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Und oben sitzt ein Rabe

Und oben sitzt ein Rabe

Titel: Und oben sitzt ein Rabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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seufzte. »Ich räume die Wohnung auf, warte auf Interessenten beziehungsweise Nachmieter, versuche die Boutique zu verkaufen, füttere den Raben und langweile mich.«
    »Es geht los. Wollen Sie mitmachen?«
    Goldberg lachte. »Ernsthaft?« Er zögerte. »Ich glaube. Sie sind verrückt genug, was Verrücktes zu unternehmen. Gut. Einmal hab ich für nichts im Knast gesessen, dann kann ich genausogut versuchen, eine nachträgliche Begründung zu liefern. Außerdem schulde ich Irene noch was, posthum sozusagen.«
    »Bis gleich dann. Ich hol Sie ab. Haben Sie 'ne Waffe?«
    »Nur den Raben.«
    Baltasar lachte. »Okay, Kumpel, mitbringen. Da wir jetzt auf Gedeih und Verderb zusammenspielen müssen, schlag ich vor, wir lassen das Sie.«
    »Alles klar. Bis gleich, Baltasar. Ich sag Sarah Bescheid, daß sie sich heut abend nicht grämt.«
    »In Ordnung. Bis nachher. Halbe Stunde.«
    Danach rief Baltasar Ariane in ihrem Büro an, erzählte ihr kurz das Wichtigste und verabschiedete sich.
    Sie seufzte. »Fröhliches Gangsterfangen, du unmögliches Monstrum.«
    Er lächelte in die Muschel. »Wartest du auf mich?«
    Sie gluckste. »Ach, ich hab hier nur die ganze Pressearbeit dieses Industrieverbands zu machen, zu Hause eine freche Tochter zu beaufsichtigen und zu bekochen, und gelegentlich ein bißchen zu schlafen. Wenn ich noch Zeit finde, werde ich wohl ein paar Sekunden an dich denken und auf dich warten.«
    »So leb denn wohl, Feinsliebchen. Gedenke meiner, wenn du Nachrichten hörst.«
    »Fahr wohl, Drachentöter«, sagte sie, und es klang gar nicht spöttisch, eher traurig. Als wollte sie dabeisein.
    So begann die letzte Runde. Ziegler war nicht zu erreichen; Matzbach hinterließ Grüße und den Hinweis, der betreffende Herr sei ausgeflogen, vermutlich Richtung St. Peter-Ording. Dann empfahl er sich.

4. Kapitel
    Ist das ganz sicher mit St. Peter-Ording?«
    Matzbach stützte sich auf die Kante des wuchtigen Schreibtischs in Stückers Büro. Sein Blick schweifte zum offenstehenden Safe, zum Fenster, dann wieder zurück zu den Umstehenden. Goldberg, der gerade erst mit ihm angekommen war, hielt sich zurück, desgleichen, ausnahmsweise, der Rabe auf seiner Schulter. Hoff redete heftig gestikulierend auf Eva ein, der etwas nicht zu gefallen schien, nach der Miene zu urteilen, die sie aufgesetzt hatte. Die ältere Dame, die während der Mittagspause die Stellung gehalten und inzwischen, von Hoff aufgehetzt, alle möglichen Papiere herausgesucht hatte, nickte.
    »Ja. Kurz nachdem Herr Stücker fort war, rief Lauren noch einmal an, daher weiß ich bestimmt, daß es Lauren war. Er wollte Herrn Stücker sprechen, und zwar sagte er »Kann ich Stücker nochmal sprechen?‹ Als ich ihm sagte, Herr Stücker sei eben fortgefahren und ich wüßte nicht, wann er wiederkäme, murmelte er etwas vor sich hin. Ich bin nicht sicher, aber es klang so wie ›Hat es sehr eilig, wie?‹ Ich habe gefragt, ob ich etwas ausrichten könnte, und er meinte, das wäre nicht nötig, alles andere könnte er mit Stücker mündlich abmachen.«
    Matzbach runzelte die Stirn. »Ganz schön leichtsinnig, die Burschen«, sagte er. »Haben Sie Laurens Nummer?«
    Die Frau nickte.
    »Können Sie ihn mal eben anrufen, nur, um sicherzugehen, daß er tatsächlich von da oben aus angerufen hat und nicht von der Riviera?«
    »Was soll ich ihm sagen?«
    »Sagen Sie ihm, Stücker lasse ihm ausrichten, er solle sich beeilen.«
    Sie nickte und ging in ihr Zimmer. Matzbach ging hinterher, »vorsichtshalber«, wie er murmelte, sah ihr beim Wählen zu, bis er ob der Vorwahl sicher war, daß sie tatsächlich eine Nummer in Norddeutschland anrief, und lauschte, einige Meter zurückgezogen, dem Gespräch. Dieses war allerdings kurz. Sie legte bald wieder auf.
    »Laurens Sekretärin«, sagte sie, »sagt, er ist kurz aus dem Haus gegangen. Sie will es ihm ausrichten, wenn er wieder da ist.«
    Sie gingen in Stückers Raum zurück. Baltasar setzte sich auf die Schreibtischkante und musterte seine Mitstreiter.
    »Nun gut, er ist also da, und Stücker fährt wahrscheinlich zu ihm. Frage ist, was er da will.«
    Goldberg schlug vor: »Baden.« Er hielt eine Zeitung vom Tage hoch und las vor: »›Eine für Anfang Dezember ungewöhnliche Kältewelle ist über Norddeutschland hereingebrochen. An der schleswig-holsteinischen Nordseeküste gingen nach heftigen Polarwinden Schnee und Hagel nieder. Die meisten Strände sind vereist.‹ – Wir sollten uns warm anziehen. Außer Baltasar, der

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