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Und trotzdem ist es Liebe

Und trotzdem ist es Liebe

Titel: Und trotzdem ist es Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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sofort, dass Jess und Daphne mit dem Outfit richtiggelegen haben. Zunächst mal passe ich genau in die Szene im Spice Market, dem luxuriösen mehrstöckigen Restaurant im Meatpacking District. Und was noch wichtiger ist: Richard sagt sofort, ich sähe phantastisch aus.
    «Ich habe Sie noch nie so gesehen», fügt er hinzu, als wir dem Kellner zu unserem Tisch folgen. Seine Hand liegt eine Sekunde lang in meinem Kreuz. «Aber ich glaube, ich habe Sie bisher auch immer nur in beruflicher Funktion gesehen …»
    «Gleichfalls», sage ich und bewundere Richards Cordjackett. Ich muss plötzlich an Richards schwulen ehemaligen Assistenten Jared Lewison denken. Jared hatte immer Karten mit den Ziffern 1 bis 10 auf seinem Schreibtisch und benotete das Outfit der Leute, die vorbeigingen, wie ein Kampfrichter bei der Olympiade (natürlich hinter ihrem Rücken). Michael, der mit Jared ziemlich gut befreundet war, hatte großen Spaß an dieser Übung und meldete die Resultate immer an uns weiter. Tatsächlich habe ich Jared eine der entscheidenden Lehren meines Lebens zu verdanken: Kein Lackleder nach dem Labor Day! Michael hat mich informiert, dass ich für diesen modischen Fehltritt eine Drei kassiert habe.
    Ich frage Richard, ob er von Jareds Karten wusste.
    «Natürlich», sagt er. «Ich glaube, ich habe regelmäßig Noten zwischen Zwei und Vier bekommen. Höchstnote Sechs.»
    «Was hatten Sie an, als Sie die Sechs kriegten?», frage ich, als unsere in einen orangegelben Kimono gekleidete Kellnerin uns die Speisekarte bringt.
    «Ich glaube, einen Rollkragenpullover.» Er lacht.
    Ich lächle und merke, dass ich nicht mehr nervös bin.
    Anscheinend denkt er immer noch an Jareds Karten. «Ich habe gehört, für irgendwas von Louis Vuitton oder Prada hat Jared automatisch einen Extrapunkt verliehen, aber wer etwas von The Gap oder – Gott behüte – von Old Navy trug, bekam drei Punkte abgezogen.»
    Ich lache. «Wo ist Jared wohl jetzt?»
    «Ich weiß es nicht genau. Aber etwas sagt mir, er sitzt irgendwo in einer Bar mit seinen modebewussten Freunden, und sie alle erzählen einander, wie fabelhaft sie aussehen.»
    Ich lächle spöttisch, denn jetzt fällt mir noch eine Jared-Story ein.
    «Was ist?», fragt Richard.
    «Nichts weiter.» Ich bin ziemlich sicher, dass der Mann, den ich gerade entdeckt habe, Chris Noth ist, der «Mr.   Big» aus Sex And The City . Er geht mit einer hinreißenden Blondine zur Bar, und er ist viel kleiner, als ich dachte. Mr.   Medium , denke ich. «Ich habe nur gelächelt.»
    «Na los. Was ist so komisch?» Richard lässt nicht locker, denn er hat gesehen, dass ich nicht nur gelächelt, sondern spöttisch gelächelt habe. Das ist ein Unterschied, den speziell derjenige bemerkt, an den es gerichtet ist.
    «Ich dachte nur gerade an etwas, das Jared mal mit Ihnen gemacht hat», sage ich.
    «Und was war das?» Er sieht beunruhigt aus. Zumindest tut er so, als sei er beunruhigt.
    «Na ja, ich habe gehört, er hat Ihren Papierkorb durchwühlt und eine Postkarte mit ziemlich anschaulichen sexuellen Anspielungen gefunden.»
    Er macht ein belämmertes Gesicht. «Wann war das?»
    Das ist kaum ein Dementi, und darauf weise ich ihn hin. «Es ist also mehr als einmal vorgekommen?»
    Er wedelt mit der Hand, als wolle er sagen: Fahren Sie mit der Beweisführung fort .
    «Ich weiß nicht, wann. Vor ungefähr drei Jahren. Ich habe gehört, Jared hatte Sie im Verdacht, mit einer Frau aus der Graphikabteilung zu schlafen.»
    «Lydia», sagt er.
    Ich schnippe mit den Fingern und zeige auf ihn. «Genau. Dann hat es gestimmt?»
    Er nickt. «Ich habe tatsächlich mit ihr geschlafen … Aber ich glaube nicht, dass sie die Postkarte mit ihrem Namen unterschrieben hat.»
    «Hat sie nicht», sage ich. «Jared hat ihre Handschrift erkannt. Er ist mit der Postkarte und einer Schriftprobe aus ihrem Notizblock durch das ganze Büro getrabt. Das war einer seiner stolzesten Augenblicke.»
    «Wow. Er war gut», sagt Richard.
    «Sie aber anscheinend auch. Zumindest, wenn man Lydia glauben konnte.»
    Diese letzte Bemerkung überrascht mich selbst. Sexuelle Anzüglichkeiten sind nicht meine Art. Wir studieren, immer noch beide lächelnd, die Speisekarte, und ich versuche zu ergründen, warum ich Richard gegenüber so offen bin. Ich glaube, es hat weniger mit ihm selbst zu tun (obwohl er entspannend auf mich wirkt) und mehr mit meiner Scheidung und meiner neuen Einstellung. Ich will nicht abgeklärt sein, aber ich habe

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