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Und verfluche ihre Sünden

Und verfluche ihre Sünden

Titel: Und verfluche ihre Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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drehte sich um, und von seiner Position aus konnte Russ sehen, wie sein Lächeln verschwand.
    »Oh«, sagte der Junge. »Hi.«
    »Störe ich?« Russ konnte Hadley hören, aber nicht sehen.
    »Nein, ich wollte sowieso gerade …«
    »Ich kann auch …«
    Russ hob eine Hand im Neunzig-Grad-Winkel vom Bett. Sein Trainingspensum für diesen Tag. »Ich glaube nicht, dass ich eure Aufregung ertragen kann.«
    »Ich weiß nicht, wie wir das ertragen sollen.« Hadley ersetzte Kevin am Bettrand. »Sehen Sie sich das an.« Sie ließ einen DIN-A4-großen Beweismittelbeutel über seinem Bett baumeln. Darin befand sich ein Schulheft. »Ich weiß, ich hätte es direkt abliefern sollen, aber ich wollte unbedingt, dass Sie es sehen, ehe es zur CADEA geht.«
    Kevin begriff als Erster. »Ist sie das?« Er beugte sich über ihre Schulter. »Die Händlerliste?«
    Hadley sah ihn an, strahlend wie ein Feuerwerk. »Das ist sie.«
    »O Mann, die von der CADEA werden ihre Nasen gar nicht mehr aus unserem Hintern herauskriegen.« Kevin grinste sie an. Sie klatschten ab, etwas, wobei Russ wie ein Blödmann wirken würde; dann folgten gesenkte Blicke und Herumstolpern, und als Nächstes lag das Schulheft auf seinem Bett, während seine jungen Officer gut zwei Meter entfernt dastanden, so dass er den Hals recken musste, um beide sehen zu können. Hadley hatte sich in einen Bericht gestürzt, wie das Heft in ihre Hände gelangt war, weitschweifig wie normalerweise Kevin. Der Teil über Amado-Octavio-Amado bescherte ihm eine Erleuchtung – deshalb war der Junge bei der Befragung so nervös gewesen –, aber ihre Entschuldigungen, dass sie das Heft ohne Handschuhe angefasst hatte, interessierten ihn nicht. »Ich hatte sie nicht dabei, Chief, weil ich nur zum Übersetzen dort war.« Er war wieder ganz Ohr, als sie gestand, dass sie Amado – den echten Amado – hatte gehen lassen. Nachdem er gerade bewiesen hatte, dass die Händlerliste der Punta Diablos in seinem Besitz gewesen war.
    »Ich habe gedacht, es wäre okay, Chief. Reverend Clare hat versprochen, ihn zum Revier zu bringen, wenn sie mit Isabel Christie geredet haben.«
    Clare. Grundgütiger. Er musste zusehen, dass er wesentlich schneller als vorgesehen aus dem Krankenhaus entlassen wurde, oder sie würde das Kommando über die verdammte Truppe an sich reißen.
    Kevins Handy klingelte. »Entschuldigung.« Er kontrollierte die Anrufernummer. Klappte es auf. »Kevin hier.« Harlene, fragte er lautlos. »Nein, ich besuche gerade den Chief.« Hadley machte den Mund zu. »Was?« Kevin sah Hadley an. »Ja. Mach ich. Hadley ist hier bei mir, ich sag ihr Bescheid.«
    Er klappte das Handy zu. Blickte Hadley an. »Reverend Clare hat von den Christies aus angerufen. Eine Gruppe Latinos in einem Hummer hat die Schwester abgeholt und ist unterwegs in die Berge, den Brüdern hinterher. Wir müssen uns beeilen. Sie hat gesagt« – zum ersten Mal senkte er den Blick auf Russ, als hätte er völlig vergessen, dass der dort im Bett lag –, »sie folgt ihnen.«
    XXVII
    Zweige peitschten über die Windschutzscheibe. Clare umklammerte das Steuer und nahm den Fuß vom Gaspedal, als der Subaru über eine weitere Baumwurzel holperte. Bis wohin führte der Pfad bloß? Wie weit konnte sie zu fahren wagen? Das Letzte, was sie wollte, war, plötzlich aufzutauchen wie ein Clown in der Manege. »Amado …?«
    Er beugte sich vor, als würden die zusätzlichen Zentimeter ihm helfen, ihr Ziel auszumachen. »Isobel«, sagte er in keinen Widerspruch duldendem Ton. »Wir fahren sofort helfen.«
    Von dem Moment an, in dem sie ihm in einer Mischung aus Spanglisch und Zeichensprache verständlich gemacht hatte, mit wem Isabel Christie unterwegs war, hatte er sich wild entschlossen gezeigt, ihr zu folgen. Sie durfte ihn nicht allein fahren lassen, argumentierte sie vor dem geistigen Tribunal, das sich aus Russ und ihrem Bischof zusammensetzte. Es wäre nicht …
    Konsequent, meinte der Bischof.
    Blöd genug, sagte Russ.
    »Halt.« Amado hob die Hand. Als sie bremste, wurden sie nach vorn geworfen. »Ich glauben … nah.« Sie rangierte den Wagen, so weit sie sich traute, an den Rand und stellte den Motor ab.
    Amado öffnete seine Tür. »Du bleiben!« Schatten von Russ. Gott, sie wünschte, er wäre hier.
    »Tut mir leid, nein.« Sie stieg aus und drückte die Tür zu. Das verrottende Laub unter ihren Sandalen war von Reifen zusammengequetscht worden, Spuren, die hinter einer Gruppe Birken um eine Kurve

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