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Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld

Titel: Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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sie uns zu diesem anderen Täter, solange Sie nicht nachweisen können, von wem die Funde stammen ? Sie haben Haare und Haut und wer weiß was noch in diesem Haus gefunden, aber wer sagt, dass die Funde in Ihren kleinen Tütchen jemandem gehören, der in diesem Haus wohnt ? Vielleicht stammen sie von einem Besucher, einem Freundmeines Sohnes, einem meiner Gäste aus aller Welt ... Oder vielleicht ist jemand während unserer Abwesenheit hier eingedrungen und hat die Spuren hinterlassen, die Sie auf ebenso fragwürdige Weise beschafft haben. Brauchen Sie nicht ein bisschen mehr als nur ein paar Mutmaßungen und Indizien, solange Sie weder eine Mordwaffe haben noch ein Motiv ?«
    »Ich kenne das Motiv«, sagte Van Leeuwen. »Es ist Angst.« »Angst ? Angst wovor ?«
    »Angst, entdeckt zu werden. Angst, bloßgestellt zu werden. Angst, Ansehen, Erfolg und die damit verbundenen Privilegien zu verlieren.«
    »Wessen Angst ?«
    » Ihre Angst. Die Angst, die Ihr Adoptivsohn bei Ihnen gespürt hat. Eine derart große Angst, dass er keinen anderen Weg sah, als den zu töten, der für diese Angst verantwortlich zu sein schien. Der böse Zauberer, dessen Tod die Angst von Ihnen nehmen würde. Aber der böse Zauberer war nur ein Junge, der selber Angst hatte.«
    Pieters schürzte nachdenklich die Lippen, dann spielte ein kaum wahrnehmbares Lächeln um seine Lippen. »Angst, nicht wahr, das älteste Motiv der Welt ... Was für eine einzigartige Gelegenheit: Ein kleiner Commissaris aus der holländischen Provinz erhält im 21. Jahrhundert praktisch die Chance, einen Mord aus der Steinzeit aufzuklären, er steht sozusagen mit jedem Bein an einem Ende der bisher bekannten Menschheitsgeschichte. In gewisser Weise haben Sie es mit der Idee des Mordes selbst zu tun, dem Warum allen Tötens durch die Jahrtausende, und in der ganzen Zeit hat sich das stärkste Motiv nicht geändert. Sie sehen, Sie sollten mir eigentlich dankbar sein.«
    »Ich bin Ihnen dankbar«, sagte der Commissaris und trank wieder einen Schluck, »aber aus einem anderen Grund, als Sie denken.« Das Kaminfeuer, dachte er; es muss mit dem Feuer zu tun haben. »Ich erzähle Ihnen jetzt etwas, das ich noch nie jemandem erzählt habe, niemandem außer meiner Frau.«
    Er trank noch einen Schluck, einen größeren diesmal, ehe er mit grimmiger Entschlossenheit fortfuhr: »Es ist die Geschichte eineszehnjährigen Jungen, der sich lieber verbrannt hat, als auch nur noch ein Mal von seinem Vater geschändet zu werden. Der Junge hatte eine Zwillingsschwester, sie sahen einander zum Verwechseln ähnlich, und eigentlich hatte der Vater mit dem Mädchen angefangen. Das Mädchen hatte er zuerst missbraucht, drei Jahre lang, zweimal die Woche, hier in Amsterdam, mitten unter uns. Als das Mädchen es nicht mehr ertrug, hat es sich seiner Mutter anvertraut. Die Mutter wollte mit dem Mädchen zur Polizei gehen, aber vorher wollte sie noch mit dem Vater sprechen. Ich weiß nicht, was sie sich dabei gedacht hat.
    Der Vater hat sie und das Mädchen getötet, bevor sie ihn verraten konnten. Er hat es aussehen lassen, als hätte die Frau erst das Mädchen und dann sich selbst umgebracht. Danach war der Junge dran. Jetzt waren sie allein, er und sein Vater. Pass auf, sagte der Vater zu ihm; bleib weg von der Polizei, bleib weg von fremden Menschen. Rede mit niemandem, denk an deine Mutter. Der Vater hat ihn gezwungen, das Kleid seiner toten Schwester anzuziehen. Es war ihm etwas zu klein, denn es war ein Kleid aus der Zeit, als der Vater gerade angefangen hatte, das Mädchen zu missbrauchen. Der Junge hielt nicht so lange durch wie das Mädchen. Ein halbes Jahr lang musste er im Kleid seine Zwillingsschwester zweimal in der Woche zu seinem Vater kommen. Wenn er etwas länger durchgehalten hätte ...
    Wenn er nur etwas länger durchgehalten hätte ... Es war am 10. Oktober, voriges Jahr. Wir waren dem Vater auf der Spur, es war eine Frage von Minuten, ich stand schon auf der Leiter ... Aber der Junge war schneller als ich, er hatte seinen Vater angezündet, als der im Bett lag, er hatte die ganze Wohnung in Brand gesteckt und sich selbst gleich mit. Er war auf die Fensterbank geklettert, und ich hatte ihn beinahe, fast hatte ich ihn. Sein Gesicht, es war so bleich und leer wie der Tod, und er schrie mich an, geh weg, geh weg , aber dann war er es, der ging ... Ich konnte ihn nicht halten, die dumme Jacke, die er über das Hemdchen gezogen hatte ... Am 10. Oktober war das.«
    Van Leeuwen sah in

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