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Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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trotzdem starb.
    »Das war sehr dumm von Ihnen«, sagte Julika. Sie beugte sich zu ihm hinunter, verschränkte die Hände in seinem Nacken und zog ihn hoch. Sie kniete sich hin, drehte ihn zur Seite und lehnte ihn mit dem Rücken an die Wanne. »Nicht umkippen«, sagte Julika.
    Sie nahm ein Handtuch und trocknete ihm vorsichtig das Gesicht ab, ohne die Wunde über seiner Schläfe zu berühren.
    »Sie ist tot«, sagte er.
    Julika stand auf, kramte im Badezimmerschrank herum und kauerte sich dann wieder neben ihm nieder. Sie tupfte die Wunde mit Watte ab, bevor sie ein Pflaster darauf klebte. »Das sieht nicht toll aus«, sagte sie. »Gut, dass Sie betrunken waren. Muss aber trotzdem genäht werden.« Ihr Gesicht war so nah an seinem, dass es vor seinen Augen verschwamm.
    »Warum hast du mich nicht in Ruhe gelassen?«, fragte er.
    »Weil es Ihnen für meinen Geschmack ein bisschen zu gut ging, als ich Sie angerufen habe«, sagte Julika. »Und bevor Sie jetzt fragen, wie ich hereingekommen bin – da, wo ich aufgewachsen bin, lernt man so was gleich nach dem ABC. Keine Sorge, außer mir weiß niemand Bescheid. Wenn Sie so weit sind, dass ein Arzt kommen kann, sagen wir, Sie wären gestürzt.«
    »Lass mich allein«, sagte er. »Geh.« Er wollte nachschauen, ob er angezogen war, aber als er sich bewegte, sank sein Oberkörper zur Seite, auf Julikas Oberschenkel. Er sah, dass er eine Hose anhatte und auch ein Hemd, aber der Stoff war nass und schmutzig, und auf der Hose waren dunkle Blutspritzer. Er versuchte aufzustehen, aber es gelang ihm nicht.
    »Bitte«, sagte er. »Lass es mich noch mal versuchen.«
    »Nein«, sagte sie. »Ich kann Ihnen helfen, wieder nüchtern zu werden, oder ich kann mit Ihnen weitertrinken, aber Sterbehilfe leiste ich nicht.« Sie legte ihm eine Hand in den Nacken und ließ siedort. »Jetzt helfe Ihnen erst mal, sich auszuziehen, und dann legen Sie sich hin, während ich Ihnen einen Kaffee koche.«
    Sein Nacken zitterte unter ihrer Hand, und ihm war noch immer heiß und kalt zugleich. Er wünschte, er wäre tot, dann ginge es ihm besser. Ihre Finger lagen kühl auf seinem Hals. Er versuchte wieder, aufzustehen.
    »Ich helfe Ihnen«, sagte sie leise. Sie stellte sich hin, streckte ihm die Hand hin und zog ihn hoch. Schwankend kam er auf die Beine. Sie legte ihm den rechten Arm um die Hüfte, zog seinen linken über ihre Schulter und führte ihn aus dem Bad ins Schlafzimmer. Er dachte, er könnte aus eigener Kraft gehen, aber nach zwei Schritten knickte er in den Knien ein und stützte sich wieder auf Julika.
    Der Teppich vor dem Bett war verrutscht, als wäre jemand darüber gestolpert oder hätte etwas Schweres durch den Raum gezogen, und dort, wo der Teppich gelegen hatte, lag jetzt die Pistole auf dem Holzboden. Die gesteppte Überdecke des Betts war mit kleinen Blutspritzern gesprenkelt. Die Vorhänge waren zugezogen, und das Licht, das hereinfiel, spendete kaum Helligkeit.
    Julika führte Van Leeuwen zum Bett. Er sank schwer auf die Bettkante und blieb einen Moment lang einfach nur sitzen, ohne sich zu bewegen. Das Hemd war ihm aus der Hose gerutscht. Sein Kinn fiel auf die Brust. Er war noch immer betrunken, und seine Frau war noch immer tot. Er hörte ein seltsames Klirren, schnell und hart, das ihm durch und durch ging. Seine Beine waren zu schwer, um sie vom Boden zu heben, deswegen ließ er sich einfach nach hinten fallen. Aber auch als er auf dem Rücken lag, klirrten seine Zähne weiter.
    Julika bückte sich, hob die Luger auf, sicherte sie und steckte sie hinten in ihren Hosenbund. Dann bückte sie sich noch einmal, um Van Leeuwens Beine auf die Matratze zu heben. Sie knöpfte sein Hemd auf und half ihm, es auszuziehen, und danach zog sie die Decke unter ihm hervor und deckte ihn damit zu. »Gleich ist Ihnen wärmer«, sagte sie. »Ich gehe in die Küche und koche Kaffee. Möchten Sie was essen?«
    Van Leeuwen antwortete nicht. Er dachte an die Pistole, die hintenin ihrem Hosenbund steckte, und etwas in dem tauben Gefühl in seinem Kopf überlegte, wie er daran kommen konnte. Er zitterte, doch langsam wurde er müde und hörte auf zu zittern. Es lag nicht mehr in seiner Hand; nichts lag in seiner Hand.
    Er hatte das Schlafzimmer gefürchtet, seit dem Moment, als er heimgekommen war. Solange Sim noch gelebt hatte, konnte er daran denken, wie sie hier neben ihm gelegen hatte, und sich vorstellen, dass es eines Tages wieder so wäre. Er hatte Angst vor der Nacht gehabt, vor dem

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