Und plötzlich gehörst du ihm...
denke schon«, sagte ich,
stand auf und ging zur Tür. Kelly zog ihre Jacke an, und wir fuhren los.
Als wir in Mikes Straße
einbogen, blickte sich Kelly um.
»Was suchst du?«, fragte ich.
»Ach, nichts. Ich wollte nur
sehen, ob hier irgendwo Eriks Auto steht.«
Ich musste lachen. »Nee, der
liegt noch in seinem Bett«, sagte ich, während ich um das Haus lief. Als ich
die Schiebetür öffnete, sah ich einen Mann und eine Frau auf dem Sofa sitzen.
»Das ist Barbara, Mikes
Exfrau«, meinte Kelly, die inzwischen hinter mir stand.
»Und der Mann?«, fragte ich.
»Ihr Zuhälter, schätze ich«,
sagte Kelly.
Überrascht schaute ich mich zu
Kelly um. »Ihr Zuhälter?« Ich glaubte nicht richtig gehört zu haben. Mikes
Exfrau war eine Nutte! Deshalb also hatte Anne damals nicht gewollt, dass ich
mich nach seiner Exfrau erkundigte. Das war natürlich eine peinliche
Angelegenheit. Armer Mike!
Während wir da so rumstanden
und hineinspähten, kam Mike aus der Küche und sah uns draußen stehen. Er kam zu
uns und öffnete die Schiebetür. »Dachtet ihr, die Tür wäre abgeschlossen?«,
fragte er.
»Nein, Merel ist einfach zu
schwach, sie aufzukriegen, das weißt du doch«, sagte Kelly.
Ein Glück, dachte ich. Da hat
sie mir schön aus der Patsche geholfen.
Wir betraten das Zimmer und
nickten dem Pärchen auf dem Sofa unbeholfen zu.
»Dies sind Barbara und Ron«,
sagte Mike. Ich ging zu ihnen, um ihnen die Hand zu geben. Barbara stand auf.
Ich sah, dass sie nicht so viel älter war als ich. Vielleicht fünf Jahre, mehr
nicht. Sie hatte halblanges, lockiges dunkles Haar und trug große goldene
Ohrringe. Ihre schlanken Beine waren in enge Jeans gepresst, an den Füßen hatte
sie Pumps mit hohen Absätzen. Sie reichte mir die Hand und stellte sich vor.
Dann gab ich Ron die Hand,
wobei ich ihn mir heimlich genauer anschaute. Er war nicht sonderlich groß. Er
hatte Locken und trug jede Menge Goldschmuck.
»Möchtet ihr auch Kaffee?«,
fragte Mike, während wir uns auf das andere Sofa setzten.
»Ja, gern!«, antwortete Kelly
für uns beide. Mike ging in die Küche, und es wurde still im Zimmer.
Barbara brach den Bann und
fragte: »Bist du Mikes neue Freundin?«
»Eh, ja«, stammelte ich.
»Vielleicht nicht so, wie du meinst, aber...«
Mike unterbrach mich. Aus der
Küche rief er: »Klar ist sie mein Mädchen! In Merels Augen ist es platonisch,
aber das wird sich schon noch ändern, wenn sie so weit ist.«
Ich wusste nicht, wohin ich
schauen sollte, und mein Gesicht wurde puterrot. Kelly, Barbara und Ron brachen
in Lachen aus. Obwohl ich fürchterlich verlegen war, musste ich auch darüber
lachen, denn eigentlich hatte Mike Recht. Auch wenn wir keine sexuelle
Beziehung hatten, fand ich den Gedanken daran heimlich sehr spannend, gleichzeitig
hatte ich aber auch eine Heidenangst. Ständig ließ ich mir irgendwelche
Ausreden einfallen, die er bis jetzt auch schluckte. Aber wie lange noch?
Das Eis war schlagartig
gebrochen, und es wurde ein lustiger Nachmittag. Barbara redete viel über die
Kinder, die bei ihr lebten, seit Karin verschwunden war. Ron gab mit seinem
roten Sportwagen an, einem Jaguar mit weißen Ledersitzen. Ich wusste zwar
nicht, was ein Jaguar ist, aber dass er Eindruck schinden wollte, war mir
sofort klar.
Als wir später draußen bei
unseren Fahrrädern standen, sagte Kelly plötzlich, dass Ron vielleicht
versuchen würde, uns auf den Strich zu schicken. Ich schaute sie erschreckt an.
»Du machst Scherze«, sagte ich.
»Ich traue ihm nicht, und ich
meine es ernst«, sagte sie.
»Ach, du spinnst ja«, erwiderte
ich. »Glaubst du etwa wirklich, Mike würde sich das gefallen lassen?« Dann
wandte sie sich an mich. »Was hältst du übrigens davon, wenn ich heute Nacht
auch bei Paula schlafe? Dann bist du nicht so alleine, wenn du auf die Kinder
aufpassen musst.«
»Ja, das ist eine tolle Idee.
Sobald wir da sind, rufen wir deine Mutter an.«
Zusammen fuhren wir zu Paula.
Als wir im Bett lagen, sagte
Kelly, wie schade sie es gefunden hätte, dass Erik heute nicht bei Mike
vorbeigekommen sei.
»Kelly, stell dir vor, es gibt
auch noch Menschen, die tagsüber arbeiten müssen«, versuchte ich sie zu
beruhigen.
»Tja«, sagte sie, »vielleicht
ist er ja der einzig Normale unter all den Typen.«
»He, überleg dir, was du
sagst!«, schimpfte ich.
»Du wirst dich immer mehr
verlieben, nimm dich in Acht«, schoss sie zurück.
Ich antwortete nicht, aber in
meinem Herzen wusste ich, dass sie
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