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Und plötzlich gehörst du ihm...

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Titel: Und plötzlich gehörst du ihm... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merel von Groningen
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anzurufen.« Mikes Schwester lächelte mir zu
und stieg ins Auto. Sie fuhren davon, und ich starrte ihnen verwundert
hinterher, bis sie in der Ferne verschwunden waren.
    Ich war immer noch ganz
durcheinander, als ich in Mikes Garten hinter dem Haus und durch die
Glasschiebetür hineinging. Zu meinem großen Schrecken sah ich, dass das
Wohnzimmer fast völlig leer geräumt war, nur noch die Couchgarnitur und der
Fernsehapparat waren da. Ich ging die Treppe hinauf, um nachzuschauen, was da
oben geschah, denn dort war der Nachbar heftig zugange. Zunächst blickte ich in
das Zimmer der älteren Kinder, das auch völlig leer war. Jetzt kapierte ich
überhaupt nichts mehr.
    Schnell lief ich zum anderen
Kinderzimmer, öffnete die Tür — auch hier stand nur noch das Bett. Wie betäubt
ging ich zur nächsten Tür, dorthin, wo Mikes und Karins Schlafzimmer sein
musste.
    Vorsichtig öffnete ich die Tür
und linste hinein. Ich entdeckte ein Doppelbett, neben dem sich auf beiden
Seiten eine Porzellanfigur mit einem Lampenschirm befand. Das war alles. Es
wirkte, als würde hier niemand mehr wohnen. Was war geschehen?
    »Die Lampen sind die einzigen
wertvollen Sachen, die er noch hat«, sagte der Nachbar, der plötzlich hinter
mir stand. Ich hatte ihn nicht kommen hören. Ich drehte mich zu ihm um und
fragte: »Kannst du mir vielleicht verraten, was hier los ist?«
    »Weißt du das denn nicht?«
    »Nein, ich weiß nur, dass es
wenig Gutes zu bedeuten hat«, erwiderte ich und setzte mich auf die Bettkante.
    »Mike liegt im Krankenhaus. Er
hat kräftig einen auf den Schädel bekommen.«
    »Wer hat das getan?«, fragte
ich entsetzt.
    »Das weiß man nicht«, sagte der
Nachbar. »Er war mit einem Freund im Jugendzentrum, und das endete in einer
Schlägerei. Bevor er wusste, wie ihm geschah, hatten ihn gleich mehrere Kerle
gleichzeitig gepackt. Wahrscheinlich hatten sie Angst, sonst hätte ihn doch
einer alleine angegriffen, oder? Jedenfalls hat er eine Gehirnerschütterung und kann noch von Glück sagen, dass
er so gut davongekommen ist.«
    »Aber weshalb sind dann die
Hunde weg?«
    »Wer soll sich denn um sie
kümmern? Für Mike ist das viel zu viel. Vier Hunde, das schafft er nicht«,
antwortete der Nachbar.
    »Ist Karin denn nicht da?«
    »Die ist nach Groningen
geflüchtet. Ich bin der Einzige, der weiß, wo sie ist, deshalb bringe ich auch
all ihre Sachen weg. Dann kann sie einen Schlussstrich ziehen, verstehst du?
Sie war einfach anders als Mike. Ehrlich gesagt, sie war einfach zu normal, zu
bürgerlich. Tja, mit einem Menschen zusammenzuleben, der so anders ist, das ist
schwer. Sie glaubte, ihn ändern zu können, aber er ist und bleibt nun mal ein
alter Gauner.«
    »Wann ist sie gegangen?«
    »An dem Abend, bevor er
vermöbelt wurde. Er meinte, er könnte seinen Kummer vergessen, wenn er einen
Zug durch die Gemeinde macht, und das endete dann so.«
    »Sie hat wirklich alles
mitgenommen«, sagte ich, während ich mich umschaute. »Er hat alles verloren:
seine Möbel, seine Freundin... und wo sind die Kinder?«
    »Bei der Mutter«, sagte der
Nachbar.
    Armer Mike, dachte ich. Ich
muss so schnell wie möglich zu ihm und ihm klarmachen, dass er wenigstens mich
noch hat, auch wenn er nicht weiß, dass ich nicht mehr zu Hause wohne. Ich
schaute den Nachbarn an: »In welchem Krankenhaus liegt er?«
    »Willst du ihn etwa besuchen?«,
fragte er. Ich nickte.
    »Mädchen, Mädchen, an deiner
Stelle würde ich dafür sorgen, dass du nie etwas mit ihm zu tun bekommst. Glaub
mir, das ist wirklich kein einfacher Bursche.«
    »Ja, wenn jeder so denkt, dann
bleibt ihm niemand.« Empört lief ich nach unten. »Ich finde es schon selbst,
herzlichen Dank!«

 
     
     
    N achdem ich mich eine
Viertelstunde wie wild auf dem Fahrrad abgestrampelt hatte, erreichte ich das
Krankenhaus. Die großen Schiebetüren gingen auf, und ich trat ein. Auf der
rechten Seite der Halle befand sich ein Informationsschalter, und in der Mitte
der Halle hing ein großes Schild, auf dem die Namen und dazugehörigen
Abkürzungen der Abteilungen standen. Links waren zwei Aufzüge, und hinten in
der Halle sah ich einen großen Raum mit Stühlen und Tischen vor einer kleinen
Theke, wo man etwas zu trinken bestellen konnte. Allerdings hing der Raum so
voll Zigarettenqualm, dass man nicht viel erkennen konnte.
    Ich wollte gerade zum
Informationsschalter gehen, um mich nach Mike zu erkundigen, als ich seine
Stimme hörte. Sie kam aus dem Raum, in dem der Zigarettenqualm

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