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Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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angeblich vor anderthalb Wochen ein Kilo Semtex H organisiert hat, das ist ein Sprengstoff –«»Ich weiß, was Semtex ist –«
    »Gut, also jedenfalls, ich habe den Weg der Lieferung zurückverfolgt bis auf den Balkan –«
    »Auf den Balkan?«
    »In den Kosovo, um genau zu sein –«
    »Wieso sollte ein Gewürzhändler Sprengstoff aus dem Kosovo einführen?«
    »Vielleicht plant er ein Attentat, dazu dient das Zeug doch normalerweise, oder? Ich habe gehört, es gibt auch radikale Sikhs, die Tempel stürmen und Geiseln nehmen. Allerdings ist etwas merkwürdig an der ganzen Geschichte ...«
    »Was?«
    »Ich habe das Gefühl, dass da irgendwas nicht stimmt. Es ist wohl nicht zufällig möglich, dass jemand diesem Radschiv Sharma etwas anhängen oder in die Schuhe schieben will?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Sieht irgendwie so aus, als wäre da von einem fremden Koch in dem ganzen Datenbrei rumgerührt worden«, sagte Remko. »Als hätte das Zeug erst den einen Weg genommen und plötzlich einen ganz anderen ... Und dann der Name des Empfängers, also, normalerweise taucht der nie auf, da gibt es Decknamen über Decknamen und Tarnadressen, falls das Zeug überhaupt unbemerkt die Grenzen passiert, was in den seltensten Fällen klappt –«
    »Jemand könnte also eine falsche Spur gelegt haben –«
    »– und seine eigene hervorragend verwischt, genau. Den meisten würde vermutlich überhaupt nicht auffallen, dass da einer was reingeschmuggelt hat.«
    Plötzlich, während er das Handy noch ans Ohr hielt, weitete sich der Blickwinkel vor Van Leeuwens innerem Auge, und jetzt war es ein richtiges Bild: Alles hatte sich ineinandergefügt wie ein Puzzle, dessen Motiv vorher ein einziges Wirrwarr scheinbar unzusammenhängender Teilchen gewesen war.
    Er sah Hoofdinspecteur Henk Dekker in seinem Büro im Hafen von Rotterdam am Fenster mit den heruntergelassenen Jalousien stehen. Dekker wandte ihm den Rücken zu und sagte: Sie wissen nicht, mit wem Sie sich anlegen, Van Leeuwen. Und dann, während das Telefon klingelte, hatte der Zollfahnder eine leise Frage nachgeschoben: Ach, da fällt mir ein – haben Sie eigentlich je daran gedacht, Ihrer Frau das Leiden zu verkürzen? Das ganze Elend? Sie haben doch eine Dienstwaffe.
    Er weiß es, dachte Van Leeuwen, er weiß, dass Simone gestorben ist. Irgendwie hat er es in Erfahrung gebracht und sich gedacht, dass ich damit nicht fertig werde, dass ich am Ende bin und keinen Gedanken mehr an den Fall verschwende. Dass es keinen besseren Moment gibt als diesen, um die Sache zum Abschluss zu bringen.
    Vielleicht gab es heutzutage ja tatsächlich Waffen und Sprengstoff an jeder Straßenecke zu kaufen, aber zuerst mal musste er die Grenze passieren, und für die Bewachung dieser Grenzen war der Zoll zuständig. Wenn Ton Gallo in die Luft gesprengt wurde, mit Semtex H, und wenn sein Tod auf diese Weise mit den Sharmas in Verbindung gebracht werden musste, konnte nichts und niemand mehr sie schützen, und alle Verdachtsmomente gegen Henk Dekker waren nur noch Schall und Rauch. Aber der Zollfahnder musste schnell handeln – noch in dieser Nacht. Wenn die Sharmas wegen Gallos Tod verhaftet worden waren, blieb der Platz für Radschivs Unterschrift auf dem Teilhabervertrag für immer leer ...
    Julika trat heftig auf die Bremse. »Da ist Tons Wagen«, sagte sie. Gallos VW Golf stand auf der schlecht beleuchteten Straße neben der Ausfahrt einer Lagerhalle, aber der Hoofdinspecteur war nirgendwo zu sehen. Am Ende der Straße verdichtete sich die Dunkelheit, wo der Bauzaun anfing.
    »Danke, Remko. Ich muss jetzt Schluss machen. Du hast uns sehr geholfen. Das kommt in deine Beurteilung.« Der Commissaris unterbrach die Verbindung, warf Julika das Handy in den Schoß und sagte: »Lass mich hier raus. Hat Ton gesagt, wo auf der Baustelle er suchen will?«
    Julika schaltete vom Leerlauf in den ersten Gang. »Nein, die Leitung war plötzlich tot. Ich kann noch weiter vorfahren und –«
    »Nein, du fährst sofort zu den Sharmas.« Van Leeuwen legte den Sicherheitsgurt ab. »Ich glaube, dass Dekker heute Nacht noch imPalast der 1000 Gewürze auftaucht oder vielleicht sogar schon da ist, um den großen Fisch an Land zu ziehen, bevor er sich wieder in sein Dickicht aus Tarnexistenzen und Firewalls zurückzieht!«
    »Aber ich –«
    »Das ist ein Befehl, Brigadier Tambur!« Der Commissaris stieg aus und ging, ohne sich noch einmal umzuschauen, mit schnellen Schritten die Straße entlang, bis er sich

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