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Und oben sitzt ein Rabe

Und oben sitzt ein Rabe

Titel: Und oben sitzt ein Rabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Himmel und Erde.«
    Gebratene Blutwurst, Kartoffelpüree und Apfelkompott untereinander, in Zusammenarbeit mit dem Riesling, beanspruchten seinen Gaumen derart, daß er hinterher sofort zu einer Zigarre greifen mußte, um wieder zu sich zu kommen.
    Großvater Goldberg stopfte eine alte stinkende Pfeife mit altem stinkenden Tabak, blies eine übelriechende Wolke in Richtung Poe und lehnte sich zurück.
    »Berichten!«
    Baltasar paffte noch einige Sekunden, dann nahm er die Zigarre aus dem Mund. »Tja, was soll ich berichten? Ich bin gefahren, kreuz und quer. Immer wenn ich das Gefühl hatte, links könnte ein schönes Tal sein, oder vielleicht würde der häßliche Kirchturm mir zuliebe einstürzen, wenn ich nur nah genug an ihm vorbeiführe, immer dann bin ich abgebogen. Ich habe die Tankstellen nicht gezählt, an denen ich gehalten habe. Irgendwann gegen sechs wurde der Rabe unruhig. Ich dachte, er müßte vielleicht mal, und weil ich keine Lust hatte, ihm wieder meine Brusttasche zu reichen, habe ich angehalten. Aber er wollte nicht raus. Ich bin also weitergefahren, und siehe da, hinter der nächsten Kurve war eine Tankstelle.« Baltasar musterte den immer noch mampfenden Vogel. »Hat er sich verdient«, sagte er. »Ich habe dann an der Tankstelle gehalten, und Poe ist rausgeschossen, kaum daß ich die Tür geöffnet hatte. Der Tankstellenpächter kam an und grinste. ›Sie mit Ihrem komischen Vieh schon wieder?‹ sagte er, bevor er mein Gesicht gesehen hatte. Dann hat er mich ein wenig befremdet gemustert. Ich habe ihm erklärt, daß ich Wagen und Vogel nur leihweise besäße, und ihn dann gefragt, wann er die beiden zuletzt gesehen hätte.«
    Goldberg beugte sich vor. »Na, und wann?«
    Baltasar verschränkte die Arme vor der Brust. »Na, wann wohl! Ich als Universaldilettant bin darauf angewiesen, daß die unwahrscheinlichen Zufälle immer mit mir sind und nie gegen mich.« Er zog einen Zettel aus der Innentasche seiner weiträumigen Wildlederjacke und schob ihn dem Großvater hin.
    Goldberg las. » ›Der unterzeichnende Dingsbums, Pächter der Tankstelle und so weiter, bestätigt hiermit, am Morgen des vergangenen Donnerstag, Datum, gegen 7 Uhr 30 den Wagen mit Kennzeichen XYZ mit Diesel vollgetankt zu haben. Er erinnert sich genau an eine birnenförmige Delle am hinteren rechten Kotflügel und daran, daß der Fahrer dieses Wagens einen Raben bei sich hatte. Beschreibung des Fahrers ...‹ Klar, eindeutig Andreas.«
    Goldberg faltete den Zettel säuberlich zusammen, strich den Falz mit dem Daumennagel glatt; dann reichte er Baltasar das Papier mit spitzen Fingern. Als Baltasar es wieder an sich genommen hatte, blickte der alte Mann ihm in die Augen und streckte die rechte Hand aus, die Matzbach drückte.
    »Baltasar«, sagte Goldberg halblaut, »ich danke Ihnen.«
    »Großvater«, sagte Baltasar sanft, »nichtsnutzige Enkel prachtvoller Ahnen sollte man unterstützen, um die Trauer von ehrwürdigen Häuptern fernzuhalten.«
    Dann lehnte er sich wieder zurück. »Allerdings gebe ich zu, daß der Rabe einen wichtigen Teil zu verantworten hat. Ich weiß nicht, ob die birnenförmige Delle allein genügt hätte.«
    Er machte eine Pause und murmelte dann nachdenklich: »Stellt sich die Frage: Was mach ich jetzt?«
    Goldberg musterte ihn aufmerksam. »Wieso? Was wollen Sie denn jetzt noch machen?«
    Baltasar stützte die Ellenbogen auf den Tisch und zündete seine erloschene Zigarre wieder an. »Na ja, ich hatte mich auf eine verwickelte Affäre gefreut, und jetzt ist alles so einfach. Oder auch nicht. Es ist zwar klar, daß Ihr Enkel nicht der böse Bube ist, aber irgendwer muß ja die beiden Liebenden umgenietet haben. Warum soll ich denn der Polizei den Rest überlassen, nachdem ich einmal angefangen habe? Das könnte meinem lieben Freund Ziegler so passen, pah.«
    Goldberg schüttelte den Kopf. »Versteh ich nicht. Wer ist Ziegler?«
    »Ein gelegentlich unfreundlicher Hauptkommissar der Bonner Kripo, mit dem ich schon einmal das Vergnügen hatte. Haben Sie ihn nicht kennengelernt?«
    »Nein. Hat wahrscheinlich einen Untergebenen zu mir geschickt. Was wollen Sie tun?«
    Matzbach rümpfte die Nase. »Es kommt ohnehin nichts Zählbares in bar dabei heraus, also kann ich doch gleich versuchen festzustellen, wer wirklich was und warum und wie getan hat, oder?«
    Goldberg grinste. »Sie haben sonst nichts zu tun?«
    »Doch, aber für ein bißchen Aufregung sollte man sich immer Zeit nehmen.«
    Poe segelte mit trägen

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