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Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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angenommen. Neben der Brücke lagen ein paar mit Segeltuch abgedeckte Kähne, deren Bemalung in der Hitze rissig wurde und abplatzte.
    Die Sonnenblenden an den Fenstern des Präsidiums waren fast alle heruntergelassen. Die blaue Fahne der Polizei von Amsterdam-Amstelland wehte matt im warmen Wind. Die ziegelbraunen Backsteinmauern hatten sich auch in der Nacht nicht richtig abgekühlt. Der geschnitzte Fischreiher im Innenhof schien sich durstig dem Wasser der Singel entgegenzurecken, das träge an der Elandsgracht 117 vorbeifloss.
    Die Empfangshalle des Präsidiums sah aus wie das Foyer eines kleinen, aber gut geführten Unternehmens, inklusive der Gemälde an den Wänden: eine Familienfirma, in die man morgens gern zur Arbeit ging. Der Commissaris stieg die breite, geschwungene Treppe in den ersten Stock hinauf. Sein Büro befand sich am Ende eines langen Gangs aus verglasten Wänden und holzgetäfelten Türen. Um diese Zeit waren die meisten Büros noch leer, und überall roch es nach den Scheuermitteln, mit denen die Putzkolonne sie in der Nacht gesäubert hatte.
    Das Büro war schlicht: der Schreibtisch, zwei Stühle mit grauen Plastiksitzen, ein Aktenschrank, ein Garderobenständer und ein halb abgestorbener Farn in einer ausgetrockneten Hydrokultur. An der Wand neben der Tür hing ein verblichenes Poster, früher bunt, inzwischen fast monochrom: die Elf von Ajax Amsterdam in ihrenTrikots, aufgenommen zu der Zeit, als Van Leeuwen ein junger Streifenpolizist gewesen war und sich noch für Fußball interessiert hatte. Die beste Mannschaft , die Ajax je hatte, dachte er, wirklich eine verdammt gute Mannschaft. Damals waren schöne Tage auch noch wirklich schön, voller Versprechen und Hoffnung, gesättigt mit Zukunft; heute sind wir alle monochrom.
    Die Jalousie ließ nur Streifen des hellen Vormittagslichts in den Raum, und so sah es aus, als beträte er einen Käfig, durch dessen Schattenstäbe er kommen und gehen konnte wie ein Geist. Er zog sein Leinensakko aus und hängte es an den Garderobenständer. Er holte einen Schlüssel aus der Hosentasche, sperrte die oberste Schreibtischschublade auf und sah nach seiner Dienstwaffe. Die Luger lag unberührt neben dem zusammengerollten Schulterhalfter, gesichert und nicht geladen. Er schob die Schublade zu und verschloss sie wieder.
    Dann schaltete er den Computer ein und sah nach, ob der Technische Dienst ihm die Fotos schon geschickt hatte. Er fand eine Mail mit Anhang aus der Sarphatistraat vor und öffnete sie. Das Gesicht des toten Inders setzte sich auf dem Bildschirm zusammen, jetzt ganz klar und scharf und in Farbe, die geschlossenen Augen, die blutigen Schnitte, der enttäuscht verzogene Mund, das schwarze Haar und das getrocknete Blut unter dem Kinn, wo die Wunde klaffte, die ihn getötet hatte.
    Es sieht aus, als wäre es von seinem Kopf abgezogen worden, dachte Van Leeuwen. Nichts verriet, dass dieses Gesicht einmal mit einem Menschen gewachsen war; es gab keinen Hinweis auf das Leben davor, nur auf den Tod, der es beendet hatte.
    Ein zweiter Geist – Hoofdinspecteur Ton Gallo – betrat den Raum. Der zweite Geist trug eine Pilotenjacke aus abgewetztem Leder, darunter das Schulterhalfter mit der Sig Sauer P 229, ein sandfarbenes T-Shirt, ausgewaschene Jeans und dunkelbraune Nikes. Er hielt einen Becher Kaffee in der einen Hand und in der anderen die Papiertüte einer Bäckerei, die er auf Van Leeuwens Schreibtisch legte. »Kaffee«, sagte er, »und Croissants. Du musst dir wieder angewöhnen, zu frühstücken.«
    Der Commissaris nahm den Kaffeebecher und trank einen Schluck. »Wie viele Inder gibt es in Amsterdam?«, fragte er.
    »Nicht so viele wie Chinesen«, sagte der Hoofdinspecteur, »und wahrscheinlich auch nicht so viele wie Surinamer, Antillianer oder Marokkaner, von den Türken ganz zu schweigen.« Er fasste Van Leeuwen genauer ins Auge. »Du bist wieder die ganze Nacht in der Stadt herumgefahren, oder?«
    »Die halbe«, sagte Van Leeuwen. »Die Kollegen in Noord haben auf einem Hausboot eine Leiche gefunden. Ich war zufällig in der Nähe. Wir bearbeiten den Fall.«
    »Was sagen denn die Kollegen vom zuständigen Revier dazu?« Der Commissaris zuckte mit den Schultern. »Wo sind eigentlich Remko und Julika?«, fragte er.
    »Remko ist auf einer Schulung –«
    »Was für eine Schulung?«
    »Interpol, Brüssel: Terrorismusbekämpfung, Strukturen und Tarnung von Al-Kaida-Zellen der dritten und vierten Generation, Satellitenüberwachung von

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