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Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld

Titel: Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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Rasierklinge; es war wie ein Kitzeln, wenn die Haut sich öffnet und das erste Blut hervortritt. Sofort wusste er, was dieses Gefühl bedeutete. Er war nah. Der Mörder war dicht hinter ihm. Van Leeuwen blieb stehen, dann drehte er sich schnell um und starrte in die Gesichter der Menschen um ihn herum. Noch während er überlegte, aus welcher Richtung die Gefahr drohte, teilte sich die Menge für eine Sekunde, und er sah Keo.
    Er sah den Jungen zum ersten Mal so, wie ihn nur seine Opfer sahen. Er sah eine kleine schwarze Gestalt mit kalkweißem Gesicht, dunkel glänzenden Augen und hellroten Lippen. Er sah die weißen Strähnen im Haar und einen Knochen von der Größe eines kleinen Fingers in der Nasenwand. Die Muskeln des fast nackten Körpers waren fest, die Haut war straff. Er hielt eine Steinaxt in der Faust, und ein Messer aus Bambusrinde steckte im Gürtel des Lendenschurzes.
    Im nächsten Moment war der Junge mit dem weißen Gesicht verschwunden, untergetaucht in dem Gedränge der anderen genauso auffällig verkleideten Gestalten. Van Leeuwen wollte ihm nachlaufen, aber die Menge hatte sich schon wieder geschlossen. Er riss seinen Ausweis heraus und hielt ihn hoch. »Kriminalpolizei !« Jetztwichen die Passanten ihm aus, aber nicht schnell genug, nicht so schnell, wie der Junge sich bewegte.
    Er schaffte es bis zur Kaimauer, wo er auf einen Poller stieg, um über die Köpfe hinwegsehen zu können. Er konnte Keo nirgendwo mehr entdecken. Aber er wusste, dass der Junge ihn sah. Er dachte, dass er sich von der Gracht wegbewegen sollte, in eine der schmalen Seitengassen, weg von den Menschen. An der Mündung einer dieser Gassen sah er einen Mann in einem hellen Anzug, und diesmal war er sich sicher, dass es Pieters war.
    Der Mann sah in seine Richtung. Er war etwa acht Meter entfernt. Er hielt etwas in der Hand, das Van Leeuwen nicht erkennen konnte. Er hob die Hand über die Köpfe der Menschenmenge, und da begriff der Commissaris und sprang von dem Poller. Er sah noch das Mündungsfeuer, aber die Kugel verfehlte ihn, und das Krachen des Schusses ging in dem Feuerwerk unter.
    Van Leeuwen zog die Luger aus dem Hosenbund und arbeitete sich durch das Gedränge auf die Gasse zu. Er konnte Pieters noch sehen. Er konnte sehen, dass dieser in der Menge nach ihm suchte, und dann entdeckte Pieters ihn, und im nächsten Augenblick war er verschwunden. Van Leeuwen ging schneller, duckte sich zwischen die Schaulustigen, ging gebückt, bis er die Gasse erreicht hatte.
    Er holte sein Handy heraus, drückte die Notruftaste. Er brauchte Hilfe, jemanden, der ihm den Rücken freihielt; der verhinderte, dass er Keo oder Pieters erschießen musste. Als er seinen Namen sagen wollte, stolperte eine Frau neben ihm und versetzte ihm einen Stoß. Das Handy rutschte ihm aus der Hand und fiel aufs Pflaster. Bevor er es wieder aufheben konnte, trat ein Mann dagegen, und es rutschte weg, vor einen anderen Fuß, der es wegstieß, bis zur Kaimauer, dann fiel es ins Wasser.
    Van Leeuwen lief in die Gasse. Schon bald löste sich das Gedränge auf. Das Stampfen und Hämmern der Musik folgte ihm in die Dunkelheit, und er dachte an Keo, wie er sich fühlte, wenn er die Trommeln hörte, wenn die Erinnerungen in seinem Blut zu leben begannen. Am anderen Ende der Gasse erblickte er einen Mann im hellen Anzug, der gerade um die Ecke bog.
    Er ging schneller, die Luger in der rechten Hand dicht an den Oberschenkel gepresst, noch nicht entsichert. Er wollte niemanden erschießen, aber er wollte auch nicht erschossen werden.
    Der Mann im hellen Anzug verschwand in der nächsten Gasse. Van Leeuwen ging schneller, um ihn nicht zu verlieren. Er war jetzt allein. An der Ecke blieb er stehen. Eine vereinzelte Rakete kratzte Funken aus dem Himmel. Die Musik klang hier gedämpft, und das Licht der Laternen reichte kaum bis zum Pflaster. Steinzeit, dachte der Commissaris; Dunkelheit, bevölkert von bösen Geistern.
    Der Angriff kam plötzlich und lautlos. Ein weißer Schatten, mehr war es nicht, ein Luftzug, der ihn streifte. Dann eine Gestalt, die jäh aus der Nacht tauchte, ihn ansprang, eine Axt in der erhobenen Faust. Das Gesicht mit den gefletschten Zähnen und dem hellen Knochen kam so schnell näher, dass Van Leeuwen ihm wie gelähmt entgegenstarrte. Erst in letzter Sekunde riss er den Arm hoch und duckte sich weg. Die Schneide der Axt prallte klirrend von der Hausmauer hinter ihm ab, schlug weiße Funken aus dem Stein.
    Van Leeuwen strauchelte. Er riss

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