Und plötzlich warst du wieder da
Tropical Garden, dem Botanischen Garten in Coral Gables, verbracht – nicht gerade die erste Adresse für ein frisch verliebtes, junges Paar. Aber alles, was Lucas über tropische Pflanzen zu erzählen wusste, hatte Nadia fasziniert. Und sie hatte den Nachmittag als ein wunderbares erstes Rendezvous in Erinnerung behalten.
In jenen Tagen war Lucas für sie die Verbindung zur lebendigen Natur schlechthin gewesen. Ihr zweites Date hatten sie damit verbracht, in einem gemieteten Kanu zu paddeln. Lucas hatte ihr Plätze gezeigt, die schöner waren als die, die in den Kalendern von National Geographic abgebildet waren. Sie hatten viel geredet, miteinander geflirtet und die ungestörte Zeit genossen. An einem öffentlichen Grillplatz hatten sie angelegt.
Es war das erste Mal gewesen, dass abgesehen von ihrem Koch in Kincaid Manor ein Mann für Nadia gekocht hatte. Jener Tag hatte schließlich in einer der Hütten auf einem Campingplatz geendet, wo sie das erste Mal miteinander geschlafen hatten. Für ein Mädchen wie sie, das gewohnt war, im Ritz einzukehren, war es schon komisch: Das romantischste Candle-Light-Dinner ihres Lebens hatte Nadia auf einem umgestürzten Baumstamm erlebt, Würstchen vom Pappteller gegessen und Wein aus einem Tetrapack getrunken.
Aber daran wollte sie jetzt nicht denken. „Außerdem ist Juli. Ich habe keine Lust, in dieser Hitze in der Stadt herumzulaufen.“
„Dir konnte es doch nie heiß genug sein.“
Sie hatte genug von seinen Anspielungen und Zweideutigkeiten. Und bevor die Erinnerung an bessere Zeiten sie wieder einholten konnte, deckte Nadia hastig den Tisch. „Und wie bist du ins Big Business geraten?“, fragte sie, um das Thema zu wechseln.
Unwillig hob er das Kinn. „Ich musste mir etwas einfallen lassen. Ich saß im Rollstuhl und hatte wenig Hoffnung, je wieder körperlich arbeiten zu können.“
Sie zuckte zusammen. Daran hatte sie nicht gedacht. An den Gedanken, was er nach dem Unfall alles durchgemacht hatte, konnte sie sich nicht so schnell gewöhnen.
Die Eieruhr klingelte. Die Nudeln mussten abgegossen werden. Nadia wusste inzwischen, wie schnell sich selbst gemachte Pasta in die Bestandteile auflöste, wenn man sie zu lange kochen ließ. Nadia füllte zwei Teller und stellte sie auf den Tisch. In der Aufregung hatte sie den grünen Spargel vergessen, den es als Beilage geben sollte. Aber das machte nun auch nichts mehr.
Als sie sich an den Tisch setzten, überlegte sie, dass sich die Mühe gelohnt hatte. Das Essen duftete verführerisch. Erst nachdem sie eine Weile schweigend gegessen hatten, fragte Nadia: „Wie lange hat es gedauert, bis du wieder laufen konntest?“
„Vierzehn Monate.“
Sie erschrak, bemühte sich aber, es zu verbergen. Welch eine furchtbar lange Zeit! Wie musste es sein, über ein Jahr lang in der Ungewissheit zu leben, ob man je wieder ganz hergestellt würde? Es tat Nadia schrecklich leid für Lucas. Aber sie wollte ihn nicht bemitleiden. Schnell erinnerte sie sich daran, wie das Geld ihres Vaters ihm über alles hinweggeholfen hatte. Zwei Millionen, mit denen er sich ihre Liebe hatte abkaufen lassen.
„Iss dein Essen, Lucas“, sagte sie. „Ich habe heute noch etwas vor – ohne dich.“
Als Nadia am Mittwochmorgen die Wohnungstür öffnete, um wie gewohnt ihre Zeitungen hereinzuholen, erlebte sie eine Überraschung. Die Zeitungen waren nicht da. Und während sie den Blick hob, sah sie, dass die Tür zu Lucas’ Apartment offen stand. Verschlafen blinzelte sie hinüber. Lucas hatte einen Stuhl in den Flur gestellt, saß dort mit einem Becher Kaffee an einem Sideboard und las ihre Zeitungen. Es mussten ihre sein, vor seiner Tür hatte Nadia morgens noch nie Zeitungen liegen sehen.
„Guten Morgen“, grüßte er freundlich.
Der Stuhl, auf dem er saß, hatte am vergangenen Abend noch nicht dort gestanden, dessen war Nadia sich sicher. Lucas hatte sie offensichtlich erwartet – oder, besser gesagt, ihr aufgelauert. Zu allem Überfluss duftete es aus seiner Wohnung nach ihrem Lieblingskaffee, Jamaica Blue Mountain. Die Sorte war ziemlich teuer und der Nadia aufgezwungenen Sparpolitik als Erstes zum Opfer gefallen.
„Hey, das sind meine Zeitungen.“
„Wir können sie uns doch teilen. Komm über, und wir frühstücken zusammen bei mir auf der Dachterrasse.“ Er legte die Zeitungen weg und stand auf.
Ein teures schwarzes T-Shirt schmiegte sich eng an seinen athletischen Oberkörper. Die langen Beine steckten in erstklassig
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