Und verfluche ihre Sünden
Gemeinderats klingelte.
»Es wird Zeit«, sagte die Sekretärin. »Die Diakonin ist schon drin und wedelt mit Agenda und Anträgen.«
Das Gemurmel im Konferenzraum erstarb, als Clare durch die Tür trat. Mit seiner geschnitzten Wandtäfelung, den Butzenscheiben, hochlehnigen Stühlen und dem abgewetzten Aubusson war der Raum die beste Tudor-Kopie, die es 1860 zu kaufen gab. Vielleicht hatten die Erbauer von St. Alban’s ihn als Tribut an Heinrich VIII. betrachtet, den Gründer der Kirche.
»Hallo zusammen.« Sie hatten den Platz an der Stirnseite des schwarzen Eichentischs für sie frei gelassen. Der Gemeinderat schien seine Sitzordnung stets ohne offiziellen Plan oder Diskussionen auf dieselbe Weise festzulegen. Robert Corlew, der Älteste, saß links von Clare, neben ihm Terrance McKellan, der ihn unterstützte, so wie Terrys Bank Corlews Bauvorhaben finanzierte. Rechts von ihr saß das jüngste Ratsmitglied, Geoff Burns, direkt gegenüber von Corlew; Anwalt gegen Bauunternehmer, vierzig gegen sechzig, schütter werdendes Deckhaar gegen Toupet.
Zumindest glaubte sie, dass der Balg auf Corlews Kopf ein Fiffi war.
Mrs. Henry Marshall, mit leuchtenden Augen und ebenso leuchtendem Lippenstift, saß zwischen Burns und Norm Madsen. Mrs. Marshall war Clares treueste Verbündete im Gemeinderat, scharfzüngig und entschieden, während Mr. Madsen derjenige war, der alles stets von beiden Seiten betrachtete.
Clare schnappte sich eine Cola vom Büfett und ließ sich auf ihren Stuhl sinken.
Sterling Sumner, Architekt im Ruhestand und Gelegenheitsdozent am Skidmore College, saß ihr gegenüber am langen Ende des Tisches, so weit wie möglich von Corlew entfernt. Soeben schob er Elizabeth de Groot, die rechts von ihm saß, die übliche Platte mit Sandwiches und Chips zu. Sie hatten festgestellt, dass sie in Bezug auf Bauten (historisch), Liturgie (traditionell) und Literatur (nichts nach 1890) denselben Geschmack teilten. Clare war nicht sicher, ob Elizabeth wusste, dass sie und Sumner außerdem das Interesse an Männern gemeinsam hatten.
Die Platte erreichte Terry McKellan, der einen flüchtigen Blick auf die Sitzenden warf und sich dann zwei Sandwiches und zwei Portionen Chips genehmigte. Seine Frau hatte ihn auf Diät gesetzt, was den Kreditbevollmächtigten der Bank in einen Mundräuber verwandelt hatte. Clare fand, dass er wie ein schuldbewusster Schäferhund wirkte, der Essen vom Tisch stibitzte.
Robert Corlew nahm sich ein Sandwich und schob die Platte zu Clare weiter. Sie legte etwas, von dem sie hoffte, dass es sich um Hühnchen auf Vollkornbrot handelte, auf ihre Serviette. »Da dies das letzte Treffen bis September ist, sollten wir sofort anfangen«, sagte sie. Sie breitete die Arme aus, eine Einladung zum Gebet. »Herr im Himmel«, betete sie. »Hilf uns, deinen Willen zu erkennen und in dieser Erkenntnis deinen Kindern zu dienen, zu Ruhm und Ehre deines Namens. Amen.« Kurz, aber brauchbar. »Okay, Punkt eins: Der Antrag, die ehrenamtliche Stelle von Gail Jones als Leiterin der Jugendarbeit in eine bezahlte Teilzeitstelle umzuwandeln …«
»Mich würde eher interessieren, was am Sonntagabend im Pfarrhaus passiert ist«, unterbrach Corlew.
»Hört, hört«, rief Sterling.
Clare seufzte. Legte ihren Stift auf den Papierstapel. Ermahnte sich, die Schultern zu lockern.
»Amado Esfuentes, unser vorübergehender Küster, hat Clare ausgeraubt und ist dann geflüchtet«, sagte Elizabeth.
Clare spürte, wie ihre Schultern sich umgehend wieder verspannten. »Dafür gibt es keinen Beweis, Elizabeth.«
»Das weiß ich bereits.« Corlew winkte mit gereizter Miene ab. »Ich will wissen, ob das Pfarrhaus beschädigt wurde. Greift der Versicherungsschutz in diesem Fall?« Er wandte sich an Clare. »Immerhin haben Sie das kleine Frettchen ja eingeladen, es sich bei Ihnen gemütlich zu machen.«
»Wirklich, Robert.« Mrs. Marshall lächelte Clare flüchtig zu. »Ich glaube, Clare ist bewusst, dass dies vielleicht nicht ihr allerbester Einfall war. Es gibt keinen Grund, darauf herumzureiten.«
»Doch, denn es ist für jedes Mitglied von St. Alban’s viel zu gefährlich, diese Habenichtse überall herumzufahren, zum Sozialamt oder zur katholischen Messe oder was weiß ich.« Sterling Sumner zerrte zur Unterstreichung an seinem seidenen Fliegerschal. »Wir hätten uns nie auf das Betreuungsprojekt dieser Nonne einlassen dürfen. Sollen die Papisten für sich selber sorgen, das ist meine Meinung.«
Clare war gefangen
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