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Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld

Titel: Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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sie neu anfangen können, ohne von ihrer Vergangenheit eingeholt zu werden. Angeblich wurden sie sogar ins Ausland gebracht, weil die Vorsitzende des Gerichts fürchtete, die Angehörigen des getöteten Zweijährigen könnten sich an ihnen rächen wollen, falls sie unter ihren richtigen Namen in England auf freien Fuß gesetzt werden sollten. Sie müssten jetzt fünfzehn oder sechzehn sein. So alt wie der tote Junge im Vondelpark.«
    »Aber hätte das Gericht in England uns nicht informieren müssen, wenn sie die beiden in die Niederlande überstellt und hier in die Freiheit entlassen hätten ?« Vreeling sah Van Leeuwen an. »Immerhin könnten sie bei uns ja nicht nur zu Opfern, sondern auch wieder zu Tätern werden.«
    Gallo sagte: »Es wäre jedenfalls ein Riesenzufall, wenn es sich bei unserem Toten um einen der beiden Kindsmörder aus England handelte.«
    »Es gibt keine Zufälle«, beendete Van Leeuwen die Diskussion.
    »Es gibt nur das Schicksal, das in verschiedenen Gestalten auftritt, als Zufall, als Wunder oder als Mord.«
    »Und es gibt richtige Polizeiarbeit«, sagte Gallo, »der wir vorübergehend wieder unsere Gestalt leihen könnten, sobald uns dein tiefgründiger Satz lange genug auf der Zunge zergangen ist –«
    »Ich sage doch gar nicht, dass sie hier sind«, unterbrach Julika ihn hartnäckig, »die beiden Jugendlichen aus England, meine ich. Es war die Farbe – das Opfer, das sie blau angepinselt hatten, und unser Mörder, der angeblich klein und kalkweiß war, vielleicht auch nur angemalt. Und dass die von einem Horrorvideo inspiriert worden sind. So wie der Junge im Vondelpark zugerichtet war, so bestialisch, so unmenschlich, könnte es doch sein, dass die Täter auch von einem Video darauf gebracht worden sind. Und wenn wir herausfinden, was für ein Film das war, brauchen wir nur noch festzustellen, wo er verliehen oder verkauft wird, und dann, wer ihn ausgeliehen hat; bestimmt gibt es da eine Kundenkartei oder ein Mitgliederverzeichnis –«
    Sie verstummte, weil das Telefon auf Van Leeuwens Schreibtisch klingelte.
    »Das war gut, Julika«, sagte der Commissaris, dann hob er ab und meldete sich. Der Anrufer war der Agent, der am Empfang Dienst tat. »Hier ist jemand, der euren toten Jungen aus dem Vondelpark kennt. Sie sagt, ihr Name wäre Tic.«
    Van Leeuwen nickte. »Ich komme runter.« Er legte auf, lächelte und sagte: »Wir nähern uns der Tür.«
    Tic saß im Verhörzimmer 4 auf einem Holzstuhl und starrte mit gerunzelter Stirn auf die heruntergelassenen Sonnenblenden. Sie trug graue Nikes, eine schwarze Hose mit verschieden großen aufgenähten Taschen und ein rotes Sweatshirt, auf dem in schwarzen Lettern Respect stand. Das krause Haar hatte sie straff nach hinten gekämmt, wo es von drei Metallspangen in Rot, Gelb und Schwarz zusammengehalten wurde. Ihre Hände waren klein. Weit von sich geschoben, als gehörten sie gar nicht zu ihr, lagen sie vor ihr auf dem Tisch, und die schlanken Finger mit den abgekauten Nägeln warenso fest ineinandergeschlungen, dass die Haut über den Knöcheln durchsichtig schien.
    Als Van Leeuwen den Raum betrat, sah das Mädchen ihn an, nicht nur mit den fast schwarzen Augen, sondern mit dem ganzen Gesicht, mit dem leicht geöffneten Mund, den vibrierenden Nasenflügeln und der besorgten Stirn.
    Er sagte: »Guten Morgen. Ich bin Commissaris van Leeuwen. Danke, dass du zu uns gekommen bist.«
    Ihr Blick folgte ihm, als er die Tür hinter sich schloss und durch den Raum zur anderen Seite des Tischs ging, wo er sich auf einen Stuhl mit gepolstertem Sitz setzte. Die Augen blieben wachsam auf ihm ruhen. Es gab in dem Zimmer sonst nichts, kein Telefon, keine Fenster, keine Schränke, nur den Tisch, die beiden Stühle und noch einen weiteren Stuhl an der grün gestrichenen Wand, falls ein Protokollführer benötigt wurde. »Du bist also Tic«, sagte Van Leeuwen.
    Das Mädchen nickte. Die Haut über den Knöcheln der gefalteten Hände wurde noch durchsichtiger.
    »Wie alt bist du ?«, fragte Van Leeuwen.
    »Dreizehn.«
    »Und du kennst den Jungen, den wir im Vondelpark gefunden haben?«
    »Ich weiß nicht, auf dem Bild sah er so komisch aus«, sagte Tic, »auf dem Bild in der Zeitung. Aber ich dachte, vielleicht ist es Kevin.«
    »Ist Kevin dein Freund ?«, fragte Van Leeuwen.
    »Wir gehen miteinander«, sagte Tic, »seit drei Monaten.« »Und wie alt ist er ?«
    »Vierzehn.«
    »Ist er Engländer ?«
    »Kevin ? Nein, der ist von hier, aus Amsterdam, genau wie

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