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Und verfluche ihre Sünden

Und verfluche ihre Sünden

Titel: Und verfluche ihre Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spencer-Fleming Julia
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an. »Wir halten die Hunde zurück, bis Sie das Tor hinter sich haben.« Wieder grinste er sie an. »Bitte denken Sie daran, es zu schließen. Wir wollen doch nicht, dass die Herde rausläuft.«
    Kevin glitt auf den Beifahrersitz. Der Chief stieg ein und ließ den Motor an. Langsam fuhren sie MacAuley und Noble über den Feldweg hinterher. Kevin warf dem Chief einen Blick zu. Er schien in Gedanken versunken.
    »Chief?« Kevin sprach mit gesenkter Stimme. »Was denken Sie gerade?«
    Der Chief massierte seine Nasenwurzel, ließ ein tiefes Brummen hören. »Ich dachte gerade, dass ich mir meine Nacht ganz anders vorgestellt hatte.«

 
    Allgemeines Kirchenjahr
    Juni und Juli
    I
    Am frühen Mittwochmorgen ging Clare zur Sieben-Uhr-dreißig-Messe in die Kirche hinüber. Am Abend zuvor war sie erschöpft von der langen Fahrt von Fort Dix und angespannt wegen des Zustands ihres Hauses am Pfarrhaus eingetroffen. Zu ihrer Verlegenheit hatte sie es wesentlich ordentlicher und sauberer als vor dem Einbruch vorgefunden.
    Anne Vining-Ellis und ihr jüngster Sohn Colin warteten vor den großen Flügeltüren auf sie. Ihre Bluse und ihr Rock verrieten, dass sie auf dem Weg zum Glens Falls Hospital war. Colin in seiner Röhrenhose und den spitzen Schuhen wirkte, als wollte er sich bei einer AchtzigerJahre-Revivalband bewerben. »Ich bringe dir den Messdiener des Tages«, verkündete Anne.
    Der Junge wischte sich die zu langen Ponyfransen aus dem Gesicht. »Nur unter Protest. Organisierte Religion ist ein Werkzeug des Kapitalismus.«
    »Er macht gerade einen Sommerkurs in Marxismus-Leninismus«, erklärte seine Mutter. »Gott steh uns bei.«
    Clare reichte dem Teenager ihren dicken Schlüsselbund und die Thermoskanne mit Kaffee. »Würdest du bitte für mich aufschließen, Colin? Und das in mein Büro bringen?«
    Er nahm ihr den klirrenden Ring ab. »Warum nicht? Ich bin ja nur Angehöriger des Proletariats, von den unterdrückerischen Stiefeln der Geschichte in den Staub getreten. Soll ich auch die Kerzen anzünden?«
    »Danke.« Clare wandte sich an seine Mutter. »Erinner mich daran, dass ich ihm ein paar Bücher zur Befreiungstheologie leihe.«
    »Mach dir keine Mühe. In der zweiten Kurshälfte kommen Adam Smith und John Maynard Keynes dran. Vermutlich wird er dann das Kirchensilber auf dem freien Markt verscherbeln.« Dr. Anne schaute Colin hinterher, der im Narthex verschwand. »Wie geht es dir? Ich wollte gestern Abend noch kommen, aber dann habe ich mir gedacht, dass du von der langen Fahrt von New Jersey sicher erschöpft bist.«
    »Danke, es geht schon. Noch besser ginge es mir, wenn du sagen würdest, dass man Señor Esfuentes gesund und munter irgendwo gefunden hat.«
    Dr. Anne schüttelte den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste.«
    Clare seufzte. »Das habe ich mir gedacht. Wenn etwas passiert wäre, hätte mich wohl Russ oder sonst jemand angerufen.« Ihr Blick schweifte über den steten Strom von Pendlern auf der Church Street, die nach Glens Falls oder zum Northway unterwegs waren. Im hellen Schein der Morgensonne wirkte der Park weit weniger romantisch. »Ich denke andauernd über diesen Sonntagabend nach, frage mich, was ich hätte tun können, um es zu verhindern. Hätte ich ihn zur Party schleifen sollen? Früher nach Hause gehen? Einen Aufpasser für ihn zurücklassen?« Sie hob die Hand an den Hinterkopf, um lose Strähnen festzustecken, aber so früh am Tag saß ihr Knoten noch bombenfest.
    »Auf die Gefahr hin, wie eine Platte mit einem Sprung zu klingen: Es ist durchaus möglich, dass er das Haus selbst verwüstet hat und dann abgehauen ist.«
    Clare schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Dr. Anne machte sich den Bürgersteig hinunter auf den Weg. »Manchmal glaube ich, du treibst es mit diesem ›Das Gute in allen Menschen sehen‹ ein bisschen zu weit«, warf sie über die Schulter zurück.
    »Ich weiß«, antwortete Clare. »Berufskrankheit.«
    Es war ein typischer Mittwochmorgen, zehn Abendmahlsbesucher, wenn sie sich und Colin mitzählte. Gott sei Dank wollte niemand bleiben und über die Ereignisse des vergangenen Sonntags plaudern, und so zog sie sich bereits fünf Minuten nachdem sie ihre Herde verabschiedet hatte, in der Sakristei um.
    Im Büro wurde sie von Lois mit einer Hymne begrüßt. »Vorwärts, Christi Streiter, in den heilgen Krieg!«, sang ihre Sekretärin, »denn die Helikopter führen durch Kampf zum Sieg.«
    Clare spähte in die winzige Nische, in der das Büro der Diakonin untergebracht war.

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