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Und oben sitzt ein Rabe

Und oben sitzt ein Rabe

Titel: Und oben sitzt ein Rabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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in jenem Orte?«
    Also liefen sie die letzte für sie erreichbare Autobahnraststätte an, tranken Kaffee, alberten mit dem Raben herum, der die verschlafene Bedienung terrorisierte, und spielten Skat.
    Im Morgengrauen, kurz vor dem Ziel, klopfte Goldberg auf Matzbachs Schulter. Inzwischen steuerte Baltasar sein Gefährt und die Geschicke der Insassen.
    »Was werden wir jetzt eigentlich machen? Und fändest du es nicht an der Zeit, uns endlich zu erzählen, wie das alles zusammenhängt?«
    Baltasar starrte in den düsteren Morgen jenseits der Windschutzscheibe. »Wir werden uns vorsichtig umschauen. Was die Zusammenhänge angeht, weiß ich selbst noch nicht alles; deshalb ziehe ich es vor, mich in kühles Schweigen zu hüllen.«
    Er tat das dann doch nicht, sondern gab ihnen in kühner Zusammenfassung einen Überblick über alles, was er sich inzwischen zusammengereimt hatte, wobei er einige wichtige Dinge ausließ und andere, die er nur vermutete, ebenfalls verschwieg. Er kam auch nicht dazu, langwierige Erörterungen anzustellen, denn sie erreichten das Ziel ihrer Fahrt. Baltasar hielt an einer Tankstelle im letzten größeren Ort vor St. Peter-Ording und erstand nach dem Volltanken einige detaillierte Straßenkarten, soweit solche vorhanden waren.
    Nachdem er sich nach Studium der Karten für eine der mehreren möglichen Zufahrten entschieden hatte, steuerte er den Ortsteil Ording an, in dem Stückers Villa lag und in dem sich auch Laurens Büro befand. Er lenkte den Wagen über Brösum in einem kleinen Nordschwenk eine Straße entlang, die die nordöstlichen Ausläufer von Ording knapp hinter dem Deich erreichte.
    Ein müder, fröstelnder Polizist stoppte sie, als sie den Deich erreichten. Ein zweiter stand nicht weit entfernt neben einem halbverborgenen Polizeiwagen.
    »Aha«, murmelte Baltasar. »Feuerschutz. Es hat sich schon was getan.«
    Der Beamte bat um Zulassungspapiere und Ausweise. Bei dem Namen Matzbach in Baltasars Ausweis stutzte er. »Ah ja«, sagte er, »Herr Matzbach; Sie werden schon erwartet. Sie möchten sich bitte sofort in Sankt Peter auf der Wache melden.« Er klappte die Ausweise wieder zu und reichte sie Baltasar zurück.
    »Wie komme ich da hin?«
    Der Beamte wies nach Westen. »Wenn Sie da entlang fahren, kommen Sie nach ungefähr einem halben Kilometer an eine Kreuzung, von da ab ist es ausgeschildert.«
    Baltasar nickte dankend. »Wie oft muß ich mich noch ausweisen?«
    Der Beamte lächelte. »Nicht mehr. Wir haben die Zufahrten unter Kontrolle, keiner kommt raus oder rein. Aber drinnen können wir nicht auch noch jede Straße kontrollieren.«
    Er legte grüßend die Finger an den Schirm der Dienstmütze. Matzbach winkte, kurbelte das Fenster hoch und fuhr langsam an. Im Rückspiegel sah er, wie der Beamte dem anderen etwas zurief. Dieser griff daraufhin durch das geöffnete Fenster in den Polizeiwagen.
    Baltasar knurrte und bog in die Straße hinter dem Deich ein. Rechts und links lag noch einiges an Schnee, die Straße schien geräumt oder freigefahren, aber bei kurzem Bremsen stellte er fest, daß dünnes Eis auf der Decke lag. Der Wagen rutschte unangenehm, bevor er ihn abfangen konnte.
    »Was jetzt?«
    Baltasar zuckte die Schultern auf Hoffs Frage. »Mal sehen. Ich schätze, den Kollegen Lauren dürften sie schon haben, der müßte ja hier bekannt sein.«
    »Meinst du«, sagte Goldberg, »daß Stücker schon hier ist oder ob er sich's anders überlegt hat?«
    Baltasar wackelte mit dem Kopf. »Ich weiß nicht, was er hier noch erledigen will. Aber wenn es so wichtig ist, daß er nach allem, was in Bonn passiert ist, das Risiko auf sich nimmt, noch hierherzusausen, dann wird er bestimmt versuchen, die Sache durchzuziehen, was immer die Sache sein mag.«
    Entgegen den Anweisungen des Polizeibeamten steuerte er den Wagen nach Ording hinein. In diesem Wetter, zu dieser Tageszeit und im Winter war der Ortskern mit Strandzugang absolut trostlos; zum Glück standen zwischen den Betonkästen noch immer einige kleinere, schmucke oder prächtige Häuser, das trübe Auge zu laben. Baltasar entdeckte einen kleinen Laden mit Lebensmitteln, Sonnenölen und Campingausrüstung, der bereits geöffnet war.
    »Okay«, sagte er halblaut und lenkte den Wagen an den Bordstein. Hoff und Goldberg sahen zunächst einander, dann ihn an.
    »Was wird denn das nun?« sagte Henry.
    Baltasar zog die Handbremse und löste den Gurt. »Ich werde jetzt aussteigen, zwei oder drei Dinge kaufen und mir den Ort ansehen,

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