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Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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und Manager wurden beides. Polizisten begingen so häufig Selbstmord mit ihrer Dienstwaffe, dass man denken konnte, sie wäre ihnen in erster Linie dazu ausgehändigt worden.
    Das Handy klingelte. Es lag neben der Bierdose auf der eisernen Deckplatte unter dem Liegestuhl, und Gallo hob es ans Ohr und meldete sich. »Hallo?«
    »Ist dort Hoofdinspecteur Gallo von der Mordkommission?«, fragte eine Stimme, die Gallo nicht kannte. Es war eine junge Stimme, fast die eines Kindes, aber er konnte nicht sagen, ob sie einem Jungen oder einem Mädchen gehörte.
    »Ja«, sagte er. »Der bin ich.«
    Die Stimme fragte: »Sind Sie mit der Untersuchung des Mordesan dem Inder auf dem Hausboot vor zwei Wochen befasst?« Die Worte waren erstaunlich erwachsen, sie klangen, als hätte jemand sie dem Kind vorgesagt.
    »Ja. Mit wem spreche ich?«
    »Ist nicht wichtig, wer ich bin. Ich hab ihn gesehen, den, ders getan hat. Ich hab gesehen, wie er von dem Boot gekommen und zu einem Wagen gerannt ist, nachdem er was in den Kanal geworfen hat.«
    Gallo setzte sich aufrecht hin. »Kannst du den Täter beschreiben?«
    »Es war dunkel. Ich konnte ihn nicht genau sehen. Aber den Wagen kann ich beschreiben – es war ein roter Mercedes.«
    »Warum willst du mir deinen Namen nicht sagen?«, fragte Gallo.
    »Ich dürfte gar nicht mit Ihnen reden, sagt meine Mutter. Aber ich hab bei der Polizei angerufen, und da haben sie mir erklärt, dass Sie an dem Fall mitarbeiten«, sagte die Stimme. »Sind Sie ... Interessiert Sie das, was der Täter weggeworfen hat?«
    »Unsere Taucher haben den gesamten Kanal abgesucht und nichts gefunden«, sagte Gallo.
    »Sie haben nicht an der richtigen Stelle gesucht.«
    Es war spät, und um diese Stunde, in der Dunkelheit, eine Kinderstimme aus dem Handy zu hören kam Gallo so merkwürdig vor, dass sich die Härchen an seinen Armen aufstellten.
    »Woher weißt du das?«
    »Weil ich an der richtigen Stelle nachgeschaut habe.«
    »Woher weiß ich, dass du die Wahrheit sagst und dich nicht nur wichtig machen willst? Sag mir wenigstens, wie alt du bist.«
    »Es ist ein Messer«, sagte die Stimme unbeirrt, »mit einer sehr kurzen Klinge, die an der Spitze gebogen ist. Der Täter hat es in den Kanal geworfen, aber es ist nicht im Wasser gelandet, sondern auf einem Vorsprung der Kaimauer.«
    Gallo schwieg. Sein Mund war auf einmal sehr trocken. »Sind Sie noch da?«, fragte die Stimme.
    »Ja.« Gallo rieb sich den Unterarm, bis sich die Härchen gelegthatten. »Bist du ein Junge oder ein Mädchen? Wieso bist du so spät noch auf?«
    Die Stimme zögerte. »Ich muss nicht schlafen gehen, wenn ich nicht will. In der Nacht war ich auch nicht im Bett.«
    »Warum hast du das Messer mitgenommen?«
    »Ich wollte nicht, dass jemand es findet, der nicht weiß, worum es sich handelt.«
    »Wo ist es jetzt?«
    »Auf der Baustelle.«
    »Welcher Baustelle?«
    »Beim Kanal. Da habe ich das Messer versteckt.«
    »Warum hast du es nicht zur Polizei gebracht?«
    »Meine Mutter sagt, Leute wie wir gehen nicht zur Polizei. Die legt uns aufs Kreuz, sagt sie. Aber ich meine, das ist doch nicht richtig, wenn man was über einen Mord weiß und das nicht sagt ...«
    Das Messer wurde auch für den Mord an Carien Dijkstra benutzt, dachte Gallo. »Wo auf der Baustelle hast du das Messer versteckt? Und wann?«
    »Im Zaun ist ein Loch«, sagte die Stimme, und jetzt klang sie mehr wie die eines Mädchens als wie die eines Jungen, »und wenn Sie durch das Loch klettern, müssen Sie nach rechts gehen, bis Sie zu der Planierraupe kommen. Am besten, Sie nehmen ’ne Taschenlampe mit und gehen hinter der Raupe weiter, bis sie zu einem Haufen Schrott kommen, alles verrostet, und da liegt ganz unten ein kaputter Kühlschrank. Da drin habe ich das Messer versteckt, in so ’ner Plastiktüte vom Supermarkt.«
    »Warum rufst du uns erst jetzt an?«, fragte Gallo.
    Die Verbindung wurde unterbrochen. Gallo blieb noch einen Moment sitzen, das Telefon in der Hand. Sein erster Gedanke war: Das ist eine Falle. Deswegen hatten sich die Härchen an seinem Unterarm aufgerichtet, weil er spürte, dass es eine Falle war. Dann dachte er: Eine Falle, von der man weiß, ist keine Falle mehr.
    Er überlegte weiter und dachte: Carien Dijkstra ist mit demselben Messer getötet worden wie Amir Singh. Wenn es wirklich in dem Kühlschrank auf dem Schrottplatz ist, dann muss es später hineinge legt worden sein. Das Kind lügt. Jemand benutzt es. Es wurde zu dem Anruf gezwungen oder

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