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Und oben sitzt ein Rabe

Und oben sitzt ein Rabe

Titel: Und oben sitzt ein Rabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Kerlchen mir zusammengestellt haben. Unter anderem die Liste der Leistungen des Eduard Stücker.«
    Er lehnte sich zurück, schob den Frühstücksteller von sich und zündete eine Morgenzigarre an.
    »In dieser Liste findet sich ein Gutachten auch zum Thema des Godesberger Leitungswassers. Ich muß weiter ausholen.«
    Er blies einen Rauchring an die Decke und kniff die Augen zusammen.
    »Also: In den sechziger Jahren wurde die Godesberger Satellitenstadt Heiderhof konzipiert, du kennst die ja, auf der Höhe im Süden. Dazu wurden mehrere Gutachten angefertigt, von Geographen, Geologen, Hydrologen und ich weiß nicht was für Logenbrüdern sonst noch. Im Prinzip gab es zwei gegensätzliche Meinungen. Die einen sagten, das ist alles Quatsch, weil der Boden sehr wasserhaltig ist, zum größten Teil aus Kies besteht, zwei Grundwasserspiegel oder wie das heißen mag hat und so weiter. Das heißt, wenn man baut, wird man erstens Schwierigkeiten mit den Häusern bekommen, weil die auf dem nassen Kiesuntergrund nicht sehr hoch und schwer sein können, sonst sacken sie ab. Also darf man auch keine tiefen Keller anlegen. Zweitens wird man beim Bau der Zufahrtstraße mindestens einen, wenn nicht beide Grundwasserschichten anschneiden – die Straße ist ja am Hang hochgezogen worden, und dafür mußte einiges Erdreich bewegt werden.«
    Ariane runzelte die Brauen. »Gegen frisches Grundwasser ist doch nichts zu sagen. Das kann man doch prachtvoll trinken, oder?«
    »Ja, natürlich, aber das kommt gleich. Die anderen Gutachter sagten, es werde keine Probleme geben. Zu diesen gehörte Stücker. Nun gut. Dann wurde also das Projekt gestartet. Es stellte sich heraus, daß die Warner recht behielten. Auf dem Heiderhof stehen viele Häuser, die nur einen Meter oder noch weniger Fundament und Keller besitzen, und beim Bau der Straße schoß kristallklares Grundwasser in die Stadt. Was hat man damit gemacht?«
    Ariane verzog das Gesicht. »Und ich habe einen Wasserfilter«, sagte sie düster.
    Baltasar klopfte auf den Tisch. »Genau. Prächtiges, sauberes, leckeres Grundwasser; was sollte man damit machen? Auch hierzu wurden in aller Eile Gutachten eingeholt, weil man ja nichts offensichtlich Sinnvolles tun kann, solange es nicht von Gutachtern befürwortet wird. Wieder war Stücker beteiligt. Er schlug vor, die Kanalisation auszubauen und das Grundwasser in den Rhein zu leiten. So wurde es gemacht. Man hätte es natürlich in die Trinkwasserversorgung leiten können, aber das wäre ja zu offensichtlich gewesen. Deshalb hast du dir einen Wasserfilter kaufen müssen. Die Industrie, übrigens, nicht nur hier, sondern überall, zapft nach wie vor Grundwasser ab und benutzt es zum Kühlen und Reinigen. Unser Trinkwasser kommt nicht daher. Als Einwohner Bonns wußte ich natürlich bisher nichts davon, denn das Bonner Wasser ist ganz trinkbar; es kommt aus einer Talsperre.«
    Ariane nickte. Erbost sagte sie: »Eigentlich ist es eine Sauerei. Aber was ich nicht verstehe: Wieso bringst du Stücker immer wieder ins Gespräch? Ich meine, es spricht nicht für ihn, daß er diese Gutachten gemacht hat, aber was hat das mit deinem Mord zu tun?«
    Baltasar hob hilflos die Schultern. »Verehrteste«, sagte er, »nichts. Es gibt nur eine ganze Serie solcher Gutachten und Projektentwürfe aus seinem Bleistift.«
    Sie faltete die Hände hinter dem Kopf. »Was hat er denn noch befürwortet?«
    »Oh, vieles, und zwar reichlich. Zum Beispiel den U-Bahn-Bau und die Verwüstung der Bonner City, du weißt schon, den Abriß der alten Häuser vor dem Bahnhof und den Bau dieser monströsen Gips- und Betontürme. Dann eine völlig absurde Sache: den City-Umbau in Godesberg. Kalkuliert in den sechziger Jahren, als Godesberg noch das Einkaufszentrum für das gesamte Hinterland war. Damals hat er, neben anderen, vorgeschlagen, zu Füßen der Godesburg ein Geschäftsviertel mit Supermärkten und allem Kiki aufzuziehen. Das ist ja inzwischen gebaut worden, nur fahren die Leute aus dem Ländchen schon längst nach Bonn. Alles, was dabei herausgekommen ist, sind also Betonmonster mit irrsinnigen Mieten und pausenlos Pleiten. Ein besonders schönes Gutachten hat er auch zum Bau der rechtsrheinischen Autobahn abgeliefert.«
    Baltasar legte die Zigarre weg und kratzte sich; der Kimono warf wilde Wellen.
    »In Ramersdorf steht die älteste Ritterkommende auf deutschem Boden. Die anderen sind entweder im verlorenen Osten oder in Palästina oder so. Da das Land ohnehin dem

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