Und ploetzlich sind sie 13
benutzt. Ein Raum, in dem ein Jugendlicher für sich sein kann, trägt zu einem guten Miteinander bei.
Unverzichtbar: Innerer Freiraum
Ebenso brauchen Jugendliche Raum für ihre Gefühle; schließlich sind sie berüchtigt für emotionale Wechselbäder. Sie drücken ihre Empfindungen eher durch ihr Benehmen aus als durch Erklärungen, sie müssen im Blick auf Kommunikation noch viel lernen und ein Großteil ihrer Energie wird benötigt, ihre Impulse zu steuern. Manchmal sind sie streitsüchtig und reizbar.
Die Launenhaftigkeit von Jugendlichen hat tatsächlich auch körperliche Gründe. Wie schon erwähnt ist eines der Hauptgebiete, wo im Gehirn Veränderungen stattfinden, der Stirnlappen, wo das logische und rationale Denken sowie die Impulshemmung stattfindet. Hirnforscher haben festgestellt: Wenn Erwachsene über Gefühle reden, findet die Gehirnaktivität in den Stirnlappen statt. Bei Teenagern werden Gefühle jedoch im Emotionszentrum (Amygdala) verarbeitet, das die furcht- und angstgeleiteten Verhaltensweisen steuert („Angriff oder Flucht“). Es ist kein Wunder, dass sich Jugendliche konstant auf einer emotionalen Achterbahn befinden!
Sind Sie als Eltern bereit, gemeinsam der Tendenz zu widerstehen, jede patzige Entgegnung zu beanstanden? Lassen Sie es zu, dass Ihre Teenager ihre Gefühle abreagieren? Die Familie ist der Ort, wo Kinder auch mal explodieren können und trotzdem geliebt und akzeptiert werden. Einer unserer Söhne hat es einmal so ausgedrückt: „Zu Hause ist der Platz, wo du dich auf den Kampf vorbereitest, aber nicht, wo du ihn kämpfst.“
In einer Elterngruppe berichtete eine Mutter folgende Situation:
„Gestern kam Alexander aus der Schule, knallte seine Schultasche auf den Küchentisch und schrie: ‚Dieser blöde Mathelehrer hat heute einfach eine Arbeit schreiben lassen und ich habe sie verhauen! Ich hasse ihn! Ich hasse die ganze Schule! Ich gehe überhaupt nicht mehr hin!‘
Nach unserem Gespräch neulich, dass nicht jede zugeknallte Tür und jeder Wutausbruch unbedingt korrigiert werden müssen, brachte ich es fertig, zu antworten: ‚Das klingt, als sei dein Tag heute eine totale Katastrophe gewesen.‘ Alexander sah mich total überrascht an. ‚Ja, war’s auch‘, sagte er nur.“
Die Gefühle unserer Kinder zu verstehen und zu versuchen, sie in Worte zu fassen, ist wohl der beste Weg, ihnen zu helfen, sich abzuregen. Vergessen Sie also alle Ratschläge, Predigten oder Ermahnungen und auch Ihre Sorgen und Befürchtungen und fassen Sie stattdessen in Worte, was Ihr Kind an Unsicherheit, Angst, Minderwertigkeitsgefühlen oder auch Freude, Stolz und Hoffnung empfindet. Damit helfen Sie ihm mehr als mit einer Liste guter Ratschläge.
Gestatten Sie Ihrem Kind den Luxus, Frust abladen zu dürfen. Ihre Beziehung verändert sich ja gerade in Richtung auf ein eher gleichwertiges, erwachsenes Miteinander. Das schließt auch ein, den Jugendlichen mehr Verantwortung für ihr eigenes Verhalten zuzugestehen. Und Eltern sind nicht mehr verpflichtet, jeden Fehler, den sie wahrnehmen, zu korrigieren.
Natürlich ist das ein Balanceakt. Es heißt nicht, dass unsere Kinder gewohnheitsmäßig mit den Türen knallen oder herummaulen dürfen, wo sie gehen und stehen. Wirklich respektloses Verhalten ist natürlich tabu. Meistens allerdings gehen Eltern zu streng mit ihren Kindern um, weil sie Angst haben, sonst völlig die Kontrolle zu verlieren. Das Ergebnis ist, dass Jugendliche nicht die Möglichkeit bekommen, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen.
„Ich habe jetzt kapiert“, sagte eine Mutter im Elternseminar, „dass ich nicht immer das letzte Wort haben muss. Mein Sohn darf ruhig empört den Raum verlassen und schimpfen, wie unfair ich sei. Das ändert ja nichts an meiner Position, aber es hilft ihm, seinen Ärger loszuwerden.“
Einmal war einer unserer Söhne in der Familie seines Freundes zu Gast, in der es mehrere Teenager gab. Anschließend sagte er: „Könnt ihr euch vorstellen, dass die Eltern von Mike überhaupt nie danach fragen, was er zu irgendeiner Sache denkt oder empfindet? Sie haben einfach ihren Standpunkt und sagen: ‚Das wird so gemacht. Keine Diskussionen!‘ Ich fände es schrecklich, wenn ich in der Familie leben müsste.“
Wir haben die Erfahrung gemacht: Der erste Schritt von einer hierarchischen, vertikalen zu einer horizontalen Eltern-Kind-Beziehung, zur freundschaftlichen Beziehung auf gleicher Ebene, besteht darin, dem Jugendlichen gefühlsmäßigen
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