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...und noch ein Küsschen!

...und noch ein Küsschen!

Titel: ...und noch ein Küsschen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roald Dahl
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mir wirklich ein Rätsel   …»
    Jedenfalls verschickte ich die Einladungen, und nach einigen Tagen hatten alle – ausgenommen Mrs.   Cudbird und Sir Hubert Kaul, die beide verreist waren – mit Vergnügen zugesagt.
    Am Abend des zweiundzwanzigsten um halb neun warmein großer Salon voller Menschen. Sie standen herum, bewunderten die Bilder, tranken Martini und unterhielten sich mit lauter Stimme. Die Frauen rochen stark nach Parfum, die Männer hatten rosige Gesichter und steckten in stramm sitzenden Smokings. Janet de Pelagia trug dasselbe schwarze Kleid wie auf dem Bild, und sooft mein Blick auf sie fiel, sah ich (wie auf diesen albernen Witzzeichnungen) eine Blase über meinen Kopf schweben und darin Janet in ihrem schwarzen Büstenhalter, der Konstruktion aus rosa Gummigewebe, den Strumpfhaltern und mit den Jockeybeinen.
    Ich ging von Gruppe zu Gruppe, plauderte freundlich mit meinen Gästen und fing dabei so manchen Gesprächsfetzen auf. Mrs.   Galbally zum Beispiel erzählte Sir Eustace Piegrome und James Pisker von einem Mann, der gestern Abend im Claridge am Nebentisch gesessen hatte und dessen weißer Schnurrbart voll roter Lippenstiftflecke gewesen war. «Über und über beschmiert», wiederholte sie mehrmals. «Und der alte Knabe war mindestens neunzig   …» In einer anderen Ecke verbreitete sich Lady Girdlestone über Trüffeln, in Cognac gekocht, und Mrs.   Icely flüsterte, wie ich bemerkte, Lord Mulherrin etwas zu, während Seine Lordschaft, einem alten, kraftlosen Metronom nicht unähnlich, den Kopf langsam hin- und herpendeln ließ.
    Dann wurde zum Essen gebeten, und wir gingen ins Speisezimmer hinüber.
    «Du meine Güte!», riefen sie, als sie eintraten.
    «Wie dunkel und unheimlich!»
    «Ich kann kaum etwas sehen!»
    «Was für entzückende kleine Kerzen!»
    «O Lionel, wie romantisch!»
    In der Mitte der langen Tafel brannten Kerzen, sechs dünne Kerzen, jeweils sechzig Zentimeter voneinanderentfernt. Die kleinen Flammen verbreiteten auf dem Tisch ein schwaches Licht, ließen jedoch den übrigen Raum im Dunkeln. Es war ein reizendes Arrangement, und abgesehen von der Tatsache, dass es meinem Vorhaben zustatten kam, stellte es eine nette Abwechslung dar. Die Gäste hatten bald ihre Plätze gefunden, und das Mahl begann.
    Alle schienen sich über das Kerzenlicht zu freuen, und die Stimmung war ausgezeichnet. Merkwürdigerweise sprach jeder wegen der Dunkelheit lauter als gewöhnlich. Janet de Pelagias Stimme fiel mir besonders unangenehm auf. Sie saß neben Lord Mulherrin, und ich hörte, wie sie ihm von dem langweiligen Wochenende erzählte, das sie auf Cap Ferrat verbracht hatte. «Nichts als Franzosen», sagte sie immer wieder. «Weit und breit nichts als Franzosen   …»
    Ich beobachtete die Kerzen. Sie waren sehr dünn, und ich wusste, dass sie schnell herunterbrennen würden. Ich war, wie ich zugeben muss, recht nervös, zugleich aber fast trunken vor Heiterkeit und freudiger Erwartung. Jedes Mal, wenn ich Janets Stimme hörte oder im Kerzenlicht ihr von Schatten überspieltes Gesicht erblickte, zerbarst vor Aufregung ein kleiner Feuerball in meinem Innern, und ich fühlte, wie sich die Glut unter meiner Haut ausbreitete.
    Endlich – die Erdbeeren waren gerade serviert worden – hielt ich die Zeit für gekommen. Ich holte tief Luft und sagte mit lauter Stimme: «Leider werden wir jetzt wohl Licht machen müssen. Die Kerzen sind fast abgebrannt. Mary», rief ich dem Dienstmädchen zu. «Ach, Mary, drehen Sie bitte das Licht an, ja?»
    In dem Schweigen, das meiner Ankündigung folgte, hörte ich das Mädchen zur Tür gehen. Ein leises Klicken des Schalters, und der Raum war in strahlendes Licht getaucht.Alle schlossen die Augen, öffneten sie wieder und schauten um sich.
    Ich beeilte mich, von meinem Stuhl aufzustehen und das Zimmer unauffällig zu verlassen; aber als ich hinausging, wurde mir ein Anblick zuteil, den ich mein Leben lang nicht vergessen werde: Janet, die mit erhobenen Händen wie gelähmt dasaß, mitten in der Bewegung erstarrt, in einer Geste, die vermutlich jemandem auf der anderen Tischseite gegolten hatte. Ihr Mund war weit geöffnet, und sie hatte den überraschten, verständnislosen Blick eines Menschen, der vor genau einer Sekunde von einer Kugel ins Herz getroffen wurde.
    In der Diele blieb ich stehen und lauschte. Drinnen brach jetzt der Tumult los: schrille Schreie der Damen, empörte, ungläubige Ausrufe der Männer. Alle redeten durcheinander, sodass

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