...und plötzlich war alles ganz anders... (Kriminalromane) (German Edition)
es sah überhaupt nicht gut aus. Er würde vorsichtig sein müssen.
Vom ersten Augenblick an war ihm der glatte Kerl so unsympathisch, dass er sich wünschte er sei der Mörder seiner Schwester. Dann nämlich hätte er ihn sofort mit Hilfe der hiesigen Polizei verhaften lassen und nach München überstellen können. Seine Anwesenheit hätte er schon erklären können. Jan sein Freund würde ihm sicher aus der Patsche helfen. Allerdings standen die Chancen nur eins zu vier, dass er auch wirklich der Täter war und eins zu einer Million, dass er es aus dem Mann herausbekommen würde.
„Also...?“, Martelli sah ihn erwartungsvoll an.
„Na Sie haben es aber eilig“, sagte der Mann mit einem süffisanten Lächeln, für das Martelli ihm am liebsten eine Ohrfeige gegeben hätte.
„Darf denn die Münchner Kripo überhaupt in einem anderen Bundesland so ohne weiteres ermitteln?“, fragte er.
Amüsiert betrachtete er Martelli. Er hatte sofort die schwache Stelle seiner Position erkannt.
„Es ist nur ein informelles Gespräch Herr Micoliç. Ich befinde mich gerade auf einer Tagung hier in Hamburg und da habe ich mir gedacht, ich kürze den offiziellen Teil etwas ab.“
Martelli erhob sich: „Aber wenn Sie es wünschen, dann gehe ich auch wieder, ich werde die Ermittlungen dann ganz der Hamburger Polizei überlassen.“
„Aber nicht doch Herr Kommissar, jetzt da Sie schon einmal da sind, würde ich auch gerne wissen, in welcher Sache Sie ermitteln. Am Telefon haben Sie mir das ja nicht mitteilen wollen, aber da Sie den ganzen Weg aus München angereist sind, muss es schon etwas Wichtiges sein“, sagte Micoliç: „Also..., schießen Sie los!“.
Er ließ sich ihm gegenüber in einen weißen Ledersessel fallen und schlug lässig die Beine übereinander.
Martelli klappte den Deckel der dünnen Kladde auf und sagte ohne dem Mann in die Augen zu sehen, „es geht um den Fall Wagedorn !“
Der Mann stutzte. Für einen Moment hatte er sichtlich Mühe sich zu beherrschen: „Also das...“, stotterte er, „also das hätte ich jetzt am allerwenigsten erwartet.“
Dann sagte er vorschnell: „Aber das war doch vor vierundzwanzig Jahren. Dieser Vorfall in Reinberg, der ist doch längst verjährt.“
Martelli wäre auch ohne die Ergebnisse der DNA-Probe sofort klar gewesen; hier saß einer der Täter vor ihm!
Micoliç war anzumerken, dass diese Nachricht ihn aus dem Gleichgewicht warf.
Martelli grinste verächtlich: „Das scheint Ihnen ja noch mächtig präsent zu sein.“
Micoliç machte eine abwinkende Handbewegung und sagte: „W ie ich bereits sagte, das ist doch alles kalter Kaffee, alles verjährt, dass sich unsere teuer bezahlten Beamten mit so etwas beschäftigen?, das erstaunt mich doch schon sehr.“
„Wenn da nicht der Mord gewesen wäre“, ergänzte Martelli und sah den Mann ironisch an: „Als Anwalt ist Ihnen sicher bekannt, dass Mord nicht verjährt. Außerdem beabsichtige ich auch den restlichen zwei Tätern das Leben so schwer wie nur möglich zu machen. Verlassen Sie sich darauf, das wird auch für die kein Zuckerschlecken.“
„Was sehen Sie mich dabei so an?, ich habe doch nichts damit zu tun!“ Entrüstet lehnte sich Micoliç zurück und grinste den Kommissar frech an: „Ich habe damals schon der Polizei gesagt, dass ich damit nichts zu tun hatte. Wir hatten alle ein Alibi. Aber das müsste doch in den Akten stehen!?“
Der lächelte zurück und zog sein Ass aus dem Ärmel. Martellis Lächeln wandelte sich allmählich zu einem überlegenen Grinsen. Um die Wirkung seiner Mitteilung zu erhöhen machte er eine kleine Pause, beugte sich nach vorn und sagte mit drohendem Ton in der Stimme: „Wenn da nicht die DNA-Spuren wären.“
Das etwas feiste Grinsen des Anwalts zerfloss und machte einem unsicheren Erstaunen Platz: „DNA...“, sagte er und ließ verblüfft den Mund offen stehen: „Um welcher Art eine DNA könnte es sich denn dabei schon handeln!?“
Es sollte gelassen klingen, aber Martelli konnte die Nervosität des Anwalts spüren.
„Sie sollten doch aus Ihrer eigenen Praxis wissen, dass so eine Vergewaltigung Spuren hinterlässt. Spuren, die man damals 1971 noch nicht näher untersuchen konnte. Aber wir haben dazugelernt. Wenn Sie bitte so freundlich wären!?“
Er nahm aus seiner Jackentasche ein kleines Röhrchen, zog ein mit Watte umwickeltes Stäbchen hervor und tat so, als wolle er es Micoliç überreichen.
Der sträubte sich jedoch und wehrte mit beiden Händen
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