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Und oben sitzt ein Rabe

Und oben sitzt ein Rabe

Titel: Und oben sitzt ein Rabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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taubes Gefühl in den Händen. »Durch meine kleinen grauen Zellen und Ihre Fehler und Leistungen.«
    Stücker verzog das Gesicht. »In der Eile sind Fehler. Was wissen Sie?«
    Baltasar grinste. »Bevor Sie auf den Gedanken kommen, mich mit Blei zu tätowieren, will ich Ihnen sagen, daß alles, was ich weiß, der Polizei schriftlich vorliegt. Sie wissen, nehme ich an, daß der Ort abgesperrt ist und Ihre Villa bewacht wird?«
    Stücker nickte. »Es würde nichts ändern, wenn ich beschlösse, Sie umzulegen. Aber wozu? Mir ist schon klar, daß Sie nicht ohne Rückendeckung auftauchen. Andererseits« – er blickte wieder auf die Uhr und grinste spöttisch – »können Sie mich nicht mehr aufhalten, und der arme alte Rentner Bensemeier, der manchmal mit dem Polizeichef Skat gespielt hat, wird ja wohl kaum von den Posten verdächtigt werden. Außerdem gibt es noch ein paar Entschlüpflöcher ...«
    Baltasar runzelte die Stirn. »Ich hätte mir denken sollen, daß Sie sich nicht mir zu Ehren verkleidet haben.«
    Stücker lachte. »Nein, selbst wenn ich mit Ihnen hier gerechnet hätte. Das war meine sichere zweite Persona, wenn Sie so wollen, und es hat nie jemand bemerkt, daß Bensemeier und der Villenbesitzer Stücker nie gleichzeitig in St. Peter-Ording waren. Übrigens hat auch Stücker mit dem Polizeichef Skat gespielt.«
    Baltasar musterte ihn finster. »Es ist noch vieles offen. Durch Ihre Eile haben Sie mich daran gehindert, in Frieden zu Ende zu forschen.«
    Stücker klopfte auf den Tisch. »Na schön, machen wir ein Quiz miteinander. Ich bin ein entgegenkommender Gastgeber, und es spielt ohnehin keine Rolle mehr. Also, wie haben Sie mich gefunden, und was haben Sie herausgekriegt?«
    Baltasar sog wieder an seinem Strohhalm und verbrühte sich die Zunge. Er fluchte leise.
    »Na ja«, sagte er dann, »sicher war ich erst in dem Moment, als Sie sich von mir haben bluffen lassen, in Sachen Geometrie. Es lebe die argentinische Literatur.«
    Stücker nickte versonnen. »Ja. War dumm von mir, aber einen Moment war ich wirklich unsicher. Sie werden jedoch zugeben müssen, daß es nicht schlecht gedacht war.«
    Baltasar grinste. »Ohne Ihre Eitelkeit fordern zu wollen: Es war gut. Hinterlassen Sie immer solche Spuren?«
    »Nicht immer. Nur bei den Projekten, die es wert sind. Sie werden zum Beispiel gelegentlich dort, wo ich zuständig war, unter hundert Säulen eine finden, die asymmetrisch ist, oder so. Aber lassen wir das. Weiter.«
    »Ja. Dann haben Sie mich reichlich durchsichtig aus dem Haus komplimentiert, mit Ihrer verheirateten Gespielin. Ich habe mich ein bißchen auf Posten gestellt und den Kistentransport beobachtet. Was ich nicht verstehe, ist Ihr Leichtsinn mit dem Wagen.«
    »Nicht meine Schuld. Ich hatte meine ... Freunde um einen neutralen Wagen gebeten, zur Sicherheit. Ich wußte zwar nicht, daß die Beziehungen zwischen uns und dem Wirt bekannt waren, aber man muß sich vorsehen. Jemand hat dann angeordnet, daß doch dieser Wagen genommen werden sollte. Ich habe fast das Gefühl, man wollte die Kontakte zur Kölner Gastronomie abbrechen und den deutschen Behörden einen Köder servieren. Egal. Schlecht war nur, daß ich mit Beobachtung rechnen mußte, von Ihnen oder von der Polizei, und daß damit meine Zeit knapp wurde.«
    Baltasar rümpfte die Nase. »Was war denn in den Kisten?«
    »Papiere und ungefähr eine Million Mark in bar.«
    Baltasar pfiff durch die Zähne und rechnete. »Das macht ungefähr eine Viertelmillion in Rubel, eh?«
    »Gilt aber nicht. Ich habe mir durch wichtige Dienste einige Gegenleistungen des Vaterlands aller Werktätigen erworben. Dazu gehört eine Pension, und außerdem wird alles eins zu eins eingetauscht. Immerhin ist eine Million in harten Devisen nicht unwichtig. Das alles wird reichen, um ein paar Jahre in der Mongolei Bergziegen zu jagen. Und in Sibirien zu angeln. Ein ruhiges, beschauliches Dasein mit Bewegung und Lektüre. Natürlich sind die Reisemöglichkeiten begrenzt. Aber Kuba und Angola sind auch nicht zu verachten.«
    »So ungefähr habe ich mir das gedacht. Wie gesagt, wichtig war Ihr Fehler bei meinem Geometriebluff. Danach fiel mir ein, was Sie in Köln so alles verzapft haben. Zusammen mit den Unterlagen über Ihre Arbeit ergab das ein völlig idiotisches Bild. Bis ich auf den Gedanken kam, alles aus einem ganz anderen Winkel zu sehen.«
    Stücker faltete die Hände und blickte ihn interessiert an. »Was haben Sie sich denn in Ihrem dicken Kopf

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