Und trotzdem ist es Liebe
mit Daphnes Eizellen reine Zeit- und Geldverschwendung wäre. Ich hatte nicht vorgehabt, Richard die Geschichte zu erzählen, aber irgendjemandem musste ich sie erzählen, und mit Jess wollte ich darüber nicht sprechen. Sie ist so schon empfindlich genug, was ihre eigenen alternden Eizellen angeht. Außerdem haben Richard und ich gerade miteinander geschlafen, und ich verspüre diese Woge von Nähe, diesen Drang, mich dem Mann anzuvertrauen, der mich eben zum Orgasmus gebracht hat. Zweimal.
Richard fährt mir mit der Hand durchs Haar und sagt: «Ist Maura nicht die näherliegende Wahl, weil sie schon Kinder hat?»
Ich nicke. «Sie hatten mehrere Gründe, mich zu nehmen. Erstens bin ich jünger. Bessere Eizellen, nehme ich an. Zweitens dachten sie, glaube ich, es wäre allzu verrückt. Weißt du, wenn sie Mauras Eizellen nähmen, dann wären die Kinder Cousins und Geschwister zugleich. Zumindest Halbgeschwister.»
«Das wäre allerdings verrückt», sagt Richard.
«Und der letzte, unausgesprochene Grund ist wohl der, dass Maura niemals zustimmen würde.»
«Warum nicht?»
«Sie kann ein bisschen … selbstsüchtig sein.» Sofort bereue ich meine Worte. Es klingt illoyal – und ich möchte Richards Meinung über Maura nicht negativ beeinflussen, bevor er sie überhaupt kennengelernt hat.
«Inwiefern selbstsüchtig? Geizig mit ihrer Zeit? Selbstsüchtig wie jemand, der einen Freund nicht am Flughafen abholt?» Er streicht mir eine Haarsträhne hinters Ohr.
«Nein … Egozentrisch trifft es vielleicht genauer. Sie meint es gut, aber in Sachen Einfühlsamkeit kommt sie nach unserer Mutter», sage ich. «Meine Mutter meckert jahrelang darüber, dass Chanel eine bestimmte Lippenstiftfarbe nicht mehr herstellt, aber dann erwartet sie von einem Krebspatienten, dass er sich … zusammenreißt und positiv denkt …»
«Ja. Solche Leute kenne ich», sagt Richard. «Aber der Vollständigkeit halber – ich fände es nicht besonders selbstsüchtig, diese Bitte abzulehnen.»
«Findest du?»
«Na ja», sagt Richard. «Schwestern hin, Schwestern her. Es ist eine große Bitte.»
Ich habe gehofft, dass er das sagen würde, denn ich sehe es auch so – es ist sehr viel verlangt. Trotzdem frage ich mich, ob Richard es nur sagt, um mir einen Gefallen zu tun.
«Und was hast du geantwortet?», fragt er.
«Noch gar nichts. Ich habe gesagt, ich muss es mir überlegen.»
«Und das war ihnen recht?»
«Ja, anscheinend. Daphne sagte, dafür hätte sie Verständnis. Tony war mir schon dankbar, weil ich nur darüber nachdenken wollte. Dann haben wir nicht weiter darüber gesprochen, sondern Daphnes Lasagne genossen. Ich habe zumindest so getan, als ob ich sie genieße, aber ich hatte einen Knoten im Magen.»
«Dann müsstest du mit Tony ins Bett gehen?» Spielerisch umfasst er meine linke Brust.
«Sehr komisch.» Ich schiebe seine Hand weg.
«Na? Müsstest du?»
Ich verdrehe die Augen. «Sei nicht albern … Es gäbe eine Operation. Irgendwie würde man eine Eizelle entnehmen. Wie bei einer In-vitro-Fertilisation.»
«Du müsstest dich operieren lassen?» Richard verzieht schmerzvoll das Gesicht.
Männer sind wie Kinder, was Schmerzen angeht, denke ich. «Das wäre noch das geringste Problem.»
«Und was wäre das größte?»
Ich überlege kurz und antworte dann zögernd: «Wenn es da irgendwo ein Baby von mir gäbe – ich glaube, ich würde es als meins betrachten.»
Richard blinzelt und greift dann an mir vorbei nach seinem Weinglas, das auf dem Nachttisch steht. «Du würdest es als deins betrachten ? Oder würdest du wollen , dass es deins ist?»
«Ist da wirklich ein Unterschied?» Ich glaube aber, in dieser Hinsicht haben meine Eizellen und mein Exmann etwas miteinander gemeinsam.
Kurz danach schlafen wir ein, doch irgendwann, mitten in der Nacht, wachen wir wieder auf und fangen noch einmal ein richtiges Gespräch an. Das ist ein Phänomen, das es nur am Anfang einer Beziehung gibt, wenn Schlaf anscheinend so unwichtig ist. Wir sprechen über Stephen Gaines’ Rundfunksendung in den Hamptons – und dass wir versuchen könnten, einen meiner Autoren dort unterzubringen –, als Richard plötzlich mit einer Frage nach meinem fünfunddreißigsten Geburtstag herausplatzt. Ich habe ihm nichts davon erzählt, aber bis dahin sind es nur noch zwei Wochen. Ich versuche mich zu erinnern, ob es in den letzten Jahren vorgekommen ist, dass ich die Kollegen an meinem Geburtstag zum Drink eingeladen habe. Ich glaube, an
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