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Und verfluche ihre Sünden

Und verfluche ihre Sünden

Titel: Und verfluche ihre Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spencer-Fleming Julia
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in den Hohlraum brachte sie einen großen wattierten Umschlag zum Vorschein, die Sorte, die man zum Versand von Büchern oder kleineren Geschenken benutzt. Sie drückte die Kanten zusammen, ließ den Verschluss aufspringen und drehte ihn über der Papiertüte um. In einer Mischung aus Faszination und Abscheu sah er zu, wie Bündel um Bündel amerikanischer Banknoten in die Tüte plumpsten.
    Sie bückte sich, hob das Notizbuch auf und stopfte es in den Umschlag. Schob ihn zurück in das Versteck. Nahm das Brett und schob es über das Loch, drückte es fest.
    Die Tüte baumelte von seinen tauben Fingern. Isobel nahm sie ihm ab und rollte sie zusammen, bis sie einem überdimensionierten Lunchpaket ähnelte. Sie streckte sie ihm entgegen. »Verstecken«, sagte sie.
    Allmächtiger Herr im Himmel. Er betrachtete die unauffällige braune Papiertüte in seiner Hand. Betrachtete ihr Gesicht, voller Verzweiflung, Furcht und Hoffnung. »Isobel«, sagte er. Er legte seine Hand auf ihre Wange. Wie konnte er fragen, was er wissen wollte. Hast du den Mann getötet? Ist das deine Waffe?
    »Amado.« Nur ein Flüstern, das zwischen ihnen hing. Dann trat sie auf ihn zu. Langsam, schüchtern schlang sie die Arme um ihn. Er ließ die Tüte fallen. Umschloss ihr Gesicht mit beiden Händen.
    Er wusste nicht, was ihn dazu brachte, seine Augen von ihr loszureißen und zum Wald am anderen Ende der Weide zu blicken. Vielleicht sein Selbsterhaltungstrieb, der sich bei zwei illegalen Aufenthalten ausgebildet hatte. Warum auch immer, er blickte hin – und sah einen vierschrötigen blonden Anglo am Beginn des Fußwegs stehen. Selbst aus der Ferne konnte er erkennen, dass der Mann mit Isobel verwandt war.
    »Mierda«, flüsterte er.
    Isobel wirbelte herum. Holte tief Luft. Drehte sich wieder zu ihm um. »Geh«, forderte sie.
    Er schüttelte den Kopf. Er hatte nicht die Absicht, sie bei der Konfrontation mit ihrer Familie alleinzulassen. »Nein. Du kommen.«
    »Bitte! Geh! Vamanose!« Sie sah über ihre Schulter. Sagte rasch etwas, voller Verzweiflung. Stieß ihn fort. »Bitte, Amado, bitte! Geh! Nicht wiederkommen! Ich okay.«
    »Nein!«
    Sie zerrte ihn um die Scheunenecke, aus dem Blickfeld des näher kommenden Mannes, und drückte ihn mit ihrem Körper gegen die Wand. »Du nicht wiederkommen! Ich okay. Er …« Sie rang um das richtige Wort, dann fuhr sie sich mit dem Finger über die Kehle. Und dann sprang sie einfach über diese hohen Gitter und Vernunftgründe, die sie voneinander trennten, ebenso leicht, wie sie vom Heuboden sprang, und küsste ihn.
    Die Zeit verharrte in einem endlosen feuchten und weichen Moment, der nach Kaffee und Maischips schmeckte. Ihm stockte der Atem, seine Lider schlossen sich bebend, und dann zog sie sich zurück und schob ihn in Richtung Wald. Er klemmte sich die Tüte unter den Arm und lief, den Verstand umnebelt, bis ihn das Peitschen der Äste und sein rauhes Keuchen warnten, dass ein Blinder seiner geräuschvollen Spur folgen konnte. Nach Luft schnappend, blieb er stehen. Warten. Er musste sich vergewissern, dass ihr nichts passiert war.
    Er schlich sich zurück zur Scheune, glitt zwischen Schierling und Birken hindurch. Er lief gebückt, nutzte Schatten und Unterholz. Er entdeckte eine abgestorbene Kiefer, die auf dem Waldboden vermoderte, und ließ sich daneben fallen.
    Er konnte sie undeutlich hören, der große Mann brüllte, und Isobel schrie. Er war aggressiv, sie trotzig – das konnte Amado ihren Stimmen anhören. Dann – oh, mein Gott – erklang das klatschende Geräusch von Fleisch auf Fleisch. Isobel kreischte. Er hörte es wieder. Er sprang aus seinem Versteck und rannte, die Hand in der Papiertüte auf der Suche nach der Waffe, als er sie über das Stampfen seiner Schritte hinweg hörte.
    »Amado!« Er kam rutschend zum Stillstand. Sie rief nicht nach ihm. Sie … nannte seinen Namen. Er bewegte sich weiter, von Baum zu Baum. Er konnte sie schluchzen hören. »Amado, okay?«, sagte sie. Dann mehr – das Gemisch aus Schluchzen und Englisch verstand er nicht –, aber er hörte sie deutlich »McGeoch« sagen.
    Seine Finger krümmten sich um den Griff der Waffe. Durch das Laub konnte er die obere Hälfte der Scheune ausmachen. Er ließ die Tüte fallen und warf sich wieder auf den Bauch, robbte durch das Unterholz, bis er etwas sehen konnte.
    Isobel lag zusammengekrümmt auf dem Boden, gefangen zwischen der Scheune und dem großen Mann. In dem vergeblichen Versuch, sich zu schützen, hatte sie

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