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...und noch ein Küsschen!

...und noch ein Küsschen!

Titel: ...und noch ein Küsschen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roald Dahl
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Schritten hereinkam. Er sagte, er sei der Butler, heiße Jelks und erlaube sich die Frage, ob ich mich wohlfühlte und alles hätte, was ich brauchte.
    Ich beruhigte ihn über diesen Punkt. Er versicherte, dass er sich nach Kräften bemühen werde, mir das Wochenendeso angenehm wie möglich zu machen. Ich dankte ihm und wartete, dass er ginge. Er zögerte, dann bat er mit einer Stimme, die vor Salbung triefte, um die Erlaubnis, eine recht heikle Sache zur Sprache zu bringen. Ich forderte ihn auf loszuschießen.
    Um ganz offen zu sein, sagte er, es handle sich um das Trinkgeld. Das sei eine Angelegenheit, die ihm ernste Sorgen bereite.
    Ach? Und wieso?
    Nun, wenn ich es wirklich wissen wolle, ihm gefalle der Gedanke nicht, dass seine Gäste sich verpflichtet fühlen könnten, ihm beim Verlassen des Hauses ein Trinkgeld zu geben – wie es ja allgemein üblich sei. Er empfinde dieses Verfahren als erniedrigend, sowohl für den, der das Trinkgeld gebe, als auch für den, der es erhalte. Außerdem sei ihm durchaus klar, dass Gäste wie ich – er bitte höflichst, ihm diese Offenheit zu verzeihen – mitunter in eine peinliche Lage gerieten, weil sie sich anstandshalber verpflichtet fühlten, mehr zu geben, als sie sich eigentlich leisten könnten.
    Er machte eine Pause, und zwei kleine, verschlagene Augen suchten in meinem Gesicht nach einem Zeichen der Zustimmung. Ich murmelte, dass er das meine Sorge sein lassen solle.
    O nein, erwiderte er rasch, er hoffe aufrichtig, dass ich mich bereit erklären würde, ihm kein Trinkgeld zu geben.
    «Nun», sagte ich, «darüber brauchen wir uns doch jetzt noch nicht aufzuregen. Das findet sich alles, wenn es so weit ist.»
    «Nein, Sir!», rief er. «Bitte, ich muss darauf bestehen.»
    Ich gab also nach.
    Er dankte mir. Dann trat er schlurfend zwei, dreiSchritte näher, neigte den Kopf zur Seite, faltete die Hände über der Brust wie ein Priester und zuckte, als wollte er sich entschuldigen, kaum merklich die Achseln. Die kleinen, scharfen Augen sahen mich unverwandt an, während ich – die eine Socke am Fuß, die andere in der Hand – zu erraten suchte, was nun kommen würde.
    Alles, worum er bitte, sagte er leise, so leise jetzt, dass seine Stimme wie Musik klang, die schwach aus einer großen Konzerthalle auf die Straße dringt, alles, worum er bitte, sei dies: Ich möge ihm statt des Trinkgelds dreiunddreißigeindrittel Prozent meines auf Wooton erzielten Spielgewinns überlassen. Wenn ich verlöre, brauchte ich ihm nichts zu geben.
    Das kam alles so leise, so sanft und so plötzlich heraus, dass ich nicht einmal überrascht war.
    «Wird hier viel Karten gespielt, Jelks?»
    «Ja, Sir. Sehr viel.»
    «Finden Sie dreiunddreißigeindrittel nicht ein bisschen happig?»
    «Keineswegs, Sir.»
    «Wie wär’s mit zehn Prozent?»
    «Nein, Sir, darauf kann ich mich nicht einlassen.»
    Er betrachtete die Fingernägel seiner linken Hand und runzelte die Stirn.
    «Na, dann fünfzehn. In Ordnung?»
    «Dreiunddreißigeindrittel, Sir? Das ist nur recht und billig. Denn sehen Sie, Sir, ich weiß ja nicht einmal, ob Sie ein guter Spieler sind. Ohne persönlich werden zu wollen – ich setze auf ein Pferd, dass ich noch nie habe laufen sehen.»
    Zweifellos werden Sie jetzt denken, dass ich gar nicht erst hätte anfangen dürfen, mit dem Butler zu feilschen, und vielleicht haben Sie recht. Aber als liberal gesinnter Mensch bemühe ich mich immer, Angehörigen der unterenKlassen freundlich entgegenzukommen. Außerdem musste ich bei näherer Überlegung zugeben, dass dies ein faires Angebot war und dass kein Sportsmann das Recht hatte, es abzulehnen.
    «Also gut, Jelks. Wie Sie wollen.»
    «Danke, Sir.» Er steuerte auf die Tür zu, schob sich langsam seitwärts vor wie ein Krebs. Wieder zögerte er, eine Hand auf dem Türknopf. «Wenn Sie gestatten, Sir   … Dürfte ich Ihnen einen kleinen Rat geben?»
    «Na?»
    «Es ist nur, dass Ihre Ladyschaft dazu neigt, zu hoch zu reizen.»
    Nun,
das
ging wirklich zu weit. Ich war so verdutzt, dass ich meine Socke fallen ließ. Gewiss, es ist nichts dabei, wenn man wegen des Trinkgelds mit dem Butler ein kleines sportliches Abkommen trifft, aber wenn er mit Ratschlägen anfängt, wie man der Gastgeberin am besten das Geld abnehmen kann, dann ist es zweifellos Zeit, ihn in die Schranken zu weisen.
    «Danke, Jelks, das genügt.»
    «Sie verstehen mich hoffentlich nicht falsch, Sir. Ich meine nur, dass Sie bestimmt gegen Ihre Ladyschaft spielen. Sie hat

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