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Und Rache sollst du nehmen - Thriller

Und Rache sollst du nehmen - Thriller

Titel: Und Rache sollst du nehmen - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Robertson
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raus. Ich saß direkt vor ihnen, und sie sahen mich nicht. Sie wussten nicht einmal von meiner Existenz.
    Sollte mir recht sein. Vorerst.
    Ich schaltete das Licht ab, warf das Taxameter an und beförderte die Schlafenden und Schwatzenden, die Glücklichen und Traurigen an ihr Ziel, wo auch immer sie hinwollten. Dabei kam es natürlich vor, dass ich um meinen Lohn beschissen wurde, wenn mal wieder irgendein Glücksritter in der Nacht verschwand und mich mit leeren Händen zurückließ.
    Ein ruhiger Mittwochabend an der Central Station. Ich stand an sechster Stelle und hatte eine lange Wartezeit abzusitzen. Das kann vorkommen, wenn man den falschen Moment zwischen zwei Zügen erwischt. Ich betrachtete das Treiben, betätigte ab und zu den Scheibenwischer, um die Windschutzscheibe freizuhalten, und bewegte mich alle paar Minuten ein Stückchen vorwärts. Bis plötzlich eine Bahn eingetroffen war und eine ganze Schlange ungeduldig auf die Abfahrt wartete.
    Als ich es nach vorne geschafft hatte, war ein Typ in
schwarzer Lederjacke an der Reihe, mit einer Tasche über der Schulter. Sah nach einem harten Kerl aus. Den hätte ich mir nicht unbedingt ausgesucht, aber die Entscheidung lag nicht bei mir. Er stieg hinten ein, gab mir eine Adresse in Barrhead und zog ein Handy hervor, um irgendjemandem mitzuteilen, dass sein Zug angekommen war und er im Taxi saß. In zwanzig Minuten würde er da sein, sagte er.
    Man bekommt ein Gefühl für die Leute. Selbst wenn man sich in neunundneunzig Prozent der Fälle einen feuchten Dreck um sie schert, selbst wenn sie nur irgendwo am Horizont der eigenen Wahrnehmung existieren, lösen sie manchmal die inneren Alarmglocken aus. Und bei diesem Kerl schrillten sie sofort los.
    Ich suchte ihn ihm Rückspiegel. Er hatte eben aufgelegt und starrte aus dem Fenster. Eine Narbe zog sich vom Ohr bis fast zum Unterkiefer. Seine Augen waren zusammengekniffen, die Mundwinkel hingen permanent herab. Ich wusste nicht, ob er meinen Blick spürte, aber plötzlich drehte er sich um und fixierte mich im Spiegel. Meine Augen huschten zurück zur Straße.
    Kurz darauf lenkte ich das Taxi in die Waterloo Street, Richtung Motorway. Fünfzehn Kilometer bis ins tiefste Barrhead, am Flughafen vorbei, dann die nächste Abfahrt. Den ganzen Weg über kein Wort. Ruhige Nacht heute, Kumpel? Durch die Lichter der Main Street, am Kreisverkehr die Erste rechts und mitten hinein ins Gewirr der halbkreisförmigen Straßen. Mein Fahrgast telefonierte wieder. Wir waren beinahe am Ziel. Eine Minute noch.

    Die Nächste links, in eine schmale Straße mit dreistöckigen Wohnblöcken zu beiden Seiten. Ideal für Heckenschützen.
    »Halt da drüben links«, sagte er.
    Ich stoppte den Wagen.
    »Geld kannste vergessen, also verpiss dich.«
    Ich blickte ihn im Spiegel an, aber er starrte einfach zurück, als wollte er sagen: Beschwer dich nur! Ohne mich aus den Augen zu lassen, deutete er nach links oben. Ich folgte seinem Finger und entdeckte zwei Gestalten auf einem Balkon. Eine hatte etwas in der Hand, das nach einem Gewehr aussah.
    Die Türen des Taxis waren fest verschlossen und würden es auch bleiben, bis ich die Zentralverriegelung deaktivierte. Ich hätte mit meinem Fahrgast auf dem Rücksitz abdampfen können, aber das erschien mir wenig ratsam. Wer weiß, was in der Tasche über seiner Schulter war. Außerdem konnte er offenbar Gedanken lesen.
    »Du schaffst es nicht mal bis ans Ende der Straße. Wie gesagt, das beschissene Geld kannste vergessen. Und jetzt verpiss dich.«
    Also betätigte ich die Entriegelung. Das rote Licht verlosch, er stieg aus, die Tür schlug hinter ihm zu. Ich sah dem Rücken der Lederjacke nach, bis ihr Besitzer in den Schatten verschwunden war. Er hatte sich kein einziges Mal umgedreht.
    Ich war wütend, weil ich mit leeren Händen dastand, aber irgendwo in den Tiefen meiner abgestorbenen Seele fand ich das Ganze lustig. Ein mieser kleiner Gauner
hatte mich abgezockt, und ich hatte es zugelassen. Der harte Kerl hatte beschlossen, dass ihm eine Freifahrt nach Hause zustand und dass ich nichts dagegen tun konnte. Er hielt mich für ein Nichts, und vielleicht hatte er damit sogar Recht. Er hielt mich für einen Jedermann, für einen Niemand.
    Als ich den Gang einlegte, langsam aus der Straße hinauslenkte und mich auf die Suche nach dem Motorway begab, lachte ich leise in mich hinein. Ich war kein Niemand. Ich war ein Jemand, von dem sie nur noch nicht gehört hatten.
    Ich hatte getötet. Carr und

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