Und verfluche ihre Sünden
verschwanden. Amado runzelte die Stirn, wartete aber, bis sie ihn eingeholt hatte. Er wies mit einer fließenden Handbewegung auf den Boden, legte den Finger auf die Lippen. Langsam. Leise. Sie nickte.
Sie quälte sich durch Sonne und Schatten nach oben, während sie auf andere Laute als das Zwitschern der Grasmücken und die Schreie der Häher lauschte. Eine verfallene Steinmauer, gesprengt von Frost und Eichenwurzeln, bewies, dass der überwucherte Pfad früher ein regulärer Weg gewesen war. Zwischen Ahorn und Tannen entdeckte sie kleine, kräftige Apfelbäume; eine Obstwiese, die schon seit Jahrhunderten verwilderte, oder das zufällige Ergebnis von Bauernjungen, die Weitwurf gespielt hatten.
Sie hörte ein Geräusch. Sie und Amado blieben stehen. Es erklang erneut, gedämpft vom Laub, die Richtung war nicht zu bestimmen, da der Schall von den Bäumen zurückgeworfen wurde.
Stimmen. Männer.
Und dann ein Schuss.
Sie hob ihren Rock und rannte. Nach ungefähr zwanzig Metern wurde sie von Amado überholt, aber bei der Nationalgarde mussten auch Piloten Konditionstraining absolvieren, und ihre Kondition half ihr, den laubbedeckten Pfad weiter entlangzustürmen, Amado zu erreichen, ihn hinter sich zu lassen.
Die Stimmen wurden lauter, selbst über ihren rasselnden Atem und ihr pochendes Herz hinweg. Gott sei Dank, keine Schüsse mehr. Der Pfad bog um einen Granitfelsen, und sie beging den Anfängerfehler, ihn mit Höchstgeschwindigkeit zu umrunden, weshalb sie beinah in freies Gelände gerannt wäre, auf eine sonnenbeschienene Wiese, auf der eine Scheune, ein weißer Lieferwagen und ein Humvee standen.
Sie warf sich mit solcher Wucht hinter den nächsten Ahorn, dass ihr beim Aufprall die Luft wegblieb. Stellen Sie sich nicht blöd, Fergusson, schnauzte Hardball Wright. Dann leben Sie länger.
Sie kroch vorwärts. Zwischen den Bäumen und dem offenen Gelände blühte ein gewaltiger Rhododendron. Sie verbarg sich hinter seinem schimmernden, undurchdringlichen Blattwerk.
Es waren drei Männer in städtischer Kleidung, in der sie in diesen Wäldern so fehl am Platz wirkten wie Außerirdische. Einer, halb sichtbar hinter einem der oberen Scheunenpfosten, zielte mit einer Waffe auf eine unsichtbare Öffnung. Ein anderer bewachte die untere Seite, die Waffe auf eine breite Luke im ersten Stock gerichtet. Der dritte stand am schmalen Ende der Scheune. Mit Isabel Christie. Sie kauerte auf einem der vielen vor der Scheune herumliegenden Ballen. Die Brüder hatten offensichtlich Heu gemacht, als die Punta Diablos auftauchten.
Eine rasche Bewegung seitlich von ihr erregte Clares Aufmerksamkeit. Amado, der hinter einem Baum kauerte und die Szene auf der Wiese beobachtete. Wenn er sich nur ein paar Zentimeter in irgendeine Richtung bewegte, würde man ihn sehen. Sie winkte ihn zu sich herüber. Er schüttelte den Kopf.
»Wo ist es?«, fragte der dritte Mann. Clare konnte ihn über das Summen der Insekten über dem Gras gerade noch hören. Isabels Antwort war unverständlich. Sie stand auf, ging hinüber zur Scheunenwand und entfernte eine verwitterte Schindel. Der Mann, der mit ihr gesprochen hatte, reckte den Hals, wobei er den Lauf seiner Waffe sinken ließ, die schlechte Angewohnheit von jemandem, der zwar eine Waffe trägt, aber nie in ihrem Gebrauch trainiert wurde.
Isabels Schultern bewegten sich, dann noch einmal. Sie presste sich an den engen Spalt, als könnte sie ihr Gesicht statt ihrer Hände hineinstecken.
»Wo ist es?«, blaffte der Mann.
Isabel wirbelte herum. Sagte etwas. Hob in totaler Verwirrung die Hände.
Neben sich hörte Clare ein Aufstöhnen. Sie wandte einen Moment den Blick von dem Drama. Amados Mund war ein perfektes O der Verzweiflung. In diesem Augenblick wusste Clare, was dort versteckt gewesen war, das Isabel nicht finden konnte.
Er schloss den Mund. Seine Miene zeigte furchtbare Entschlossenheit. Bereit, zu – was? Gestehen? Lügen? Was würden sie ihm antun, um die Wahrheit zu erfahren?
Clare, er wurde gefoltert.
Amado trat hinter dem Baum hervor.
»Nein!«, flüsterte sie. Sie warf sich unbeholfen nach vorn, gegen seine Knöchel. Es war ein unkontrollierter Angriff, aber er funktionierte. Mit einem Krachen stürzte er in den Rhododendron. Krähen flogen krächzend auf. In der Nähe der Scheune brüllte jemand: »¿Qué es eso?«
Sie hörte dumpfe Schritte, das Zischen von Beinen durch hohes Gras. Ihnen blieben sechzig Sekunden – vielleicht weniger. Clare krallte ihre Hände
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