Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und oben sitzt ein Rabe

Und oben sitzt ein Rabe

Titel: Und oben sitzt ein Rabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
Geschehnisse zu erhellen.«
    »Ah. Das Dunkel deines Geistes zur Umleitung der Justiz verwenden, willst du das schon wieder?«
    Baltasar zog eine seiner Zigarren aus einer Jackentasche und zündete sie umständlich an, ehe er antwortete. »Keiner versteht mich, und niemand hat mich lieb. Alle spotten meiner. Aber«, sagte er laut und energisch, »ich werde euch alle vor Scham erröten machen.«
    »Wir werden alle wegen deiner Scham erröten.«
    Matzbach stand auf. »Gut«, sagte er böse, »wenn du nicht willst, dann gehe ich jetzt.«
    Er setzte sich wieder. Hoff begann mit der Anfertigung einer weiteren Zigarette und schwieg beredt. Mit der ersten Rauchwolke blies er das Streichholz aus. Er schob durch heftige Mundbewegungen die Zigarette in die Mitte seines Gesichts und klemmte sie dabei in einer Weise zwischen Unter- und Oberlippe ein, daß sie am Ende des Transportverfahrens aufwärts zeigte, den Glutkegel kaum zwei Millimeter von der Nasenspitze entfernt.
    »Baltasar, Baltasar«, sagte er dann, »du dauerst mich. Erleichtere deine Seele und sprich!«
    Mit knappen Worten berichtete Matzbach ihm von den Vorfallen, die zu Goldbergs Verhaftung geführt hatten, sowie von seinen bisherigen Taten.
    Hoff lauschte stumm. Schließlich lehnte er sich zurück und kicherte. »Und so zieht der Held in den Kampf.«
    Matzbach zog den Inhalt seiner Nase hoch. »Ja, um durch heftiges Bewegen meiner Arme eine Wirksamkeit anzudeuten, die jener der bürokratischen Windmühlen ähnlich ist.«
    »Und was soll ich dabei tun?«
    Baltasar runzelte die Stirn. »Helfen, Informationen sammeln, dumme Vorschläge machen, dich in Kneipen umhören und so weiter.«
    Hoff nickte langsam. »Hab ich mir gedacht. Sind deine Helfer vom letzten Mal noch so gestreßt, daß sie diesmal keine Lust haben?«
    »Alle haben irgendeine dumme Ausrede oder gehen nicht ans Telefon oder sonst was.«
    »Kann man ihnen das verdenken?«
    Baltasar grinste. »Nein. Also, wie steht's mit dir?«
    Hoff überlegte.
    »Also, eigentlich müßt ich ja in den nächsten Tagen mindestens vier Dutzend Bewerbungen schreiben.«
    »Die Absagen werden auch ohne dein Zutun kommen. Du bist für jede qualifizierte Arbeit in einem so hohen Maße ungeeignet, daß alle größeren Körperschaften dieser Republik dich an erster Stelle auf ihrer Ablehnungsliste führen.«
    Hoff warf mit einem alten Brötchen nach Matzbach. »Volleyballtrainer«, sagte er nachdenklich, »könnte ich natürlich auch werden ... Im Ernst, Baltasar: Du weißt, daß ich seit sechs Monaten kein Arbeitslosengeld mehr bekomme, Unterstützung würden sie sich von meinem Vater zurückholen, und das will ich nicht. Ich hab keinen Pfennig mehr und muß mir dringend etwas suchen, egal was. Tagsüber Bewerbungen schreiben, abends Bierzapfen oder so. Wenn ich in Kneipen was für dich rauskriegen sollte – ich könnte mir im Moment nicht mal 'n Bier leisten ...« Er schwieg und begann, während er noch paffte, eine weitere Zigarette zu drehen.
    Baltasar blickte an die Decke. »Soll ich dir was pumpen?«
    Hoff musterte interessiert seinen Kühlschrank, als sei dieser eben zur Tür hereingekommen. »Nee, das ist lieb, aber ich wüßte nicht, ob oder wann ich's zurückgeben kann ...«
    »Eigentlich«, sagte Baltasar nachdenklich und nebenhin, »brauche ich für ein paar Tage eine Mischung aus Fahrer und Sekretär. Kannst du tippen?«
    Mit diesem Vorwand einigten sie sich, nachdem Hoff sich noch eine Weile geweigert hatte, bis Baltasar schließlich grob sagte: »Stell dich nicht so an. Ich setz dich als Bestechungsgeld oder Geschäftsunkosten ab.«
    Danach zog er einige Blätter aus der Innentasche seiner Jacke. »Ist dein Telefon schon gesperrt?«
    »Noch nicht, kann aber nur noch ein paar Tage dauern.«
    Baltasar entfaltete die Blätter, legte sie auf den Tisch und strich sie glatt. Dann zog er einen Kugelschreiber aus der Brusttasche seines Hemdes. »Hier habe ich vier Telefonnummern, Namen und Adressen, und einen Namen ohne sonstige Informationen. Hier« – er wies auf den anderen Zettel – »habe ich sieben Telefonnummern. Vier, und zwar diese, jene, solche und welche, stehen auch auf dem anderen Blatt. Das ist beruhigend. Jetzt möchte ich mit Hilfe deines ungesperrten Telefons feststellen, wer sich hinter den anderen Nummern versteckt.«
    Hoff stand auf, ging nach nebenan und kam mit dem Apparat zurück, der ein langes Kabel hatte. »Hier, versuch dein Glück.«
    Baltasar bohrte seinen dicken Zeigefinger in die Löcher

Weitere Kostenlose Bücher