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Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld

Titel: Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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Vreeling kehrte mit einem der Beamten aus dem Arbeitszimmer zurück. »Da ist nichts in dem Rollschrank, Commissaris. Er ist leer.«
    »Leer ?«, fragte Van Leeuwen überrascht.
    Am Treppengeländer im oberen Stock erschien Hoofdinspecteur Gallo. »Kannst du mal raufkommen und mir genau zeigen, was du gemeint hast, Bruno ?«
    »Die Axt !«, rief Van Leeuwen.
    Der Beamte, der vor dem Verschlag unter der Treppe kauerte, drehte sich um und sagte: »Nichts, Mijnheer !«
    »Kein Schutzhelm ? Kein CD-Walkman?«
    Julika warf dem Commissaris einen erstaunten Blick zu.
    Van Leeuwen ging zu dem Beamten unter der Treppe und bückte sich, um in den Verschlag zu schauen. Der Beamte leuchtete mit einer starken Taschenlampe in das Dunkel, das tatsächlich nichts verbarg, keinen Motorradhelm, keinen farbverschmierten Walkman.
    Van Leeuwen ging in Pieters’ Büro und schaute in den Rollschrank unter dem Schreibtisch, doch er enthielt weder Tagebücher noch andere Papiere. Er lief die Treppe hinauf, in Keos Zimmer, um nach der Axt unter dem Schlafsack zu schauen. Es gab keinen Schlafsack mehr und keine Axt.
    Als der Commissaris wieder ins Erdgeschoss zurückkam, hatte sich der Professor im Wohnzimmer auf die Rattancouch gesetzt und nahm einen weiteren Schluck aus seinem Whiskeyglas. Glaubst du, ich merke es nicht, wenn jemand während meiner Abwesenheit in meinem Haus herumschnüffelt ? , schienen seine Augen zu sagen, glaubst du das wirklich ?
    Gallo, Vreeling und Julika scharten sich um den Commissaris, während die uniformierten Beamten auf weitere Anweisungen warteten. »Und was jetzt ?«, fragte Gallo mit leiser Stimme, die seine Enttäuschung verriet.
    »Jetzt«, sagte Van Leeuwen laut, »jetzt durchsucht der Technische Dienst das ganze Haus, vom Keller bis zum Speicher. Jedes Haar in jeder Bürste wird eingetütet, jeder Teppich wird nach Hautpartikeln abgesaugt. Von allem, was Pieters oder Keo berührt haben, werden Fingerabdrücke genommen und –«
    »Entschuldigen Sie, Mijnheer«, sagte Pieters von der Couch aus, »Sie glauben doch hoffentlich nicht, dass ich Ihnen nach diesem Fiasko gestatte, dass Sie und Ihre Beamten sich weiter in meinem Haus aufhalten, ohne dass ein Staatsanwalt mit einem gültigen Durchsuchungsbefehl dabei ist ?«
    Gallo flüsterte: »Bei der Beweislage kriegen wir weder einen Staatsanwalt noch jemanden von der Spurensicherung hier raus.«
    »Ich hätte aber einen anderen Vorschlag«, sagte Pieters zu Van Leeuwen. »Sie lassen Ihre Kollegen abrücken, und ich unterhalte mich mit Ihnen allein, nur Sie und ich, unter vier Augen. Ich sage Ihnen alles, was Sie wissen wollen, ohne Anwalt, ohne Aufnahmegerät, und danach entscheiden Sie, ob ich Schuld auf mich geladen habe oder nicht.«
    »Ich bin kein Richter«, sagte Van Leeuwen.
    »Und ich bin kein Angeklagter«, sagte Pieters. »Wir sind nur zwei Männer, die die Wahrheit suchen.«

 32 
    »Was ist Wahrheit ?«, fragte der Commissaris, als sie allein waren. Er stand am Fenster, mit dem Rücken zum abendlichen Garten, und sah zu, wie Pieters einen Stapel aus Holzscheiten im Kamin aufschichtete.
    »Pontius Pilatus«, sagte der Professor. »Keine schlechte Eröffnung für unser kleines Schachspiel.«
    »Sie täuschen sich, wenn Sie denken, ich sei hier, um zu spielen«, sagte Van Leeuwen.
    »Warum sind Sie überhaupt hier ?«, fragte Pieters.
    »Weil ich Polizist bin«, sagte Van Leeuwen. »Ich muss dahin gehen, wohin der Fall mich führt.«
    »Ich glaube, mit der Wahrheit verhält es sich wie mit der Schönheit«, sagte Pieters. »Sie liegt im Auge des Betrachters. Und wenn jemand sie mit den Augen eines Polizisten sucht, findet er vielleicht Verbrechen, wo andere etwas anderes sehen würden. Es stört Sie doch nicht, wenn ich ein Feuer anzünde ?«
    Er stopfte Fidibusse zwischen die Scheite. »Ich weiß, dass Sie schon einmal hier waren und Dinge gesehen haben, die Sie heute nicht mehr finden konnten. Es war, das muss ich nicht extra betonen, ein unerwünschter, unrechtmäßiger Besuch. Wahrscheinlich haben Sie sogar meine Reisetagebücher gelesen. Was uns zu der nächsten Frage bringt, nämlich zu der Frage, was für ein Polizist Sie sind.«
    Er griff nach einer Schachtel mit langen Streichhölzern, riss eines an und entzündete die Fidibusse. »Ich friere leicht, müssen Sie wissen. Vor allem, wenn ich mich in der Gesellschaft von jemandem befinde, der von Berufs wegen dem Recht dienen sollte, dieses Recht aber offenbar als etwas betrachtet, das er

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