Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und oben sitzt ein Rabe

Und oben sitzt ein Rabe

Titel: Und oben sitzt ein Rabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
wesentlich weniger freundlich, »nun wollen wir mal zur Sache kommen.«
    Baltasar hob die Hand. »Moment, Verehrtester, wie war das mit dem Kaffee?«
    Ziegler fletschte die Zähne, wandte den Kopf zur Tür, hinter der seine Assistenten und Sekretärinnen saßen, und brüllte »Kaffee!«
    Dann wandte er sich wieder zu Matzbach. »Ich hatte bisher nicht die Freude, wie im letzten Jahr von Ihnen mit haltlosen Verdächtigungen, telefonischen Verhaltensvorschlägen und ähnlichem Schwachsinn behelligt zu werden. Ich ersehe daraus, daß Sie nichts wissen, und das macht mich froh.«
    Baltasar grinste. »Ziegler, Ziegler, zwischen uns wird nach und nach eine enge Freundschaft wachsen, ich sehe das klar vor mir, und mir graut. – Hatte ich letztes Jahr vielleicht unrecht?«
    Ziegler brauchte nicht zu antworten, denn in diesem Moment brachte eine junge Dame zwei Tassen Kaffee herein. Sie lächelte Matzbach zu und ging wieder hinaus. Ziegler spielte mit einem Bleistift.
    »Es ist richtig«, gab er zu, »daß Sie im vorigen Jahr auf kriminellen Wegen zu einem Punkt gelangt sind, an dem ich früher oder später auch angekommen wäre. Soweit will ich Ihnen nicht widersprechen. Aber diesmal?«
    »Nun ja«, sagte Baltasar. »Wer hat den Tankwart gefunden?«
    Ziegler nickte. »Was Sie nicht wissen können: Eine Stunde bevor Korff mit Ihrem Alibi-Zettel auftauchte, hat ein Beamter den gleichen Tankwart ausfindig gemacht und von ihm erfahren, daß Sie schon dagewesen waren.« Ziegler lehnte sich zurück; mit dem Ausdruck satter Zufriedenheit nahm er einen Schluck Kaffee.
    »Sie sehen also, nicht alles, was Sie tun, ist von einzigartiger Qualität. – Danach habe ich die Anwälte aufgesucht und festgestellt, daß Sie auch dort schon gewesen waren. Und daß Sie sich Namen und Telefonnummern notiert hatten.« Ziegler zog eine Schreibtischschublade auf, entnahm ihr mehrere Blatt Papier und überflog sie. Schließlich legte er alle Blätter bis auf eines zurück, schob die Lade zu und musterte Matzbach.
    »Roland Vorwaldt«, las er vor, »laut Auskunft der bolivianischen Behörden seit dem 28. September wieder in La Paz, hat seitdem das Land nicht verlassen.«
    Matzbach lächelte. »Ich danke Ihnen, lieber Freund, für diese Mitteilung. Ich muß zugeben, ich hatte Probleme, diese Auskunft zu erhalten, und meine Gewährsleute sind nicht unbedingt zuverlässig. Sie, lieber Ziegler, bestätigen mir, was ich für nicht ganz gesichert halten mußte.«
    Ziegler nahm die unverschämte Lüge gelassen hin. »Hermann Albring«, las er weiter, »reiste in der Woche des Mordes als Berichterstatter mit einer Parlamentarierdelegation nach Marokko. Kollegen und Delegationsmitglieder versichern, daß sie ihn am bewußten Donnerstag morgens in, wie heißt das, Oudjda gesehen haben.«
    Baltasar nickte. »Ich weiß. Einer seiner mitreisenden Kollegen hat es mir vor einiger Zeit erzählt.«
    Ziegler grunzte und trank noch ein wenig Kaffee. »Lorenz Fricke war an jenem Donnerstag um halb acht morgens im Ministerium. Um fünf nach halb acht hat er von seinem Schreibtisch aus mit einem Beamten in einem anderen Flügel telefoniert.«
    Matzbach runzelte die Stirn. »Ich nehme an. Sie haben das nachgeprüft?«
    Ziegler zog die Mundwinkel nach unten. »Was denken Sie von uns? Der andere Beamte hat ihn angerufen. Fricke hat weder von außerhalb telefoniert, noch hat ein anderer ihm seine Stimme geliehen.«
    Matzbach nickte. »Immerhin«, sagte er nachdenklich, »wenn Fricke um sieben Uhr seine Wohnung verlassen hat, mit einem Taxi in die Nordstadt gefahren ist, dort Naumann und Frau Goldberg erschossen hat und mit einem weiteren Taxi ins Ministerium gefahren ist, kann er trotz allem dort gegen halb acht eingetroffen sein.«
    Ziegler nickte. »Ja«, gab er zu, mit einem sarkastischen Unterton in der Stimme, »das kann er durchaus. So war es aber nicht. Er hat sich, wie jeden Morgen, mit dem Bus zum Ministerium begeben, und ein Kollege, der die gleiche Strecke fährt, hat bestätigt, daß Fricke eingestiegen ist. Er erinnert sich, daß er sich mit Fricke über ein am Mittwoch ausgestrahltes Fernsehstück unterhalten hat.«
    Baltasar verbarg seine Enttäuschung. »Was hat er denn in der folgenden Woche in der Rhön gemacht?«
    Ziegler grinste höhnisch. »Ich weiß, daß Sie ihn, hah, beschattet haben, zusammen mit Ihrem merkwürdigen Freund Hoff. Was haben Sie sich denn gedacht, warum er in die Rhön fährt?«
    »Was weiß ich? Vielleicht, um einen Kontaktmann aus dem

Weitere Kostenlose Bücher