...und plötzlich war alles ganz anders... (Kriminalromane) (German Edition)
kreischte bei den letzten Worten. Er hatte endgültig die Fassung verloren.
„Aber Mario..., was hast du?“, wehrte Malte ab. Er konnte es einfach nicht fassen, dass sein Freund so mit ihm redete.
„Was ich habe..., was ich habe fragst du? Ja bist du denn so blöde oder tust du nur so! Du bist gerade drauf und dran mein Leben zu zerstören… und du Idiot fragst mich, was ich habe?“
„Ja aber...“, verwirrt lehnte Malte am Fenster und starrte seinen Freund aus traurigen Hundeaugen an: „Wir waren uns doch einig“, wimmerte er, „das hast du doch selbst gesagt Mario..., das hast du doch gesagt!“
„Nichts habe ich gesagt, du hast mich in die Ecke gedrängt. Mensch, verstehst du das denn nicht? Wenn du zu deinem dämlichen Pater Sebastian gehst, diesem Voodoo-Fuzzy in seinem lächerlichen schwarzen Anzug mit seinem dämlichen Beffchen, dann ist mein Leben im Eimer!“ An das Leben seiner anderen drei Freunde dachte er dabei im Augenblick weniger.
Malte sackte förmlich in sich zusammen. Das war alles zu viel für ihn. In den wenigen vergangenen Sekunden war eine Welt für ihn zusammengebrochen und das konnte er nicht begreifen. Er drehte sich mit dem Gesicht in den Fahrtwind. Er konnte es nicht ertragen, dass sein Freund ihn weinen sah. Und zum ersten Mal seit er Mario kannte, schämte er sich seiner Gefühle, besonders aber seiner Tränen. Seine langen Haare flatterten ins Abteil und wie zu einem Gebet breitete er die Arme aus. Der Wind zerrte seine Tränen weg und er schrie seine Verzweiflung in den warmen Sommerwind.
„Ich muss Mario...! Ich kann doch nicht anders...! Mario, hörst du..., ich muss beichten! Ich kann so nicht weiterleben!“
Mario sah ihm eine Weile zu, wie er da hing, die Arme weit ausgebreitet, nach vorne gestreckt über der Kante des Fensters hängend. Er erhob sich und wie ferngesteuert griff er mechanisch nach der halbvollen, gläsernen Einliter-Flasche Coca Cola auf dem Sitz gegenüber. Er holte weit aus und ließ sie mit voller Wucht auf den Schädel seines Freundes niedersausen.
Malte Pieper sackte über der harten Fensterkante zusammen. Seine Arme fielen nach unten und wurden vom Fahrtwind zur Seite gedrückt. Sie hingen weit aus dem Abteil und hielten den Oberkörper dicht an das schmutzige Fensterglas gepresst. Blut sickerte zwischen seinem dichten Haarschopf hervor. Langsam, ganz langsam begann sein Körper die Scheibe entlang nach unten zu rutschen und mit gleicher Geschwindigkeit, bewegten sich die Arme wie im Zeitlupentempo nach oben.
Für einen Moment betrachtete Mario Micoliç gebannt den leblosen Körper. Doch dann schoss ein Gedanke durch sein skrupelloses Gehirn. Mit einem Blick erfasste er die Situation und plötzlich wusste er, wie er sich das Problem Malte Pieper vom Halse schaffen konnte.
Vorsichtig trat er zwei Schritte zurück, beugte sich aus der Bankreihe und blickte nach rechts, dann nach links. Kein Fahrgast war zu sehen. Die Arme um Maltes Hüfte gelegt, hievte Mario den leblosen Körper hoch. Mit dem im strengen Fahrtwind baumelnden Kopf, die Arme unter den Achseln eingehakt, hing Malte im offenen Fenster. Mario Micoliç wusste nicht, ob der Schlag mit der schweren Glasflasche seinen Freund getötet hatte, in diesem Moment interessierte es ihn auch nicht weiter.
Jetzt hatte er die Tat begonnen, nun würde er sie auch zu Ende führen! Mit beiden Händen schob er den leblosen Körper an der Scheibe empor. Dann verhielt er für einen Moment. Schnell, um die günstige Lage des Körpers auszunutzen, bückte er sich, griff nach den Füßen seines Freundes und hob sie hoch. Maltes junger Körper war nicht besonders schwer, dennoch kam er ins Schwitzen. Arme, Kopf und Schulter im Fahrtwind, ragte der Körper fast waagerecht in das ansonsten menschenleere Abteil. Der rechte Schuh fiel polternd ins Abteil und blieb unter einer Bank liegen. Er würde ihn später suchen und hinauswerfen müssen.
Mit viel Geschick ruckelte er den Körper über die Fensterkante ins Freie, bis nur noch die Beine Maltes ins Abteil hinein ragten. Die Schwerkraft und der Fahrtwind zerrten an dem schweren Körper und er hatte Mühe ihn festzuhalten. Nicht jetzt..., nicht sofort..., dachte er und zerrte an den Beinen. Die Leitungsmasten rasten am Fenster vorbei und er befürchtete zusehen zu müssen wie sein Freund von den eisernen Trägern zerfetzt werden würde. Aber der Abstand war ausreichend groß. Nicht einmal die schlenkernde rechte Hand erreichte die Masten. Mario Micoliç
Weitere Kostenlose Bücher