sollte. Vielleicht war auch Reinhold Nägele ein Mann, der für sein Kind über Leichen ging.
    Bannholzer fuhr sich mit seiner rechten Hand durchs Haar. Vielleicht schien dieser Gedanke gar nicht so abwegig zu sein. Zumal Bannholzer sehen musste, dass er in diesem Fall seine eigene Haut zu rettete. Koste es, was es wolle.
    â€žSchatz, ich habe dir zwei belegte Brote mit Leberwurst und eingelegten Gurken und eine Scheibe gefüllten Rinderbraten von gestern Abend eingepackt. Das Fleisch kannst du dir in der Mikrowelle aufwärmen. Warm schmeckts sicherlich noch etwas besser.“ Seine Frau legte ihm die Plastikdose und die in Butterbrotpapier eingewickelten Brote auf den Küchentisch. Was würde ich nur ohne sie machen, dachte er in diesem Moment und war dankbar, dass sie ihn tagein, tagaus so gut versorgte. Dafür bedankte er sich alljährlich am Valentinstag, Muttertag und ihrem Geburtstag mit einem großen Strauß roter Rosen, und selbst den Hochzeitstag hatte er noch nie vergessen, auch wenn er sich diesen Tag wie auch die Geburtstage jedes Jahr von seiner Sekretärin in den Jahreskalender eintragen lassen musste.
    Nun saß er also in seinem Büro und stocherte in dem leicht dampfenden Stück Rindfleisch herum. Schon beim Frühstück hatte er kein wirkliches Hungergefühl verspürt, und auch jetzt konnte ihn der Rinderbraten so sehr anlachen, wie er wollte – Franz-Josef Bannholzer schien der Magen wie zugeschnürt zu sein. Dafür kreisten seine Gedanken. Was er wohl seinem Sohn zum Geburtstag Anfang Dezember kaufen könnte? Wann er nächstes Jahr Urlaub machen könnte? Was war es bloß, was diese beiden Fälle miteinander verband?
    Er hatte den Gedanken kaum zu Ende geführt, als er ruckartig aufsprang und in seine Hände klatschte.
    Das ist es, dachte er. Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen?

zweiundvierzig
    Er wollte es ihm sagen. Er musste es ihm sagen. Endlich. Und vor allem, bevor es diese Emma Hansen tun würde, die bei ihren Recherchen sicherlich irgendwann auch dahinterkommen würde.
    Als Richard Sutherfolk so auf seinem Hotelbett im Zürich Courtyard, das nur etwas mehr als einen Kilometer von der Messe entfernt lag, saß, da wusste er, er würde von der Last der Schuld erdrückt werden, würde er nicht endlich die ganze Wahrheit sagen. Jahrelang hatte er eine heile Welt vorgespielt. Eine Welt ohne Trug und Lüge. Eine Welt, in der nur die Aufrichtigkeit zählte. Eine falsche Aufrichtigkeit.
    Nur, wie sollte er es ihm sagen? Welche Worte sollte er benutzen, und wann war der passende Moment? Er ließ sich nach hinten fallen, starrte die Decke an. Doch sie blieb stumm, genauso wie das Bild einer sanft hügeligen Landschaft der Toskana im Frühling, das über ihm an der Wand hing. Wie die kleine Lampe, der Wandschrank und die gelbe Bordüre der Tapete, die den Raum freundlich und hell gestaltete.
    Er hasste sich für seine Tat. Dabei war er sich damals wie ein frisch verliebter Teenager vorgekommen. Wie konnte er sich nur so gehen lassen? Warum hatte er es

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